Nur mit Tessinerin Sadis hätte eine Frau laut FDP-Frauenpräsidentin eine Chance

Nur mit Tessinerin Sadis hätte eine Frau laut FDP-Frauenpräsidentin eine Chance

27.07.2017, 15:44

FDP-Frauenpräsidentin Doris Fiala schätzt, dass einzig eine Frauenkandidatur der früheren Ständerätin Laura Sadis Chancen hätte im Rennen um die Nachfolge von Bundesrat Didier Burkhalter. Grund: Sadis ist Tessinerin. Die Tessin-Frage hat Vorrang vor der Frauen-Frage.

«Es ist die Stunde des Tessins», sagte Fiala in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Matin». Diskutiert werde derzeit, dass die Regionen im Bundesrat angemessen vertreten sein müssten aus Gründen des nationalen Zusammenhalts. «Das ist verständlich», sagte die Zürcher Nationalrätin.

«Angesichts der Entschlossenheit des Tessins» habe es derzeit eine reine Frauenkandidatur für den Bundesrat sehr schwer. Die Kandidatur der Waadtländer FDP-Regierungsrätin Jacqueline de Quattro bezeichnete Fiala als «sehr mutig» - insbesondere «angesichts der Umstände».

«Keine Chance» für de Quattro

De Quattro sei eine «ausgezeichnete Kandidatin». Fiala fragt sich aber, ob das Parlament überhaupt eine Kandidatur aus der Romandie will.

Didier Burkhalters Sitz «gehörte bisher der Westschweiz», hatte de Quattro in ihrer ersten Wortmeldung seit Lancierung ihrer Kandidatur am Mittwoch betont. Sie machte so deutlich, dass die Romandie ihren dritten Bundesratssitz nicht kampflos wieder hergeben möchte.

Dass drei Romands im Bundesrat sind, kam seit dem Rücktritt des letzten Tessiner Bundesrates, Flavio Cotti (CVP), drei Mal vor. Die vereinigte Bundesversammlung wählte 1999 den Freiburger Joseph Deiss zu Cottis Nachfolger. Deiss sass mit Pascal Couchepin (FDP/VS) und Ruth Dreifuss (SP/GE) im Bundesrat. 2002 trat Dreifuss zurück. Auf sie folgte Micheline Calmy-Rey (SP/GE).

Mit Deiss' Rücktritt 2006 endete diese Phase. Zu Deiss' Nachfolgerin wurde Doris Leuthard (CVP/AG) gewählt. Erst Ende 2015 mit der Wahl von Guy Parmelin (SVP/VD) als Nachfolger von Eveline Widmer-Schlumpf (BDP/GR) änderte sich das Verhältnis wieder.

In der Geschichte des Bundesstaates gab es vor 1999 nur ein einziges Mal gleichzeitig drei Bundesräte aus der Westschweiz: mit Max Petitpierre (FDP/NE), Paul Chaudet (FDP(/VD) und Jean Bourgknecht (CVP/FR) von Ende 1959 bis Mitte 1961.

Power-Play für Sadis

Am Schluss entscheidet die FDP-Fraktion am 1. September, wen sie der Bundesversammlung für die Wahl am 20. September vorschlagen will. Während Parteichefin Petra Gössi - wie von vielen Parlamentariern verlangt - auf einem Zweiervorschlag besteht, setzt die Parteileitung der Tessiner FDP voll auf ihren Favoriten, FDP-Fraktionschef und Nationalrat Ignazio Cassis.

Mitte Juli präsentierte die Tessiner FDP-Führung Cassis als Einervorschlag für eine Bundesratskandidatur zuhanden der Delegiertenversammlung der FDP Tessin am 1. August. In der Mitteilung dazu hiess es nur, andere Persönlichkeiten hätten ihre Kandidaturen zur Verfügung gestellt, hätten sich der Einschätzung der Parteileitung aber untergeordnet.

Doch den Tessiner Delegierten steht es frei, anders zu entscheiden, der Fraktion in Bern nochmals anders. Dort wiederum werden die Westschweizer ein gewichtiges Wort mit reden.

Während Cassis als gesetzt erscheint, konzentriert sich die Debatte auf die Frage, wer neben dem FDP-Fraktionschef auf dem Ticket steht. Aus de Quattros Sicht müsste es eine Frau sein: «Für mich ist es entscheidend, dass eine Frau auf dem Ticket steht. Ob Tessinerin oder Westschweizerin ist nicht ausschlaggebend», sagte sie.

Sollte FDP-Nationalrätin Isabelle Moret (VD) die FDP-interne Ausmarchung gewinnen, werde de Quattro diese unterstützen, sollte Sadis gewinnen, werde Sadis unterstützt. Die Frauen seien immer solidarisch gewesen. Moret hat sich noch nicht entschieden.

Frauen liessen sich verdrängen

Für Fiala dagegen ist die Zeit noch nicht für reif: Die FDP-Frauen seien erst mittelfristig bereit für eine Bundesratskandidatur. Sie verwies auf die dünne Personaldecke der Frauen mit nur einem Sitz im Ständerat und nur 20 Prozent der FDP-Sitze im Nationalrat.

Allzu lange Zeit verstreichen lassen will aber Fiala nicht. Wenn die FDP-Frauen es schafften, sich bis zu einem Rücktritt von Bundesrat Schneider-Ammann ins richtige Licht zu rücken, dann ist aus Sicht der Frauenpräsidentin die Zeit überreif. Die letzte Vertreterin der FDP-Frauen im Bundesrat hiess Elisabeth Kopp. (sda)

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