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Rollenspiel «Risen 3: Titan Lords»: Der Reiz des immer gleichen

Wem die Vorgänger gefielen, dürfte auch am neusten Teil seine Freude haben.
Wem die Vorgänger gefielen, dürfte auch am neusten Teil seine Freude haben.Bild: Piranha Bytes
«Never change a running System»

Rollenspiel «Risen 3: Titan Lords»: Der Reiz des immer gleichen

Piranha Bytes produziert seit 13 Jahren mehr oder weniger ähnliche Spiele. Darüber kann man sich wundern – doch auch die neueste Veröffentlichung, «Risen 3: Titan Lords», ist ein gutes Rollenspiel.
23.08.2014, 22:4424.08.2014, 09:57
Markus Böhm / spiegel online
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Kennen Sie «Men's Health», diese langlebige Männerzeitschrift voller Tipps zu Fitness, Sex und Ernährung? Gefühlt steht in jeder Ausgabe dasselbe, nur anders formuliert. Und eigentlich weiss man, dass Geschichten wie «Grillen Sie sich schlank» und «Mehr Muskeln in nur 24 Stunden» übergeigt sind, dass die Artikel selten halten, was das Cover verspricht. Trotzdem hat es seinen Reiz, durchs Heft zu blättern. Selbst nach Jahren fasziniert es auf seltsame Art, auch durch seine Plumpheit.

Mit dem Rollenspiel «Risen 3: Titan Lords» ist es ähnlich. Das Spiel ist gerade für PC, Xbox 360 und Playstation 3 erschienen, trotzdem hat man Gefühl, das Meiste schon zu kennen: den derben Humor, die offene Spielwelt voller rumnörgelnder Banditen und Banausen. Die Grafik, die nicht supermodern ist, aber ausreichend schick. Kleine Unzulänglichkeiten wie die Zielerfassung beim Kämpfen, die das Spiel nie kaputt, aber mitunter anstrengend machen. Schon die Vorgänger wirkten selten rund, faszinierten aber durch einen Mix aus B-Movie-Charme und dem Gefühl, dass die Spielwelt mit besonderer Hingabe kreiert wurde.

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«Risen 3» ist das sechste Rollenspiel von Piranha Bytes, einer 25 Köpfe kleinen deutschen Firma, die 2001 und 2002 mit «Gothic» und «Gothic 2» zwei der atmosphärisch stärksten Spiele des Genres veröffentlichte. Von dem damals erworbenen Ruf zehrt das Unternehmen noch heute, doch dieser Ruf ist ebenso eine Bürde. Was Piranha Bytes auch macht, es wird immer Fans geben, die sagen, sie wünschten sich ein einfach ein modernisiertes «Gothic».

Das Kuriose an diesem Wunsch ist, dass sich Piranha Bytes ihm nie verweigert hat. Die folgenden Spiele hatten zwar andere Storys – «Risen 2» und «Risen 3» etwa haben Piratenszenarien -, doch im Kern sind sie ähnliche Welterkundungstrips. Dass «Risen 3» heisst wie es heisst und nicht «Gothic 6», liegt wohl in erster Linie daran, dass die «Gothic»-Markenrechte zwischenzeitlich bei JoWood lagen. Nach einem Streit mit dem Publisher startete Piranha Bytes 2009 die «Risen»-Serie.

Beim Nahkampf ist gutes Timing angesagt.
Beim Nahkampf ist gutes Timing angesagt.Bild: Piranha Bytes

Gewisse Änderungen sind grösser als andere

Sogar bei den Piraten gab's schon Silikon: Die Nebenfigur Patty hat wohl die grösste Wandlung durchgemacht.
Sogar bei den Piraten gab's schon Silikon: Die Nebenfigur Patty hat wohl die grösste Wandlung durchgemacht.Bild: imgur

Mal ist das Spiel düster, mal erinnert es an Urlaub

Der dritte «Risen»-Teil ist nun nicht unbedingt der Höhepunkt der Serie, aber eine gelungene Fortführung. Er erinnert mehr an «Gothic» als das Vorgängerspiel, ist praktisch jedoch eher ein aufpoliertes «Risen 2». Wie für Piranha-Bytes-Spiele typisch, steuert der Spieler einen namenlosen Helden, der sein Schicksal in die Hand nimmt und dabei auch gleich eine Fantasy-Welt vor dem Bösen rettet. Diesmal wurde der Hauptfigur ihre Seele gestohlen, doch von schnell nervenden Albträumen abgesehen, hat das wenig Auswirkungen auf den Spielablauf.

Zu entdecken gibt es in «Risen 3» neun verschiedene Gebiete – mal extrem düster, mal an einen Karibikurlaub erinnernd. Hier kämpft man gegen Monster wie Grabspinnen und Schattenkrieger, hebt Schätze, übernimmt für Spielfiguren Botengänge und Auftragsmorde, wodurch man allmählich stärker und stärker wird. Der Kampf mit Viechern, vor denen man anfangs lieber davonsprintet, ist schon bald lästige Pflichtübung – auch dank der Hilfe starker Begleiter, die der Computer steuert.

In «Risen 3» kann man wieder richtig zaubern.
In «Risen 3» kann man wieder richtig zaubern.Bild: Piranha Bytes
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Erklärtes Ziel der Entwickler ist es, dem Spieler viel Entscheidungsfreiheit zu geben – ein Ansinnen, das auch eine Herausforderung ist. «Wenn der Spieler nicht das macht, was wir erwarten – was er nie macht – ist es schwierig, einen Spannungsbogen aufzubauen», erzählt dazu Story-Designer Amadeus Weidmann. «Anderseits: Wenn in der Story Linearität drin wäre, dann müsste man alle Orte in einer bestimmten Reihenfolge abgrasen. Das wollen wir auch nicht.»

«Die Fans wollen genau das.»

An «Risen 3» hat auch Harald Iken mitgeschrieben, der sich als «OnKeLDead» in Fan-Foren einen Namen gemacht hat. Als Fan, der zum Entwickler wurde, weiss Iken, wie schwer es ist, ein Piranha-Bytes-Spiel zu produzieren, das niemanden aufregt – im Spannungsfeld aus Spielekritik und Fangemeinde, zwischen dem Wunsch nach Innovation und der bis heute allgegenwärtigen «Gothic»-Nostalgie.

Die Grafik reicht zwar nicht an das kommende «Dragon Age: Inquistion» heran, braucht sich aber auch nicht zu verstecken.
Die Grafik reicht zwar nicht an das kommende «Dragon Age: Inquistion» heran, braucht sich aber auch nicht zu verstecken.Bild: Piranha Bytes

Es sei wichtig, Wünsche der Community wahrzunehmen, sagt Iken, «einfach, weil sich das Spiel sonst nicht verkauft»: «Gleichzeitig darf man sich nicht so sehr in seiner Kreativität einschränken lassen, dass man nur noch macht, was draussen gefordert wird.» Für jedes Piranha-Bytes-Spiel gebe es «zehntausend Ideen» für Neues, aber als kleines Studio müsse man auch abwägen: «Machen wir jetzt etwas Neues oder konzentrieren wir uns auf das, was wir gut können?» Iken jedenfalls ist sich sicher: «Auch wenn manchmal die Kritik kommt ‹Ach, macht doch mal was anderes›, im Endeffekt wollen die Fans genau das, was wir ihnen bieten.»

Und, so unbefriedigend diese Erkenntnis ist, vielleicht hat Harald Iken recht. Denn so offenkundig unperfekt auch «Risen 3» an vielen Stellen ist, als Rollenspielfan verbringt man gern diverse Abende mit dem Spiel – begleitet vom Gedanken, dass eigentlich nicht viel anders ist als bei den Vorgängern. Aber genauso schaut man auch die neue Staffel mancher Lieblingsserie oder blättert amüsiert in der «Men's Health».

Koch Media 

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