Misshandlungsvorwürfe eines Bürgerrechtlers aus Hongkong an China

Misshandlungsvorwürfe eines Bürgerrechtlers aus Hongkong an China

11.08.2017, 14:52

Ein Mitglied der chinakritischen Demokratischen Partei in Hongkong ist nach eigenen Angaben von Agenten Chinas verschleppt und misshandelt worden. Howard Lam schilderte am Freitag vor den Medien in Hongkong, wie er am Vortag überfallen wurde.

Grund für den Angriff sei gewesen, dass er der Witwe des Mitte Juli gestorbenen chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo ein signiertes Foto des argentinischen Fussballstars Lionel Messi schicken wollte.

Seine Entführer hätten ihm Büroklammern in die Schenkel gerammt, sagte Lam. Er zeigte zum Beweis die Wunden an seinen Beinen und auch rote Striemen auf seinem Bauch. Die Männer packten ihn nach seinen Schilderungen am Donnerstagnachmittag im Geschäftsviertel Mong Kok und zerrten ihn in einen Lieferwagen.

Als er sich zur Wehr gesetzt habe, hätten ihm die Männer auf die Schläfe geschlagen und ihn etwas inhalieren lassen, so dass er ohnmächtig geworden sei. Später sei er weiter geschlagen und nach Lius Witwe Liu Xia gefragt worden. Danach hätte ihn die Männer erneut betäubt.

Schliesslich habe er sich am frühen Freitagmorgen an einem Strand im entlegenen Distrikt Sai Kung wiedergefunden. Lam fügte hinzu, seine Entführer hätten nicht das in Hongkong übliche Kantonesisch gesprochen, sondern Mandarin wie die Festlandchinesen.

Wo ist Lius Witwe?

Bereits am Dienstag bekam er demnach einen Telefonanruf von einem Mann, der angab, für die chinesischen Behörden zu sprechen. Dieser habe ihn angewiesen, der Witwe das Messi-Foto nicht zukommen zu lassen. Das Foto habe er von Messi für Liu erhalten, der als Fan des Torschützen vom FC Barcelona galt.

Die Demokratische Partei ist überzeugt, dass es sich bei den Entführern um Agenten aus der Volksrepublik China handelt. Die Opposition in Hongkong wirft Peking immer wieder vor, sich zunehmend in die Angelegenheiten der Sonderverwaltungszone einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen zu verletzen.

Lius Witwe, die 56-jährige Dichterin Liu Xia, wurde seit der Trauerfeier für ihren Ehemann am 15. Juli nicht mehr gesehen. Ihr US-Anwalt Jared Genser erklärte in einer Beschwerde an die Vereinten Nationen, chinesische Regierungsbehörden hätten sie «verschwinden lassen» und hielten sie «an einem unbekannten Ort isoliert» fest.

Der in China zu einer Haftstrafe verurteilte Schriftsteller und Bürgerrechtler Liu Xiaobo war am 13. Juli im Alter von 61 Jahren an den Folgen einer Leberkrebserkrankung gestorben. Bis zuletzt verweigerten die Behörden dem Friedensnobelpreisträger des Jahres 2010 eine medizinische Behandlung im Ausland.

Seine Ehefrau stand seit 2010 unter Hausarrest. 2014 erlitt sie nach Angaben eines Menschenrechtsaktivisten einen Herzanfall, nachdem zuvor bei ihr eine Depression diagnostiziert worden war. (sda/afp)

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