Nationalrat gegen zusätzliche Kürzungen der Entwicklungshilfe

Nationalrat gegen zusätzliche Kürzungen der Entwicklungshilfe

29.11.2016, 11:12

Der Nationalrat will bei der Entwicklungshilfe nicht mehr sparen als der Bundesrat. Bei den Beratungen zum Stabilisierungsprogramm hat er den Antrag seiner Kommission für zusätzliche Kürzungen abgelehnt.

Mit 94 zu 89 Stimmen beschloss der Nationalrat, dem Bundesrat und dem Ständerat zu folgen. Das bedeutet, dass die Entwicklungshilfegelder gegenüber dem Finanzplan im Jahr 2017 um 143 Millionen Franken gekürzt werden. Im Jahr 2018 beträgt die Kürzung 200.5 Millionen, im Jahr 2019 243.4 Millionen Franken.

Die Kommission wollte in den Jahren 2018 und 2019 je 100 Millionen Franken zusätzlich sparen. Damit wäre rund ein Drittel des Sparpakets zulasten der Entwicklungshilfe gegangen. Nach dem Vorschlag des Bundesrates ist es nun ein Viertel. Finanzminister Ueli Maurer rief den Rat dazu auf, den Bundesrat nicht zu überbieten. Es brauche eine gewisse «Opfersymmetrie».

Hilfe für korrupte Staaten

Kommissionssprecher Ulrich Bigler (FDP/ZH) begründete den Antrag für die zusätzlichen Kürzungen vor allem damit, dass sonst die Regeln der Schuldenbremse nicht eingehalten werden könnten. Die Kommission will nämlich die Landwirtschaft und die Bildung vor Sparmassnahmen verschonen.

Manche stellten die Entwicklungshilfe aber auch generell infrage. Peter Keller (SVP/NW) sprach von einer «Desorientierung». Millionen flössen ins Ausland, teils direkt in die Staatshaushalte korrupter Staaten oder in fragwürdige Programme, etwa zu Genderfragen in der georgischen Landwirtschaft. Gleichzeitig fehle im Inland das Geld. Das verstehe die Bevölkerung nicht mehr.

Auf dem Buckel der Ärmsten

Gegen Kürzungen in der Entwicklungshilfe stellten sich SP, Grüne, gegen zusätzliche Kürzungen auch CVP und BDP. Es gehe nicht an, auf dem Buckel der Ärmsten zu sparen, sagte Philipp Hadorn (SP/SO). Das verletze jeglichen humanitären Anstand. Zudem sei es ein «migrationspolitisches Eigentor». Die SVP fordere stets Hilfe vor Ort gegen die Ursachen der Migration. Nun wolle sie genau diese Hilfe kürzen. Das entbehre jeglicher Logik.

Entwicklungshilfeprojekte seien langfristig ausgelegt, gaben die Gegner weiter zu bedenken. Kurzfristige Kürzungen führten zu Fehlinvestitionen. Roberto Schmidt (CVP/VS) erinnerte an das vom Parlament beschlossene Ziel, 0.5 Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Entwicklungshilfe auszugeben.

Programme streichen

Aussenminister Didier Burkhalter hatte bei den Beratungen zum Zahlungsrahmen für die Entwicklungshilfe vor zusätzlichen Sparmassnahmen gewarnt. Weitere Kürzungen könnten nicht mehr linear erfolgen, sagte er. Es müssten ganze Programme gestrichen werden - beispielsweise jene in Nordafrika, dem Mittleren Osten und Afghanistan.

Dem Bundesrat gefolgt ist der Nationalrat auch bei den Integrationsbeiträgen an die Kantone. Er hiess Kürzungen von 500'000 Franken für das Jahr 2017 und 11.4 Millionen Franken für die beiden Folgejahre gut. Der Bundesrat wolle hier nicht weniger machen, sondern effizienter vorgehen, erklärte Maurer.

Zusätzlich sparen will der Nationalrat ferner beim Auslandangebot der SRG, also bei Swissinfo. Der Bundesrat beantragt hier Sparmassnahmen gegenüber dem Finanzplan von rund 7 Millionen Franken im Jahr, der Nationalrat will rund 9 Millionen sparen. Zuvor hatte er bereits zusätzliche Sparmassnahmen beim Bundespersonal beschlossen. (sda)

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