Wir schreiben das Ende des 20. Jahrhunderts. Als die ersten Computerprogramme in den 1960er- und 1970er-Jahren aufkamen, war Speicherplatz knapp und teuer. Teil der hohen Programmierkunst war es deshalb, Speicher zu sparen. Bei der Verarbeitung von Terminen speicherten viele Programmierer Jahreszahlen im zweistelligem Format («78» statt «1978»).
Je näher die Jahrhundertwende kam, desto deutlicher wurde, dass man in der Nacht auf den 1. Januar 2000 ein grosses Problem mit dem Datum kriegen könnte, weil «00» fälschlicherweise als 1900 interpretiert würde. Heute vor 15 Jahren dachte man: Morgen geht die Welt unter.
Medien griffen dieses Thema auf: In teils apokalyptischen Szenarien wurden weltweite Computerabstürze prognostiziert. Die Angst nach Börsencrashs, Weltwirtschaftskrisen oder Kernschmelzen wurden als Y2K-Problematik oder Millenium-Bug beschrieben.
Innert wenigen Monaten mussten Informatiker weltweit verschiedene Computer aufrüsten und «2000-ready» machen. Der Bund führte mit Ulrich Grete einen Milleniumsbeauftragten («Jahr-2000-Delegierter») ein und bot auf einer eigenen Webseite Checklisten, Downloads und Informationen für den Millenium-Bug an.
In praktisch allen grossen Unternehmen wurden die Computersysteme untersucht. Weltweit wurde der Aufwand zur Behebung des Fehlers auf bis zu 600 Milliarden US-Dollar geschätzt. Um allfällige Fehler zu vermeiden, hatten viele Banken in der Silvesternacht ihre Geldautomaten abgestellt.
Ein misslungener Jahr-2000-Test brachte in einer Wasseraufbereitungsanlage in Los Angeles das Fass buchstäblich zum Überlaufen. Über 15 Millionen Liter ungeklärtes Abwasser überflute einen Naherholungspark und mehrere Strassenzüge der US-Stadt. Bei dem Test hatte sich auf Grund einer falschen Datumsanzeige eine Pipeline geschlossen und brachte ein grosses Becken mit Abwasser zum Überlaufen.
In der Schweiz waren in fast allen Krankenhäusern des Kantons Waadt zwei Tage lang die Rechner in den Patientenaufnahmen blockiert. Ursache des fast ein Jahr zu früh aufgetretenen Jahr-2000-Problems war die Eingabe von Vergleichsdaten.
Die Stadtverwaltung München stellte rund 400 Bürgern Mahnbescheide über bis zu 60'000 Mark zu – für «angesammelte» Dienstleistungen, die angeblich seit Januar 1900 erbracht wurden. Nach dem Jahreswechsel wurde bekannt, dass die Telecom Italia die Rechnungen für den Januar verschickt hatte: für den Januar 1900.