Das Gericht wies die Berufung der Verteidiger gegen das Urteil des Bezirksgerichts Kulm AG ab, ebenso die Anschlussberufung des Staatsanwalts sowie dessen Antrag, den Bosnier wegen Fluchtgefahr in Sicherheitshaft zu nehmen. Die Gefahr, dass er «abtauche», bestehe kaum, habe er in der Schweiz doch Arbeit, Eltern, Ehefrau und einen neugeborenen Sohn.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. Wie der Verteidiger sagte, will er erst einmal die schriftliche Begründung genau ansehen. Ein Weiterzug seitens der Anklage müsste von der Oberstaatsanwaltschaft kommen. Der Staatsanwalt erachtet dies aber als wenig wahrscheinlich.
Zum Unfall kam es frühmorgens am 17. Dezember 2013 auf der Tempo-80-Ausserortsstrecke zwischen Beinwil am See AG und Birrwil AG. Es war noch dunkel, die Fahrbahn war nass und es herrschte Nebel. Der Beschuldigte war mit 70 Kilometern pro Stunde unterwegs, innerhalb des zulässigen Tempos zwar, aber den schlechten Sichtverhältnissen nicht entsprechend.
Die beiden vor ihm fahrenden Autos fuhren vorsichtig mit 40 km/h. Links neben der Strasse fuhr in die gleiche Richtung wie die drei Autos ein Zug, was ein allfälliges Ausweichmanöver verunmöglichte.
Der damals 28-jährige mehrfach wegen Strassenverkehrsvergehen vorbestrafte Lenker überholte die beiden vor ihm fahrenden Wagen – und kollidierte frontal mit einem entgegenkommenden 61-jährigen Rollerfahrer. Dieser erlag Tage später im Spital seinen Verletzungen.
Die Verhandlung vor Obergericht drehte sich zentral um die Frage, wie gut oder schlecht die Sicht damals war. Zeugen hatten von dichtem oder doch ziemlich dichtem Nebel gesprochen, der Beschuldigte machte im bisherigen Verfahren unterschiedliche Angaben, wie weit er gesehen habe. Am Donnerstag nun sagte er erstmals, er habe 200–300 Meter weit gesehen.
Die Sicht sei «tiptop» gewesen, versicherte er. Zudem habe er die Strecke gut gekannt. Weshalb er dann allerdings den entgegenkommenden Töfffahrer nicht gesehen hatte, konnte er nicht erklären. «Auf einmal tauchte er auf».
Er habe niemanden verletzen wollen, beteuerte der Beschuldigte. Das werfe ihm auch niemand vor, stellte der vorsitzende Richter klar. Es gehe um die Frage, ob er beim Überholen ernsthaft darauf habe vertrauen können, dass nichts passiere. In diesem Fall wäre Fahrlässigkeit gegeben.
So sei es aber nicht. Er habe mit seinem Überholmanöver «ein krasses Verhalten» gezeigt und «unverantwortbar gehandelt». Er habe angesichts der ganzen Situation «nicht auf einen guten Ausgang vertrauen können» und einen Unfall in Kauf genommen. Damit sah auch das Obergericht, wie die Vorinstanz, Eventualvorsatz gegeben.
Dass der Beschuldigte den Unfall nicht direkt wollte, berücksichtigte das Gericht mit dem Strafmass. Der Strafrahmen für vorsätzliche Tötung beträgt 5 bis 20 Jahre Freiheitsentzug. Mit 5,5 Jahren liegt die Strafe im untersten Bereich. (sda)