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Kommentar

Es ist Frauenbashing angesagt bei der Weltwoche. Chillt mal!

So? Ganz sicher nicht! Die gute Conchita muss den Herren von der «Weltwoche» Schauer der Verzweiflung einjagen.
So? Ganz sicher nicht! Die gute Conchita muss den Herren von der «Weltwoche» Schauer der Verzweiflung einjagen.
Bild: Getty Images Europe
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Frauen sind schwach und dumm. Jedenfalls in der «Weltwoche». Chillt mal, Kollegen!

Auf sieben Seiten beweist uns unser Lieblingsblatt, allen voran der gute Philipp Gut, dass Frauen einfach nicht so viel wert sind. Eine grossartige Lektüre.
25.02.2016, 12:0926.02.2016, 12:13
Simone Meier
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Ich frag mich oft, wie glücklich unsere lieben Kollegen und Quartier-Nachbarn von der «Weltwoche» eigentlich sind. Aus ihren Texten spricht stets so viel Angst, Hass und Verbitterung. Ich mach mir deshalb Sorgen. Ja! Zum Beispiel um den «Weltwoche»-Vizechef Philipp Gut. Mit dem ich mir vor vielen Jahren einmal beim «Tages-Anzeiger» ein Büro teilte. Unglaublich, aber wahr.

Ich würde gern behaupten, dass er damals schon so war wie neulich in der «Arena», war er aber nicht. Er war okay. Er kaufte ab und zu Lindor-Kugeln für alle. So, wie auch Roger Köppel mal okay war. Köppel wurde mir während meines ersten Jobs bei unseren andern Quartier-Nachbarn, der «WochenZeitung», von einem WoZ-Redakteur mit den Worten vorgestellt: «Das ist der Roger. Er ist ein Guter.» Auch dies: Unglaublich, aber wahr. Und sooo lang her.

Total normal: Philipp Gut.
Total normal: Philipp Gut.
bild: watson
Verrückt normal: Roger Köppel.
Verrückt normal: Roger Köppel.
Bild: watson

Heute mach ich mir um die «Weltwoche»-Belegschaft wieder einmal besonders grosse Sorgen. Denn heute hat die «Weltwoche» eins ihrer beliebten Frauenhefte herausgebracht. Diese Frauenhefte gehen immer gleich: An restlos allem ist der Feminismus schuld, uralte Geschlechter-Rollen sind die besten, Frauen sind schwächer und dümmer, Frauen, die in ihrer Freizeit Kuchen backen und Coke Zero statt Bier trinken sind glücklicher. Und überhaupt: Schaut doch einfach, was die Affen machen!

«Männliche Grüne Meerkatzen unterhalten sich lieber mit Spielzeugautos oder Bällen, während die Affenweibchen öfter einen Kochtopf oder eine Puppe wählen.»
Philipp Gut zitiert Neurowissenschaft.

Genau. Grüne Meerkatzen waren ja schon immer die verlässliche Grundlage unserer Gesellschaft. Wir sind ja bloss Tiere. Nicht auch kulturelle Wesen, die dazu lernen und sich weiter entwickeln. Philipp Gut fasst deshalb über mehr als drei Seiten allerlei biologistische Theorien zusammen, um die Unterlegenheit der Frau zu verdeutlichen.

Für signifikant hält er dabei, dass nur fünf Prozent aller Nobelpreisträger Frauen sind. Ähm ja, vielleicht kommt es dabei auch auf sowas wie Zugang zu Bildung, Förderung und Zusammensetzung der Nobelpreiskommittees an? Nur vielleicht? Aber, so Gut: Frauen können gut Gesichter lesen, sonst eigentlich nichts. Schon gar nicht mit Zahlen umgehen oder gefährliche Jobs übernehmen.

Lieber so! Grüne Meerkatze mit Gemächt.
Lieber so! Grüne Meerkatze mit Gemächt.
bild: wikimedia

Sagen wir so: Island wurde nach der enormen Finanzkrise (2008–2011) von Frauen saniert. Weil die einzige Bank, die überlebte, von Frauen geleitete wurde. Weil sich die Frauen nicht fragten: Wer bin ich und wie werde ich möglichst schnell noch wichtiger? Sondern: Woher kommt unser Geld, wohin geht es und mit wem arbeiten wir da ganz genau zusammen? Was sie da wohl besser lesen konnten? Zahlen oder Gesichter? In allen Details ist dies gerade im neuen Film von Michael Moore zu sehen.

Und bei «watson», nur um mal ein anderes Medienunternehmen als die «Weltwoche» zu nennen, gehen die jungen Frauen, ohne mit der Wimper zu zucken in Krisengebieten auf Reportage, sorgen für Traffic-Rekorde, analysieren uns mit ihren Internet-Kenntnissen in eine erfolgreiche Zukunft und schmeissen eben mal den ganzen Nachtdienst von der andern Seite der Erde aus. They fucking rule.

Bild
bild: watson

In der gleichen «Weltwoche» – es gibt da so viele, die ihren Frust loswerden müssen – schreibt ein Herr Peter Keller, dass westliche Feministinnen an der Übernahme des Abendlandes durch muslimische Horden schuld sein werden. «Am Ende des Feminismus steht der metrosexuelle Augenbrauenzupfer, der entmännlichte Mann», der sowas wie die Silvester-Übergriffe von Köln durch seine «Abwesenheit von Mut, Heldentum, Stolz» erst möglich gemacht habe. Irgendein Student schreibt auch noch über gender-spezifisch korrekten Sprachgebrauch an Hochschulen (okay, der ist manchmal echt absurd).

Und schliesslich: Claudia Schumacher, die einzige Frau, die derzeit der «Weltwoche»-Redaktion angehört, bekennt sich dazu, gerne mit von High-Heels malträtierten Füssen auf dem Sofa zu jammern und von ihrem starken Beschützer beschützt zu werden. 

«Auch ich hatte einst eine Findungsphase, in der ich klobige Stiefel trug und an der Uni die berühmte US-Philosophin Judith Butler lesen musste.»
Claudia Schumacher über sich selbst

Jetzt, schreibt sie, sei sie endlich «normal». So, wie sich auch Philipp Gut als «normal» betrachtet. Alle andern: crazy Sonderfälle! «Man trifft in der Bevölkerung kaum Feministinnen an», heisst es da. Ich würde fast meinen, auch in der SVP gibt es welche. Frau Martullo-Blocher zum Beispiel. Es geht dabei ja nicht zwingend um die Selbstdeklaration, sondern um die Lebensweise. 

Und wer sich schon mal mit einem offenen Kopf und nicht bloss feindselig verbissen oder missionarisch verbiestert mit Gender-Studies – «normalen Leuten mag diese Gender-Theorie nie wirklich eingeleuchtet haben» (Philipp Gut) – befasst hat, der weiss, wie bereichernd es sein kann.

Einfach mal nachzudenken über die Möglichkeiten, das Angebot an Identitäts- oder Identifizierungsmöglichkeiten. Über die Freiheit. Das Miteinander (liebe «normale» Menschen, niemand verbietet euch, eure euch genehme Normalität selbst zu definieren!), den Respekt, die Demokratie, die Zukunft. All das. 

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228 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Billy the Kid
25.02.2016 15:18registriert Februar 2016
Wenn überhaupt haben wir auf diesem Planeten ein riesiges "manhood Problem". In Zukunft braucht es halt keine 4 Milliarden muskelbepackten Vollspacken, die "hart anpacken" können - das übernehmen alles Maschinen, Roboter, Computer. Also sucht man verzweifelt nach der "Männlichkeit" und findet sie in den primitivsten und dümmsten Stereotypen, die man sich überhaupt denken kann. Herr "Milchbubi" Köppel als die Inkarnation des "Mannes" - da lacht doch ein Pferd mit Gummizähnen.
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Syptom
25.02.2016 22:45registriert Januar 2016
Frauen sollen machen können, was Männer machen können und umgekehrt. Das ist für mich die Definition von Gleichberechtigung. Wenn ein Mann den Haushalt schmeissen will, soll er doch. Wo liegt das Problem? Wenn eine Frau lieber Karriere macht oder aufm Bau arbeiten will, soll sie doch. Wo liegt das Problem?
Eine Frauenquote ist da nebenbei das beschissenste was man machen kann.. man sollte jeden Menschen einfach Individuell nach seinen Fähigkeiten bewerten. Egal welches Gender.
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kettcar #lina4weindoch
26.02.2016 08:35registriert April 2014
Ganz, ganz fest glaube ich daran, dass Köppel ein versteckter Linker ist, der den Rechten den Spiegel vorhalten will. Köppel so: "Hihi, jetzt zeigen wir denen mal, wie scheisse, dass die Rechten sind und schreiben eine Lobschrift über einen Nazi-Offizier oder Chauvi-Scheisse, damit es dem Volch zu dumm wird" und das Volch so: "yeah, wooow! Missverstandener Nazi-Offizier! Yeeeah, woooow! Frauen an den Herd! Wir sind das Volch!"
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Luka Popadić ist Filmemacher und Offizier in der Schweizer Armee. Er würde sein Leben für die Schweiz geben. Aber er prangert auch ihre Missstände – die er als serbischer Secondo sieht – an. In seinem neuen Film behandelt er genau diesen Zwiespalt.

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