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Folter, Lügen und Vertuschung – die Wahrheit über die CIA-«Verhöre»

Häftlinge im Lager Guantánamo: Nicht wenige waren zuvor in CIA-Gewahrsam gefoltert worden.Bild: EPA US NAVY
Entlarvender Senatsbericht

Folter, Lügen und Vertuschung – die Wahrheit über die CIA-«Verhöre»

Die Foltermethoden des Geheimdienstes CIA unter der Regierung Bush waren noch brutaler als angenommen – und noch wirkungsloser. Dies zeigt ein Bericht des US-Senats.
04.04.2014, 14:4505.04.2014, 15:37
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Dianne Feinstein ist Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat. Die 80-jährige Demokratin aus Kalifornien verteidigt die US-Nachrichtendienste in der Regel eisern gegen Kritiker, zuletzt etwa im NSA-Abhörskandal. Was Feinstein jedoch am Donnerstag in einer Mitteilung schrieb, lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: «Der Bericht enthüllt eine Brutalität, die in krassem Gegensatz steht zu den Werten unserer Nation. Amerikaner tun so etwas nicht.»

Gemeint ist ein 6300 Seiten umfassender Untersuchungsbericht zu den «erweiterten Verhörmethoden», die von der Regierung Bush nach dem 11. September 2001 genehmigt und von der CIA an 119 Terrorverdächtigen angewendet wurden. Dazu gehören das berüchtigte Waterboarding, aber auch Schlafentzug oder eine Dauerbeschallung mit lauter Musik. Der Geheimdienstausschuss stimmte am Donnerstag mit elf zu vier Stimmen für die Veröffentlichung einer rund 500-seitigen Kurzversion.

Dianne Feinstein übt harte Kritik an der CIA.
Dianne Feinstein übt harte Kritik an der CIA.Bild: AP/AP

Der endgültige Entscheid liegt bei Präsident Barack Obama. Dies dürfte nur eine Formsache sein, denn Obama sprach sich bereits für die Offenlegung aus, «damit die Amerikaner verstehen, was geschehen ist». Nach seinem Amtsantritt 2009 hatte er die Folter verboten und die Geheimgefängnisse der CIA aufgelöst. Bis zur Veröffentlichung könnte es laut US-Medien einige Zeit dauern, doch die «Washington Post» konnte nach Gesprächen mit ehemaligen und aktiven Regierungsmitgliedern die wichtigsten Punkte herausfiltern:

Die CIA missbrauchte ihre Kompetenzen

In mehreren Fällen verlangten CIA-Führungskräfte im Hauptquartier in Langley, dass Gefangene weiterhin gefoltert wurden, obwohl Analysten vor Ort überzeugt waren, dass sie keine Informationen mehr liefern konnten. Interne Kritiker wurden ausgegrenzt, dafür blieben «Befrager» selbst dann ungestraft, wenn sie die Grenze zu missbräuchlichem Verhalten überschritten hatten. Der Bericht erwähnt einen Fall, in dem CIA-Leute ein Foltergefängnis in Thailand verliessen, weil sie die dort angewendeten Brutalo-Methoden nicht ertragen konnten.

Die Wirkung der Folter wurde hochgespielt

Die CIA schmückte sich wiederholt mit fremden Federn: Sie behauptete, Informationen durch Folter erhalten zu haben, die in Wirklichkeit auf «normalen» Verhörmethoden basieren. Ein im Bericht erwähnter Fall betrifft Abu Subaida, ein mutmassliches Al-Kaida-Mitglied. Der Saudi wurde 2002 in Pakistan gefasst. Sein erstes Verhör fand in einem Spital statt, durch den FBI-Agenten Ali Soufan. Er gewann Subaidas Vertrauen und erhielt wichtige Informationen, etwa, dass der Pakistaner Chalid Scheich Mohammed der Chefplaner der 9/11-Anschläge war.

Abu Subaida lieferte wichtige Informationen – bevor er gefoltert wurde.
Abu Subaida lieferte wichtige Informationen – bevor er gefoltert wurde.Bild: AP U.S. Central Command

Später wurde Abu Subaida an die CIA überstellt und als erster Gefangener den «erweiterten Verhörmethoden» unterzogen, unter anderem 83 Mal mit Waterboarding gefoltert. Brisante Enthüllungen ergaben sich nicht, im Gegenteil. Subaida sagte später aus, er habe angebliche Anschlagspläne in den USA erfunden, um der Folter zu entgehen. 

Trotzdem behauptete die CIA in Berichten an den Kongress und das Justizministerium, sie habe die von FBI-Mann Soufan erlangten Infos durch Folter herausgebracht. Auch George W. Bush erklärte öffentlich, Chalid Scheich Mohammed sei dank «erweiterten Verhörmethoden» enttarnt worden.

Ein weiteres Beispiel ist Hassan Ghul, ein weiterer Al-Kaida-Mann. Dank seiner Aussage wurde der Kurier identifiziert, der die Amerikaner auf die Spur von Osama Bin Laden brachte. Er machte sie jedoch nicht in CIA-Gewahrsam, sondern bereits zuvor, im Verhör durch die kurdischen Behörden im Norden des Irak. Trotzdem hält sich der Mythos hartnäckig, Bin Laden sei dank CIA-Folter gefunden worden. Auch der Film «Zero Dark Thirty» vermittelt diese Ansicht.

Die Methoden waren brutaler als vermutet

Die CIA hat auch bislang nicht bekannte, besonders harte Foltermethoden angewendet. Erwähnt wird im Bericht das Beispiel von Ammar al-Baluchi, ein Neffe des erwähnten Chalid Scheich Mohammed. Er wurde 2003 in Pakistan gefasst und an die CIA überstellt. In einem Geheimgefängnis in der Nähe von Kabul mit dem Übernamen «Salzgrube» wurde er unter anderem in einen mit Eiswasser gefüllten Tank gesteckt und sein Kopf gewaltsam unter Wasser gedrückt – eine Methode, die dem Waterboarding ähnelt, aber «nie auf einer Liste der vom Justizministerium genehmigten Techniken auftauchte», so die «Washington Post».

Weiter wurde al-Baluchi mit einem Knüppel geschlagen und sein Kopf gegen die Wand geknallt. Dadurch erlitt er laut seinen Anwälten ein Schädel-Hirn-Trauma. Heute befindet er sich im Lager Guantánamo. Die Eiswasser-Folter wurde laut Human Rights Watch auch an zwei Terrorverdächtigen aus Libyen angewendet, die ebenfalls in der «Salzgrube» inhaftiert waren.

George W. Bush behauptet bis heute, das Folterprogramm habe Leben gerettet.
George W. Bush behauptet bis heute, das Folterprogramm habe Leben gerettet.Bild: AP/AP

Die Folter war letztlich wirkungslos

Der Senatsbericht widerlegt den Mythos, wonach die Foltermethoden einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung von neuen Terroranschlägen leisteten. Davon kann keine Rede sein: Sie erbrachten wenige bis gar keine bedeutenden Erkenntnisse. Bis heute aber vertreten Ex-Präsident Bush und vor allem sein Vize Dick Cheney hartnäckig die Überzeugung, das CIA-Programm habe Leben gerettet. Ein von der «Washington Post» befragter, mit dem Bericht vertrauter Regierungsbeamter meinte nur: «Traf das zu? Die Antwort ist Nein.»

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