Schweiz
Bundesrat

Ignazio Cassis äussert sich zum umstrittenen Tabak-Sponsoring

Die Sponsorings von Firmen beim EDA haben Aussenminister Ignazio Cassis in Erklärungsnot gebracht - nun kommen immer mehr Geldzuwendungen in anderen Departements ans Licht der Öffentlichkeit. (Archivb ...
Verteidigt sich in der Affäre um das umstrittene Tabak-Sponsoring: Bundesrat Ignazio Cassis. Bild: EPA

Ignazio Cassis zum umstrittenen Tabak-Sponsoring: «Das Dossier lag nicht auf meinem Tisch»

Aussenminister Cassis äussert sich erstmals zu der Affäre um das umstrittene Tabak-Sponsoring an der Weltausstellung 2020 – und verteidigt sich.
28.07.2019, 11:41
Sven Altermatt / ch media
Mehr «Schweiz»

Die Affäre schwelt seit Tagen: Das Aussendepartement ging eine fragwürdige Partnerschaft mit Philip Morris ein. Der Tabakkonzern soll einer der Hauptsponsoren des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai werden.

Für 1.8 Millionen Franken darf er unter anderem vom «Image der offiziellen Schweiz» profitieren. Seit die Redaktion von CH Media den Deal publik gemacht hat, ist viel Kritik auf das Aussendepartement von Ignazio Cassis eingeprasselt.

«Sehr bedenklich» findet es die Weltgesundheitsorganisation WHO, dass ausgerechnet die Schweiz als ihr Sitzstaat eine Partnerschaft mit einem Tabakkonzern eingegangen ist. Und die von acht Universitäten getragene Stiftung «Swiss School of Public Health» forderte Cassis – er ist Arzt – diese Woche auf, die Vereinbarung zurückzunehmen.

ROME REQUEST--FILE--An unidentified man take a cigarette break outside the headquarters of Philip Morris in New York, Wednesday, May 15, 1996 (AP Photo/File,Chris Kasson)
Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020: Philip Morris.Bild: AP

In einem Interview mit dem italienischsprachigen Radio RSI hat sich Cassis nun erstmals selbst zu der Affäre geäussert. Der Bundesrat bestätigte, dass er die Partnerschaft zunächst «analysieren und Handlungsoptionen abklären» werde. An der Expo 2020 solle «eine geeinte, lächelnde Schweiz» präsentiert werden, «ein positives Bild unseres Landes», sagte Cassis. «Deshalb muss ich alle störenden Elemente beseitigen.»

Der Aussenminister lässt durchblicken, dass die Zusammenarbeit noch beendet werden könnte. Er habe sein Team gebeten, ihn über den Stand der Dinge zu unterrichten. Und er erwarte von seinen Mitarbeitern diesbezüglich Klarheit. Cassis betont: «Das Dossier lag nicht auf meinem Tisch.»

epa07711797 A handout photo made available by the Turkish Foreign Ministry press office shows Swiss Foreign Minister Ignazio Cassis speaking during a press conference after a meeting with Turkish Fore ...
Keine einfache Situation für Bundesrat Cassis.Bild: EPA

Damit geht der Aussenminister offenkundig auf Distanz zu seinem verantwortlichen Spitzenbeamten Nicolas Bideau, dem Chef von Präsenz Schweiz. Dieser erklärte bereits vergangene Woche, die Philip-Morris-Partnerschaft sei mit Cassis besprochen worden.

Tatsächlich sei der Bundesrat skeptisch gewesen, als man ihn über die Pläne unterrichtet habe, berichtete Bideau dem Westschweizer Radio RTS aus einem Gespräch mit Cassis. Schliesslich habe Ignazio Cassis ja früher als Tessiner Kantonsarzt gearbeitet.

Dass der Deal dann doch – und laut ihm eben im Wissen Cassis’ – zustande gekommen ist, begründete Bideau unter anderem mit finanziellen Argumenten. Das Gesamtbudget für den Schweizer Auftritt beträgt rund 15 Millionen Franken, die Hälfte davon sollen Sponsoren tragen.

Die Partnerschaft mit Philip Morris hat die Schweiz international in die Schlagzeilen gebracht. «Ein Aussenminister im Tabakdunst», übertitelte das deutsche «Handelsblatt» seinen Bericht und folgerte: «Rauchen gefährdet die Gesund- heit – und das Image.»

Selbst die «New York Times» berichtete über die Causa. Cassis sei unter Beschuss, meldete die Zeitung: «Swiss Minister Under Fire for Tobacco Sponsorship of Expo Pavilion.» (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
25 Bilder zeigen unsere Classe politique beim Schaffen in Bern
1 / 27
25 Bilder zeigen unsere Classe politique beim Schaffen in Bern
Daniel Jositsch (SP/ZH).
quelle: keystone / lukas lehmann
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Bach überschwemmt Touristendorf
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
rönsger
28.07.2019 12:37registriert Dezember 2014
Dass das Tabak-Dossier laut Cassis nicht auf seinem Tisch landete, wirft in jedem Fall ein schlechtes Licht auf den Aussenminister und Departementvorsteher: Entweder kam lag das Papier wirklich nie auf seinem Tisch. In diesem Fall wäre er von seinem Spitzenbeamten hintergangen worden. Cassis hätte somit seine Laden nicht im Griff. Oder Cassis lügt, hat das Dossier zwar gesehen, aber die Tragweite falsch eingeschätzt. Und nun versucht er, seine Haut zu retten, indem er die Schuld seinen Beamten zuschiebt. Sooderso: Als Bundesangestellter möchte ich keinen solchen Chef haben.
1392
Melden
Zum Kommentar
avatar
Fairness
28.07.2019 13:38registriert Dezember 2018
Faule Ausrede oder sin Departement nicht im Griff?
620
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ueli der Knecht
28.07.2019 13:50registriert April 2017
In einem anderen watson-Artikel von heute steht:
"So habe Japan Tobacco International in den Jahren 2012 und 2013 den Schweizer Filmpreis mit je 54'000 Franken unterstützt."
https://www.watson.ch/!734823685

Der Chef der Sektion Film damals war Nicolas Bideau; offensichtlich der gleiche Mann, der nicht nur beim Schweizpavillion sondern auch beim Filmpreis die Tabakmafia einspannte. Es würde mich sehr interessieren, welche Geschenke da hintenherum in seine Tasche flossen.

Warum werden solche fragwürdigen Leute nicht entlassen sondern nur von einem Département zum nächsten versetzt?
460
Melden
Zum Kommentar
13
Strom aus Biogas gibt weniger Geld als Strom aus Biomasseabfällen – entscheidet Gericht

Für die zukünftige Produktion von Strom aus Klärgas wird eine bestehende Biogasanlage in der Innerschweiz nicht die gleiche Vergütung erhalten wie für den heutigen Strom aus Biomasseabfällen. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Beide Gase sind nicht fossile Energieträger, die Energieförderungsverordnung macht jedoch unterschiedliche Vorgaben.

Zur Story