Flugsicherung Skyguide liess F/A-18 zu tief fliegen

Flugsicherung Skyguide liess F/A-18 zu tief fliegen

06.09.2016, 16:28

Die Flugsicherung Skyguide hat für den abgestürzten F/A-18-Kampfjet eine zu tiefe Flughöhe angeordnet. Das teilte die Militärjustiz am Dienstag mit. Ob das der Grund für den Absturz war, wird abgeklärt.

Die militärischen Untersuchungsrichter betonten am Dienstag vor den Medien in Bern, dass nach wie vor in alle Richtungen ermittelt werde. Für den Flugverkehrsleiter von Skyguide gelte die Unschuldsvermutung.

Fest steht, dass der Pilot der verunglückten F/A-18 wenige Minuten nach dem Start den Radarkontakt zur kurz vorher gestarteten Leader-Maschine verlor. Darauf forderte er - wie es für diesen Fall vorgesehen ist - beim Flugverkehrsleiter in Meiringen eine Flughöhe an.

Über 1000 Meter zu tief

Der Flugverkehrsleiter ordnete eine Flughöhe von 10'000 Fuss an, rund 3050 Meter über Meer. Diese Flughöhe liegt unter der sicheren Mindestflughöhe, die für diesen Startsektor 14'300 Fuss oder 4360 Meter beträgt. Weshalb der Flugverkehrsleiter die zu tiefe Flughöhe anordnete, wird noch untersucht.

Wäre das Flugzeug von Meiringen aus in die entgegengesetzte Richtung gestartet, wäre die angeordnete Flughöhe korrekt gewesen, wie Untersuchungsrichter Gionata Carmine auf eine entsprechende Frage sagte. Möglich ist also, dass der Flugverkehrsleiter die Himmelsrichtungen verwechselt hat. Dazu äusserte sich Carmine nicht. Das wäre spekulativ, sagte er.

Kontakt mit Dübendorf

Gesichert ist indes, dass der Flugverkehrsleiter unmittelbar nach Anordnung der Flughöhe das Flugzeug an die Flugsicherung in Dübendorf übergab. Laut Carmine fand vor dem Absturz ein Kontakt statt zwischen Dübendorf und dem Piloten. Den Inhalt der Konversation gab er nicht bekannt.

Die F/A-18 zerschellte kurz nach diesem Kontakt am Hinter Tierberg auf einer Höhe von rund 3300 Metern über Meer. Der 27-jährige Pilot kam dabei ums Leben. Laut der Militärjustiz gibt es keinen Hinweis darauf, dass er den Schleudersitz betätigte.

Blackbox nicht gefunden

Unbekannt ist, ob er durch das Geländekollisionswarnsystem im Flugzeug gewarnt wurde. Die Blackbox könnte darüber Auskunft geben. Bisher wurde sie aber nicht gefunden. Die Rekonstruktion der Flugbahn ist laut den Untersuchungsrichtern auch ohne Blackbox möglich.

Sie soll Auskunft darüber geben, welchen Einfluss die angeordnete Flughöhe auf den weiteren Verlauf des Fluges hatte, wie also der Pilot auf die Anordnung reagierte und ob diese zum Absturz führte. Hinweise auf technisches Versagen oder auf einen Zusammenhang mit der Radaranlage des Militärflugplatzes Meiringen gebe es derzeit nicht, schreibt die Militärjustiz.

Ergebnisse nicht vor Jahresende

Bei der laufenden Abklärung handelt es sich um eine vorläufige Beweisaufnahme. Sie diene der Feststellung des Sachverhalts und richte sich nicht gegen bestimmte Personen, sagte Untersuchungsrichter Andreas Hagi. Es sei noch zu früh, sich auf bestimmte Varianten des Unfallhergangs und der Unfallursache festzulegen. Mit dem Abschluss der Untersuchung könne nicht vor Jahresende gerechnet werden.

Der Schlussbericht könnte anschliessend die Grundlage für eine Voruntersuchung gegen bestimmte Personen dienen. Diese wiederum könnte zu einer Anklage führen. Zuständig ist in jedem Fall die Militärjustiz, da Skyguide die Flugsicherung im Auftrag der Luftwaffe betreibt. Der Mitarbeiter von Skyguide, der die Flughöhe anordnete, war laut Carmine seit Anfang 2015 in Meiringen tätig. Im Oktober 2015 wurde er als Flugverkehrsleiter lizenziert.

Indiskretionen und Hypothesen

Dass die Militärjustiz vor Abschluss der vorläufigen Beweisaufnahme informiert, erklärte sie mit Hypothesen in den Medien, die teilweise auf Indiskretionen zurückzuführen seien. Diese könnten zu Vorverurteilungen führen, sagte Tobias Kühne, der Sprecher der Militärjustiz. Zu den Hypothesen der vergangenen Tage gehörte auch jene über die Anordnung einer zu tiefen Flughöhe.

Die einsitzige F/A-18 der Schweizer Luftwaffe war am 29. August im Sustengebiet verunglückt. Das Flugzeug war um 16.01 Uhr in Meiringen BE zu einem Trainingsflug gestartet. Um 16.05 Uhr verlor die Einsatzzentrale den Kontakt zum Piloten.

Der verunglückte 27-jährige Pilot stammt aus der Westschweiz. Es handelt sich um den Verwandten eines Mitglieds des Waadtländer Kantonsparlaments, weshalb der Rat der Familie in seiner Sitzung vom Dienstag sein Beileid ausdrückte. (sda)

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