Bundesrat spricht sich gegen finanzpolitische Experimente aus

Bundesrat spricht sich gegen finanzpolitische Experimente aus

09.11.2016, 13:08

Der Bundesrat lehnt die Vollgeld-Initiative ab. Bei einer Annahme würde die Schweiz zum Experimentierfall für unerprobte Reformen, warnt er. Er sieht erhebliche Risiken für die Schweizer Wirtschaft.

Im heutigen System schaffen Banken dauernd neues, fiktives Geld - sogenanntes Buchgeld - indem sie Kredite vergeben. Gemäss den Initianten stehen hinter dem Guthaben auf einem Bankkonto also kaum echte Franken, sondern bloss ein Versprechen der Bank auf echte Franken. Zudem bereitet fiktives Buchgeld in ihren Augen den Boden für Finanzblasen.

Die Initianten stören sich auch daran, dass die Schaffung von Geld heute typischerweise mit der Begründung neuer Schulden verbunden ist. Das soll die Initiative «Für krisensicheres Geld: Geldschöpfung allein durch die Nationalbank! (Vollgeld-Initiative)» ändern.

Trügerischer Schutz

Zum einen soll die Schweizerischen Nationalbank (SNB) das Monopol zur Ausgabe von Buchgeld erhalten. Die Initiative sieht die Schaffung von Zahlungsverkehrskonten bei den Geschäftsbanken vor, die vollständig durch Notenbankgeld finanziert sind. Daher kommt der Begriff Vollgeld. Diese Konten wären gegen Ausfallrisiken und Bankruns vollständig geschützt.

Um bei der Schaffung von Geld neue Schulden zu vermeiden, würde die Nationalbank Geld ohne Gegenleistung dem Bund, den Kantonen oder den Bürgerinnen und Bürgern übertragen.

Der Bundesrat glaubt nicht, dass das Finanzsystem dadurch sicherer würde. Finanzsektor und Volkswirtschaft dürften durch eine Annahme der Initiative insgesamt geschwächt werden, schreibt er in der am Mittwoch veröffentlichten Botschaft.

Warnung vor Turbulenzen

Das Gewinnpotenzial der Banken würde abnehmen, der Druck auf die Margen nähme zu. Der Bundesrat weist auch darauf hin, dass sich die Initiative nur auf Sichteinlagen bezieht. Andere Anlageformen wie Sparkonten mit einer Bezugsfrist oder Termineinlagen seien weiterhin Risiken ausgesetzt. Bankenkrisen wären nach wie vor möglich, schreibt er.

Die Regierung warnt auch vor den Risiken, wenn die Schweiz im Alleingang eine weitgehend unerprobte Umgestaltung des Geld- und Währungssystems wagen würde. Es sei mit Verwerfungen im Finanzsektor und negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu rechnen.

Die Stabilität des Banken- und Finanzsystem wird laut der Regierung heute auf anderem Weg erreicht: Einlagen auf Bankkonten seien bis zu einem Betrag von 100'000 Franken geschützt. Banken würden durch die Finanzmarktaufsicht FINMA beaufsichtigt, für systemrelevante Banken gälten besondere Bestimmungen.

Der Bundesrat empfiehlt daher, die Vollgeld-Initiative abzulehnen. Einen Gegenvorschlag will er dazu nicht ausarbeiten. (sda)

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