Schweden stellt Ermittlungen wegen Vergewaltigung gegen Assange ein

Schweden stellt Ermittlungen wegen Vergewaltigung gegen Assange ein

19.05.2017, 17:36

Überraschend hat Schweden nach sieben Jahren die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange fallengelassen. Der Australier, der seit fünf Jahren im selbstgewählten Exil in der Botschaft Ecuadors in London lebt, ist damit aber noch kein freier Mann.

«Wir treffen keine Aussagen über seine Schuld», sagte die leitende Staatsanwältin Marianne Ny in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Die Entscheidung über die Einstellung sei getroffen worden, da die Strafverfolger keine Möglichkeit gesehen hätten, die seit 2010 laufenden Ermittlungen noch voranzubringen.

Assange hatte das Strafverfahren gegen ihn in Schweden stets als politisch motiviert bezeichnet. Der Australier war Mitte November 2016 in der ecuadorianischen Botschaft zu den Vergewaltigungsvorwürfen befragt worden, die eine Schwedin gegen ihn erhoben hatte. Assange zufolge handelte es sich um einvernehmlichen Sex.

«Das ist ein vollständiger Sieg für uns», sagte Assanges Anwalt Per Samuelson kurz nach der Entscheidung der schwedischen Staatsanwaltschaft am Freitag. Julian Assange stellte ein altes Foto auf Twitter, das ihn breit lächelnd zeigt.

Der 45-jährige Australier twitterte wenig später: «Sieben Jahre lang ohne Anklage festgehalten (...) während meine Kinder gross geworden sind und mein Name verleumdet wurde. Ich vergebe und vergesse nicht.» Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks spielte damit nicht nur auf die Zeit in der Botschaft, sondern auch auf eine frühere Festnahme 2010 in Grossbritannien an.

Probleme nicht vom Tisch

Mit dem Entscheid in Stockholm sind für Assange die Probleme mit Polizei und Justiz noch nicht vom Tisch. Die britische Polizei kündigte umgehend an, ihn festzunehmen, sobald er die Botschaft in London verlassen sollte.

Er habe gegen Kautionsauflagen verstossen, weil er es 2012 versäumt habe, sich im Zusammenhang mit dem damals von Schweden betriebenen Auslieferungsverfahren den britischen Behörden zu stellen. Dabei handle es sich allerdings um ein vergleichsweise geringfügiges Vergehen nach britischem Recht.

Ecuador forderte am Freitag freies Geleit, damit Assange die Botschaft verlassen kann. «Der europäische Haftbefehl gilt nicht länger», erklärte Aussenminister Guillaume Long am Freitag in Quito. London müsse Assange nun eine sichere Passage garantieren.

Angst vor Überstellung in die USA

Assange fürchtete stets, zunächst an Schweden und von dort an die USA ausgeliefert zu werden. Die USA machen ihn dafür verantwortlich, dass über seine Plattform brisante US-Dokumente aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht wurden. Über einen möglichen Auslieferungsantrag der US-Regierung ist allerdings nichts bekannt.

Der Wikileaks-Gründer hatte sich ursprünglich 2010 der britischen Polizei in London gestellt, war später aber auf Kaution entlassen worden. 2012 flüchtete er in die ecuadorianische Botschaft in London, weil er eine Auslieferung an die schwedische Justiz befürchtete.

Die schwedischen Staatsanwälte erläuterten am Freitag, die Entscheidung hänge nicht mit einer möglichen Strafverfolgung Assanges durch die US-Behörden zusammen. «Die Entscheidung, die heute getroffen wurde, hat nichts mit möglichen Aktionen der US-Regierung zu tun», sagte Anklägerin Ny.

Politisches Erdbeben ausgelöst

Die Plattform Wikileaks hatte 2010 ein politisches Erdbeben ausgelöst, als sie mehr als 250'000 vertrauliche US-Dokumente aus militärischen und diplomatischen Quellen veröffentlichte. Wikileaks enthüllte etwa Details über das Vorgehen der US-Streitkräfte bei den Kriegen im Irak und in Afghanistan.

Eine der wichtigsten Quellen war dabei die Whistleblowerin Chelsea Manning, die am Mittwoch nach fast sieben Jahren in US-Militärhaft wieder auf freien Fuss kam. Weltweit bekannt wurde die 29-Jährige 2010 noch als Soldat Bradley Manning. In der Haftzeit unterzog sich Manning einer Geschlechtsumwandlung.

Manning war 2013 nach einem Teilgeständnis wegen Spionage und Kollaboration mit dem Feind zu 35 Jahren Militärhaft verurteilt worden. Präsident Barack Obama hatte die Strafe kurz vor dem Ende seiner Amtszeit verkürzt. (sda/dpa/afp/reu)

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