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Jass-App wird eingestellt – Tausende Über-50-Jährige kehren ihren Smartphones den Rücken

Ass sticht Trumpf, Näll sticht Ass, Bauer sticht Näll: So packend kann Jassen sein!
Ass sticht Trumpf, Näll sticht Ass, Bauer sticht Näll: So packend kann Jassen sein!Bild: KEYSTONE
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Jass-App wird eingestellt – Tausende Über-50-Jährige kehren ihren Smartphones den Rücken

02.12.2014, 14:0704.12.2014, 08:55
Claudio Gagliardi
Claudio Gagliardi
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Falschmeldung
Satire - (fast) kein Wort ist wahr!

Zürich (den). Claudia Stadelmann brauchte Jahre, um ihre Mutter von einem Smartphone zu überzeugen. «Ich habe ihr von WhatsApp, Fotoalbum und weiteren praktischen Programmen vorgeschwärmt. Alle Argumente stiessen jedoch auf taube Ohren», so die 27-jährige Physiotherapeutin. «Doch als meine Mutter von einer Kollegin erfuhr, dass es von der beliebten Jass-Sendung «Dsischtigs-Jass» eine App gebe, wollte sie sich nun doch plötzlich ein Smartphone zulegen. Meine Schwester und ich haben ihr dann alle wichtigen Programme eingerichtet und sogar ihre Musik digitalisiert», so Stadelmann. Fotos wurden hin und her geschickt, Termine digital eingetragen und durch die WhatsApp-Familien-Gruppe sei auch die tägliche Kommunikation viel einfacher geworden.

Doch vor ein paar Tagen merkte Stadelmann, dass ihre Mutter nicht mehr via WhatsApp erreichbar war. «Ich habe sie angerufen, da hat sie mir gesagt, sie sei wieder auf ihr altes Nokia umgestiegen.» Als Grund gab die Mutter an, die Jass-App funktioniere nicht mehr und sie sehe darum keinen Grund, sich weiter mit dem Smartphone abzumühen.

Tatsächlich hat der Entwickler der Jass-App, die Firma xxxFunGames, den Betrieb des Programms eingestellt. «Da im Spiel keine In-App-Käufe möglich sind, ist es für uns nicht mehr lukrativ, die App weiterzuführen», heisst es von der Firma. «Wir fokussieren uns nun auf die Entwicklung von lukrativen Spielen. Wir planen deshalb ein ähnliches Game wie Kim Kardashian: Hollywood. Ein Scheissgame, aber es bringt mächtig Kohle

Sie schreibt SMS mit dem rechten Zeigfinger und gehört wohl bald zu den «Digital Expats».
Sie schreibt SMS mit dem rechten Zeigfinger und gehört wohl bald zu den «Digital Expats».Bild: Getty Images Europe

Die Generation der «Digital Expats»

Das mittelalterliche Personen ihren Smartphones den Rücken kehren, ist laut Medienforscher Jérôme Kurz kein Einzelfall. «Wenn wir die Nutzungsdaten analysieren, dann stellen wir fest, dass eine überwältigende Mehrheit der Über-50-Jährigen in der Schweiz ihr Smartphone tatsächlich nur zum Jassen gekauft hat. Mails lesen sie nach wie vor an ihrem Computer, sie führen weiterhin eine analoge Papieragenda und ihre Musik hören sie zuhause oder auf ihrem alten MP3-Player, den sie sich 1998 gekauft haben.»

In wissenschaftlichen Kreisen spricht man auch von den «Digital Expats», jener Generation, die sich für eine kurze Zeit mit den neuen digitalen Techniken auseinandergesetzt hat, sich nun aber frustriert von ihnen abwendet. «Sie fühlen sich in dieser schnellen, digitalen Welt überfordert, sind gegenüber jedem Update misstrauisch und leben in permanenter Angst, dass ihre Daten in falsche Hände geraten könnten», so Medienforscher Kurz. «Man erkennt zukünftige «Expats» daran, dass sie ihre Smartphones an ihrem Gürtel tragen, Nachrichten ausschliesslich mit dem rechten Zeigfinger schreiben und Morgens im Zug noch als einzige «20 Minuten» in Zeitungsform lesen. Früher oder später werden sie merken, dass sie dies alles auch ohne Smartphone machen können.»

Für Claudia Stadelmann hat der Smartphone-Verzicht ihrer Mutter auch etwas Gutes. «Neben Jassen hat meine Mutter sehr gerne SMS verschickt. Dies kann sie zwar auch mit ihrem Nokia, aber wenigstens kann sie dort nicht jeden Satz mit 6 ‹lustigen› Emojis ergänzen.»

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Hart recherchierte Fakten, fundierte Kritik und realistische Analysen? Die gibt es anderswo. Chefredaktor Buzz Orgler und sein Praktikant Pavel Kulicka decken auf, was keiner wissen will. Ob Berichte über einen Schwangerschaftstest fürs iPhone oder mit Zwiebeln verunreinigte Kebabs, die beiden gescheiterten Journalisten sind sich für keine satirische Schlagzeile zu schade. Und schneller als die Wahrheit sind sie noch dazu.

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Fuck you, Finn!
Valentina ist verliebt. Nicht in mich. In Finn. Der Loser der Situation: ich.

Valentina war endlich wieder Single. Also, sie war immer Single, aber eine Weile gab's ja neben mir noch einen anderen Typen, Marcel. Dass es Marcel gab, fand ich nicht gut, aber ich durfte es natürlich nicht «nicht gut» finden, weil, Valentina und ich haben ja keine monogame Beziehung, wir haben gar keine Beziehung, was wir beide gut finden, aber wir haben auch nicht nichts, was auch gut ist, aber wenn dann da noch so ein Horst, respektive Marcel, ist, dann ist, was wir haben, natürlich bisschen weniger gut. Aus verschiedenen Gründen. Sie war öfter, wenn ich sie treffen wollte, «busy». Was sie machte, sagte sie nie, musste sie auch nicht, wusste ich eh: Marcel. Sie war auch eher mal «zu müde». Warum, war mir ebenfalls klar. Ich fand die Situation, je länger sie gedauert hat, nicht besser, aber ich habe mich damit abgefunden.

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