Die Gründer hatten auch nicht gleich eine Videoplattform im Sinn. Die Unternehmung begann zunächst als Dating-Plattform unter dem Namen «Tune In Hook Up», inspiriert von der Seite «Hot or Not», die Nutzer die Attraktivität potenzieller Partner bewerten liess. Die Seite stiess jedoch auf geringes Interesse und wurde wieder eingestellt.
Zwei Ereignisse liessen YouTube zu dem werden, was es heute ist: Jawed Karim suchte nach Videomaterial zu Janet Jacksons Busenblitzer beim Super Bowl 2004 und fand – nichts. Ein Jahr später wollten Chad Hurley und Steve Chen ein Kurzvideo von einer Party in San Francisco teilen, was aber technisch misslang. So entstand die Idee, eine Videoplattform im Netz zu lancieren.
Der Name schien schnell gefunden: YouTube, was so viel heisst wie «Du Mattscheibe» oder «Du Glotze». Am Valentinstag 2005 wurde schliesslich die Domain www.youtube.com angemeldet.
Doch kein Start ohne Schwierigkeiten. Die Registrierung sorgte für Missverständnisse mit dem Unternehmen Universal Tube & Rollform Equipment, einem Hersteller für Rohrmühlen. Deren Website utube.com wurde mit Traffic überschwemmt, weil der Name phonetisch gleich klang. Der Namensvetter erhob Klage, scheiterte aber vor Gericht. Und verzog sich unter der Domain utubeonline.com in die digitale Schmollecke.
Damit war der Weg für YouTube frei.
Das erste Video, das am 23. April 2005 auf der Plattform eingestellt wurde, zeigt Mitbegründer Jawed Karim im Zoo von San Diego vor einem Elefantengehege.
Was dann begann, ist ein atemberaubender Aufstieg. Die Zahl der eingestellten Videos stieg sprunghaft, die Entwicklung zeigt eine Kurve, die in jedem Mathematikbuch als Anschauungsmaterial für exponentielles Wachstum verwendet werden könnte.
Google erkannte das Potenzial der Plattform – und erwarb YouTube 2006 für 1,31 Milliarden Dollar. Vom Garagenmythos ist neun Jahre später nichts mehr übrig, das Unternehmen residiert mittlerweile in einem schicken Glaskomplex in San Bruno. YouTube wies 2013 einen Umsatz von 2,3 Milliarden Dollar aus. Die Gründer haben es binnen weniger Jahre zu Multimillionären gebracht. Chad Hurley besitzt ein geschätztes Vermögen von 355 Millionen US-Dollar.
Doch nicht nur die Gründer hat YouTube reich gemacht, sondern auch einige Blogger. Der schwedische YouTube-Star Felix Kjellberg verdiente mit Werbung im letzten Jahr vier Millionen US-Dollar. Der 24-Jährige mit dem sorgsam getrimmten Vollbart hat sich mit Videospiel-Tipps eine Gefolgschaft von 36 Millionen . Abonnenten aufgebaut
Pro Monat greifen über eine Milliarde unterschiedliche Geräte (Smartphones, Tablets, Computer) auf YouTube zu.
Die Online-Videothek wird immer grösser. Pro Minute werden 300 Stunden Videomaterial hochgeladen – so viel wie 150 Blockbuster. Auf den Tag hochgerechnet kommt man auf 432'000 Stunden Videos. Man wäre also 18'000 Tage oder 50 Jahre damit beschäftigt, nur das an einem einzigen Tag hochgeladene Material anzuschauen.
Das erfolgreichste Video ist weiterhin Gangnam Style. Es wurde mittlerweile 2'310'568'059 Mal angeklickt.
Das längste Video dauert übrigens 571 Stunden, 1 Minute und 41 Sekunden – eine Dokumentation von Jonathan Harchicks Chile-Reise.
Googles Rechenzentren müssen hart arbeiten, um das Datenvolumen zu verarbeiten. Die schiere Menge an Videomaterial stellt YouTube vor gewaltige Herausforderungen. Das Material nach pornografischen oder terroristischen Inhalten zu sichten, ist fast unmöglich. Algorithmen können Textpassagen filtern, Bewegtbilder aber kaum.
Google arbeitet in seinen Laboren an künstlicher Intelligenz, um das zu ändern. ContentID, YouTubes vollautomatisches Filterprogramm, durchforstet 140'000 Stunden Videos pro Minute, also 400 Jahre Video pro Tag, nach Urheberrechtsverstössen. Die Software analysiert den Ton und die Bewegtbilder und gleicht sie mit einer Datenbank ab, in der urheberrechtlich geschützte Inhalte gespeichert sind. Bei Verstössen werden die Rechteinhaber automatisch benachrichtigt.
Mit Facebook ist YouTube und damit Google ernsthafte Konkurrenz erwachsen. Ins weltgrösste soziale Netzwerk werden immer mehr Videos hochgeladen. Im August 2014 vermeldete Facebook, dass es jeden Tag mehr als eine Milliarde Video-Views verzeichnet. Facebook hat YouTube bei den Views von Werbeclips bereits übertrumpft.
Zu beobachten war dieser Trend auch bei der Ice Bucket Challenge, wo Filme in signifikanter Zahl bei Facebook zu sehen waren.
Zum 10. Geburtstag gibt es allerdings auch Hiobsbotschaften. In einigen Ländern wird YouTube neben anderen sozialen Netzwerken weiterhin blockiert, allen voran in China. Dabei geht es um politisch motivierte Zensur. Die freie Meinungsäusserung wird massiv behindert.
Man kann auf YouTube auch Snake spielen. Zumindest auf dem Laptop oder PC. Und so funktioniert es: Einfach ein beliebiges Video anklicken, kurz abspielen lassen und auf Pause klicken. Dann die linke Cursortaste der Tastatur zwei bis drei Sekunden gedrückt halten und zusätzlich den Pfeil nach oben drücken. Sogleich erscheint im Videofenster eine fortlaufende Schlange in verschiedenen Grautönen, die man mit den Cursortasten navigieren kann.