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Vier Meinungen, ein Game – «The Elder Scrolls Online» spaltet die Gemüter

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Vier Meinungen, ein Game – «The Elder Scrolls Online» spaltet die Gemüter

«Skyrim» war ein Riesenerfolg. Nun ist mit «The Elder Scrolls Online» die Multiplayer-Variante der beliebten Gameserie erschienen. Kann sich das Spiel trotz monatlichen Gebühren gegen die etablierten Free-to-Play-Alternativen durchsetzen?
13.04.2014, 10:4422.07.2014, 09:35
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Philipp Rüegg
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Seit dem ersten «The Elder Scrolls»-Teil «Arena» wünschen sich die Fans eine Onlinevariante des Fantasyrollenspiels. Nach fünf Teilen wurde der Wunsch nun erfüllt. «The Elders Scrolls Online» (kurz «ESO») umfasst alle bisherigen Spielgebiete. Waren die vorherigen Abenteuer entweder in Daggerfall, Morrowind oder Skyrim angesiedelt, darf man sich im neusten Teil in ganz Tamriel austoben – zusammen mit 1000 anderen Gamern. 

Wie «World of Wacraft» oder «Guild Wars» zählt auch «The Elder Scrolls Online» zur Gattung der MMORPGs (Massively Multiplayer Online Role-Playing Games). Während aber die meisten die monatlichen Gebühren abgeschafft und zu einem Free-to-Play-Modell gewechselt haben, verweigert sich «ESO» diesem Trend. So kommen zu den 70 Franken für das Game noch rund 15 Franken pro Monat als Abogebühr hinzu. Eine ganze Stange Geld, die Entwickler Zenimax von den Spielern verlangt.

Über das ganze Spielgebiet verteilt gibt es sogenannte Skyshards. Hat man drei gesammelt, erhält man einen zusätzlichen Skill-Punkt.
Über das ganze Spielgebiet verteilt gibt es sogenannte Skyshards. Hat man drei gesammelt, erhält man einen zusätzlichen Skill-Punkt.Bild: watson

«The Elders Scrolls Online» stellt das MMORPG-Genre nicht auf den Kopf

Zu Beginn wählt man zwischen neun Rassen, zehn in der Sonderedition. Es gibt drei Fraktionen, bei denen man anfangs nicht weiss, für was sie stehen. Zum Schluss entscheidet man sich noch für eine der vier Klassen. Hat man seinen Charakter endlich erstellt, steht einem Tamriel zum Erkunden frei. 

Alleine oder mit anderen Spielern reist man durch die Welt, erschlägt Monster und erledigt Quests. Zenimax hat sich zwar Mühe gegeben, die Aufgaben abwechslungsreich zu gestalten und alle Charaktere zu vertonen. Am Spielgeschehen ändert das aber nichts. Man hört der Story nur mit einem Ohr zu, klickt sich im Eiltempo durch die Dialoge und folgt anschliessend blind dem Pfeil auf der Karte, um entweder irgendetwas anzuklicken oder umzuhauen.

Bild: watson
Zu Pferd reist es sich komfortabel. Der Gaul kostet aber auch eine Stange Gold.Bild: watson

Charakterentwicklung à la carte

Mit den dafür erhaltenen Erfahrungspunkten verbessert (levelt) man seine Spielfigur und erhält Skill-Punkte, um Fähigkeiten auszubauen. Die Levelobergrenze liegt derzeit bei 50. Erfreulich fällt die Möglichkeit aus, den Charakter individuell zu trainieren. Zauberer mit Zweihandaxt und schwerer Rüstung? Kein Problem. Ork-Krieger mit luftiger Stoffrobe und Zauberstab? Nur zu. Nicht alle Kombinationen machen Sinn, die Befreiung vom fixen Waffen- und Rüstungszwang ist aber erfrischend.

Leider kristallisieren sich auch in «The Elder Scrolls» bei Gruppen-Quests die genreüblichen Archetypen Tank, Heiler, Schadensmacher und Unterstützerklasse heraus. Der Tank kämpft an der Front und steckt das Gros der Schläge ein, der Schadensmacher schlägt am härtesten zu, der Unterstützer hilft, wo es brennt und der Heiler sorgt dafür, dass keiner ins Grass beisst. Wie immer sind Heiler- und Tankklassen Mangelware, weil jeder Spieler nur austeilen möchte. Zwar kann jeder gewisse Heilfähigkeiten erlernen, am besten macht es dennoch der dafür vorgesehene Templer (Heilklasse). Hier wäre eine Durchmischung der betagten Formel wünschenswert gewesen.

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Führerlose Entdeckerreise

Verlässt man erstmal die sicheren Stadtmauern, gibt es viel zu entdecken. Quests sind auf der Karte markiert, aber auch fernab der Wege gibt es jede Menge zu erkunden. Sei es durch Schatzkarten oder spezielle Symbole auf der Karte. Es ist lobenswert, dass Zenimax den Entdeckerdrang, der viel der Faszination der früheren Teile ausmachte, aufrechterhält. Allerdings zerstören zumindest anfangs noch die unzähligen Mitspieler die Immersion. Egal wohin man geht, überall rennen, zaubern und prügeln sich andere Gamer durch die gleichen Questgebiete. 

Selbst entdecken muss man auch viele Mechanismen des Spiels. Das wird erfahrene Spieler freuen, Neulinge aber erstmal vor den Kopf stossen. Sei es das Berufssystem, die Fraktionen oder das Skill-System, probieren geht hier über studieren.

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Senf ab: Vier Gamer, vier Meinungen

Anmerkung: Keiner der Spieler hat bisher den Höchstlevel erreicht und beurteilt somit lediglich einen Teil des Games.

Die Nicht-mehr-ganz-Casual-Gamerin

Julia «Maerel» spielt eine Dunkelelf-Nachtklinge.
Julia «Maerel» spielt eine Dunkelelf-Nachtklinge.Bild: watson

Da ich bereits mit «Skyrim» (und «Herr der Ringe Online», Anm. d. A.) über 100 Spielstunden verbracht habe und mich auch von MMOs schnell begeistern lasse, erhoffte ich mir von «ESO» das perfekte Spiel. Bisher bin ich auch ziemlich zufrieden. Es können wie in «Skyrim» abgelegene Orte entdeckt werden und oft findet man dort zusätzliche Quests. Beim Handwerken muss man sich nicht auf einen Beruf festlegen. Die Materialien können auf der Bank verstaut werden und stehen einem beim Verarbeiten jederzeit zur Verfügung. 

Dem Spieler wird beim Entwickeln des Charakters (skillen) wenig Hand geboten. Dies lässt dem Spieler zwar viele Freiheiten, kann jedoch auch zu Verskillungen führen. Für erfahrene Spieler sollte das wohl kein Problem darstellen, MMO-Neulinge müssen sich jedoch zu Beginn erstmal einlesen, damit sie ihre Figur sinnvoll entwickeln können.

Der «World of Warcraft»-Veteran

watson-Grafiker Sven «Tortoise» schleicht ebenfalls als Nachtklinge durch Tamriel, allerdings in Gestalt eines Waldelfen.
watson-Grafiker Sven «Tortoise» schleicht ebenfalls als Nachtklinge durch Tamriel, allerdings in Gestalt eines Waldelfen.Bild: watson

Mir macht «ESO» grossen Spass. Die Grafik ist für ein MMO sehr überzeugend. Atmosphärische Effekte wie Wetter, Staub, Tag und Nacht sorgen für Stimmung. Nach den ersten Tagen sind mir besonders das komplexe, aber höchst unterhaltsame Crafting-System (Berufe) und die actionreichen Kämpfe positiv aufgefallen. Für unangenehme Erlebnisse sorgen hauptsächlich Kinderkrankheiten. Bugs verhindern das erfolgreiche Abschliessen von Quest-Reihen und die Mac-Version stürzt wegen eines Fehlers noch regelmässig ab. 

Das Abomodell des Spiels sorgte für viel Aufregung in der Community. Seitens der Entwickler wurde das Argument der neuen Inhalte ins Feld geführt. Mit der kürzlich vorgestellten «Adventure Zone» Kargstein scheint Zenimax sein Versprechen fürs Erste einzulösen. Ob dies auch in Zukunft so bleiben wird, sei dahingestellt. Persönlich stört mich das Abomodell nicht, schliesslich gibt's für das gleiche Geld in Zürich gerade mal drei kleine Bier. Und drei Bier, na ja. Spinal Taps Nigel Tufnel würde sagen: «Where do you go from there? Nowhere.» 

Die erste Erweiterung «Kargstein» wurde bereits vorgestellt.Video: YouTube/Zenimax

Der Kein-MMO-ist-zu-schlecht-um-es-nicht-auszuprobieren-Gamer

Raphi lebt in MMOs gerne seine feminine Seite aus und spielt daher Kelisha, eine hammerschwingende Drachenritterin des Kaiservolks.  
Raphi lebt in MMOs gerne seine feminine Seite aus und spielt daher Kelisha, eine hammerschwingende Drachenritterin des Kaiservolks.  Bild: watson

Als absoluter «Skyrim»-, «Morrowind»- und «Daggerfall»-Fan war die Vorfreude auf die MMO-Variante meiner geliebten Fantasyreihe riesig. Bereits nach ein paar Stunden wusste ich: «ESO» hat enormes Potenzial. Das Erste, was mir richtig Vertrauen gab, war der wohl erfolgreichste Start eines MMOs seit langem. Keine Warteschlangen, keine Serverabstürze, keine Lags (Zeitverzögerung beim Spielen). 

Das Spieldesign ist stark an «Skyrim» angelehnt und jeder, der so viele Stunden wie ich damit verbrachte, wird sich gleich Zuhause fühlen. Auf die Stimmung drückt der Zwang des Erforschens. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als die Welt nach (sehr rar gesäten) Quests abzugrasen und alles auf dem Weg dahin kurz und klein zu hauen. Denn mit den Aufgaben alleine ist der Levelfortschritt zäh.

Ich kann jedem Spieler, der ein grosser Fan von «The Elder Scrolls» und von MMOs ist, dieses Spiel nur ans Herz legen. Bis jetzt wurden meine beiden Vorlieben vollends befriedigt.

Der Gamergamer

watson-Redaktor Philipp «Caterpillar» spielt als Angehöriger des Miezekatzenvolks Khajiit einen Drachenritter.
watson-Redaktor Philipp «Caterpillar» spielt als Angehöriger des Miezekatzenvolks Khajiit einen Drachenritter.Bild: watson

Ich bin von «ESO» ein wenig enttäuscht. Es tut, was es soll, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt nichts, was man nicht schon in anderen MMOs gesehen hätte. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Free-to-Play-Spielen, die sich nicht hinter «ESO» zu verstecken brauchen. Ich hätte mir mehr Innovation gewünscht. Es besitzt zwar gute Ansätze wie Quests, die die Welt optisch und inhaltlich verändern, aber auch da wird die Idee nicht konsequent umgesetzt. Sobald man das Gebiet verlässt, ist wieder alles vergessen.

Das langsame Leveln hemmt ebenfalls den Spielspass. Dabei ist es das Herz derartiger Spiele: Gegner umhauen, neue Ausrüstung abstauben, aufleveln und wieder von vorn. 

Dennoch habe ich «ESO» noch nicht ganz abgeschrieben. Spass macht es trotzdem, durch die wunderschön gestaltete Welt zu wandern. Und wer weiss, was mich in späteren Leveln noch alles erwartet?

«The Elder Scrolls Online» ist für PC und Mac erhältlich und folgt im Juni für Xbox One und PS4.

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