Der Nationalrat will nicht alle Raser drakonisch bestrafen

Der Nationalrat will nicht alle Raser drakonisch bestrafen

21.09.2016, 13:20

Der Nationalrat möchte Richterinnen und Richtern mehr Spielraum lassen bei der Beurteilung von Raserdelikten. Mit einer Motion verlangt er vom Bundesrat die nötigen Gesetzesanpassungen. Der Ständerat, der nun am Zug ist, hat ein ähnliches Begehren im Juni abgelehnt.

Der Nationalrat stellte sich am Mittwoch mit 101 zu 86 Stimmen bei 7 Enthaltungen hinter eine Motion von Jean-Paul Gschwind (CVP/JU). Nicht nur sanktionierte Autofahrerinnen und -fahrer, auch Rechtsprofessoren, Anwälte und Richter kritisierten die Massnahmen für Raser als zu rigoros, machte Gschwind geltend.

«Ein Megathema»

Im Vergleich zu den Geldstrafen für andere ähnlich schwere Delikte seien Strafen für Raser besonders streng. Ungeachtet der Umstände des Einzelfalles werde beim Tatbestand des Rasens ein «bedauerlich starrer Tarif» angewendet.

Die Sanktion - Entzug des Fahrausweises, Freiheitsstrafe, hohe Geldstrafen - könne für Fehlbare dramatische Folgen haben. Der Nationalrat hatte im Dezember 2015 bereits einer Initiative von Fabio Regazzi (CVP/TI) mit ähnlichen Forderungen zugestimmt.

Verkehrsministerin Doris Leuthard beantragte Ablehnung und verwies auf die Parlamentsentscheide zum Massnahmenpaket Via sicura. Die Räte hätten damals Elemente der Raser-Initiative in die Vorlage eingebaut. «Der Schutz vor Rasern war damals ein Megathema.»

Die Gesetzgebung ist seit Anfang 2013 in Kraft. Die Täterinnen und Täter sind zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu verurteilen. Der Führerausweisentzug beträgt mindestens zwei Jahre.

Mehr Spielraum vom Bundesgericht

Mehr Verständnis für «unfreiwillige» Raser äusserte im Juni auch das Bundesgericht. Es gab den Gerichten für Fälle, in denen zwar das Rasen als Tatbestand vorliegt, aber der Lenker nicht mit Vorsatz handelte, mehr Spielraum. Die Gerichte müssten damit nicht automatisch den Raser-Straftatbestand anwenden, sagte Leuthard.

Der Ständerat, der nun am Zug ist, lehnte im Juni die Initiative von Regazzi ab, weil er die Strafnormen nicht schon wieder ändern wollte. Er beauftragte aber den Bundesrat, die Wirksamkeit des Massnahmenpakets Via sicura insgesamt zu überprüfen. Der Bericht dazu werde im Frühling 2017 vorliegen, sagte Leuthard dazu.

Eine Westschweizer Vereinigung lancierte im Mai ausserdem eine Volksinitiative mit dem Titel «Stopp den Auswüchsen von Via sicura». Auch dieses Begehren stellt sich gegen die Sanktionen für Raser. (sda)

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