Kreml-Kritiker Nawalny und 200 Anhänger vor Protest festgenommen

Kreml-Kritiker Nawalny und 200 Anhänger vor Protest festgenommen

12.06.2017, 14:48

Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist erneut festgenommen worden. Der 41-jährige Oppositionspolitiker wurde am Montag vor Beginn einer Demonstration in Moskau festgesetzt. Landesweit wurden über Nawalny-Anhänger festgenommen.

Die Behörden teilten mit, Nawalny würden Verstösse gegen die Regeln zur Organisation von Kundgebungen sowie Ungehorsam gegen die Polizei vorgeworfen.

Nawalny, der bereits Ende März für 15 Tage inhaftiert wurde, hatte für Montag - dem russischen Unabhängigkeitstag - zu landesweiten Protesten gegen die Korruption im Land aufgerufen.

«Hallo, hier ist Julia Nawalnaja... Alexej ist im Hauseingang festgenommen worden. Er hat gebeten, Euch zu sagen, dass sich an unserem Vorhaben nichts geändert hat: Twerskaja», schrieb Nawalnys Frau im Kurzbotschaftendienst Twitter mit Blick auf die Hauptdurchgangsstrasse zum Kreml, wo die nicht genehmigte Demonstration stattfinden sollte.

In einer weiteren Botschaft auf Nawalnys offiziellem Twitter-Konto waren zahlreiche Polizeiautos vor dem Eingang eines Gebäudes zusehen. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch bestätigte die Festnahme des Oppositionspolitikers. Sie teilte zudem mit, dass in den Büros von Nawalnys Anti-Korruptionsorganisation der Strom abgestellt worden sei.

Nawalny hatte am Sonntagabend angekündigt, den Ort der Protestveranstaltung zu ändern, weil die Stadtverwaltung von Moskau die Organisatoren daran gehindert habe, am eigentlich vorgesehenen Ort eine Bühne und anderes Material aufzubauen. Der 41-jährige Oppositionspolitiker kündigte daraufhin an, dass die Demonstration stattdessen auf der Twerskajastrasse stattfinden werde.

Stadt spricht von «Provokation»

Die Stadtverwaltung sprach von einer «Provokation». Die Polizei warnte, dass an dem Ort bereits eine andere Veranstaltung stattfinde, die durch den Protest beeinträchtigt werde. «Jegliche provokative Aktion der Demonstranten wird als eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung angesehen und sofort beendet», hiess es von der Polizei.

Die Stimmung vor Beginn des Protests war angespannt. Für Moskau erwarteten die Organisatoren bis zu 50'000 Teilnehmer.

Landesweit gab es am Montag Demonstrationen von Nawalny-Anhängern. Allein im sibirischen Nowosibirsk protestierten am Montag nach Angaben örtlicher Medien rund 3000 Menschen gegen Korruption, weitere Demonstrationen gab es in zahlreichen anderen Städten. Nawalny hatte zu Demonstrationen in rund 200 Städten aufgerufen.

Landesweit über 200 Festnahmen

Die russische Website OVD Info, die Festnahmen bei Protestveranstaltungen registriert, und Reporter der Nachrichtenagentur AFP vor Ort teilten mit, über 200 Menschen seien landesweit vor Beginn der Demonstration in Moskau festgenommen worden. Die Demonstranten liessen sich davon nicht abschrecken und folgten dennoch dem Aufruf Nawalnys.

Nawalny will im kommenden Jahr als Präsidentschaftskandidat antreten. Mit einer Online-Kampagne ist es ihm gelungen, eine neue Generation auf die Strasse zu bringen. Er rief zu Protesten gegen die Korruption auf, nachdem er einen Film veröffentlicht hatte, in dem Ministerpräsident Dmitri Medwedew vorgeworfen wird, ein riesiges Vermögen durch ein Netzwerk an Stiftungen zu kontrollieren. Nach längerem Schweigen wies Medwedew den Vorwurf später als «Quatsch» zurück.

Ende März hatte Nawalny bereits die grössten Proteste seit Jahren organisiert. Hunderte Menschen wurden festgenommen, darunter auch Nawalny selbst. In einem Schnellverfahren wurde er zu 15 Tagen Haft verurteilt.

Als Blogger prangert Nawalny seit Jahren Korruption in Russland an. Anfang Februar wurde er in einem neu aufgerollten Prozess abermals zu fünf Jahren Haft auf Bewährung wegen Veruntreuung verurteilt. Er kündigte daraufhin an, trotzdem bei der für März 2018 geplanten Präsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Wladimir Putin anzutreten. (sda/afp/dpa)

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