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Die schrägsten Computerviren aller Zeiten – AIDS-Trojaner, Stoned-Virus etc.

Ein Vorläufer heutiger Ransomware: Betroffene Computer-Besitzer sollten 189 Dollar an ein Postfach in Panama schicken.
Ein Vorläufer heutiger Ransomware: Betroffene Computer-Besitzer sollten 189 Dollar an ein Postfach in Panama schicken.bild: knowbe4

AIDS-Trojaner, Stoned-Virus und Co. – die schrägsten PC-Attacken aller Zeiten

Hast du gewusst, dass einer der schlimmsten Computerviren der 90er-Jahre von einem liebeskranken Schweizer programmiert wurde?
27.05.2017, 15:57
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Der Lösegeld-Trojaner «WannaCry» geht als bislang grösste Ransomware-Attacke in die IT-Annalen ein.

Kürzlich haben wir an 12 der schlimmsten Computerviren und -würmer erinnert, darunter Melissa, Michelangelo und das Tschernobyl-Virus, die grossen Schaden anrichteten.

Bei den in diesem Beitrag porträtierten Schädlingen geht es um schräge Ideen und ungewöhnliche Programmierer.

Bevor wir zu den Attacken kommen, rufen wir die Klassifizierung der Computer-Schädlinge in Erinnerung. Wir halten uns an die Definitionen der Sicherheitsfirma F-Secure:

  • Backdoor (Hintertür): Ein Tool, um aus der Ferne, respektive über ein Netzwerk, unbemerkt auf einen fremden Computer oder Server zuzugreifen und zu kontrollieren.
  • «Ransomware» (auch Lösegeld-Trojaner): Das sind komplexere Schadprogramme, darauf programmiert, in fremde Systeme einzudringen, um gespeicherte Daten zu verschlüsseln und für die Freigabe Lösegeld zu verlangen.
  • Trojaner: Programm, das über Tarnung/Täuschung in ein fremdes System eindringt, um nicht-autorisierte Handlungen (die so genannte Payload) vorzunehmen. Sei dies das Ausspionieren von User-Daten, das Kapern des Systems, um es für DDoS-Attacken etc. fernsteuern zu können.
  • Virus: ist für die Verbreitung auf ein Wirtsprogramm angewiesen und verbirgt sich in infizierbaren Dateien. Dazu zählen auch Programmbibliotheken, Skripte, Dokumente mit Makros (z.B. «Word») und Bootsektoren von Speichermedien.
  • Wurm: Das ist (im Gegensatz zum Virus) ein eigenständiges Programm, das nicht auf vorhandenen Code angewiesen ist und sich aktiv über Netzwerke weiterverbreitet.

Stoned (1987) –
ein Herz für Kiffer

Mit der Meldung «Your PC is now Stoned» machte sich 1987 der Stoned-Virus auf Computern bemerkbar, die mit dem Microsoft-Betriebssystem MS-DOS liefen. Der Schädling – ein so genannter Bootsektor-Virus – verbreitete sich über Disketten, die nicht schreibgeschützt waren, und kopierte sich auf Festplatten.

epa05946992 People take part in the Global Cannabis March in Copenhagen, Denmark 06 May 2017. The march in Copenhagen began in Freetown Christiania and between 2.000 and 3.000 people participated in t ...
Ein Bild vom diesjährigen «Global Marijuana March» in Dänemark.Bild: EPA/SCANPIX DENMARK

Entdeckt wurde Stoned 1987 in Wellington, Neuseeland. Der Programmierer war vermutlich Student, und definitiv ein Cannabis-Befürworter. Sein Werk ging auch noch mit der Forderung «Legalize Marijuana» in die IT-Geschichte ein.

Der AIDS-Trojaner (1989)

Der zu Zeiten der HIV-Epidemie in den USA verbreitete AIDS-Trojaner gilt als erster Fall von Ransomware. Der Evolutionsbiologe Joseph Popp verschickte 20'000 infizierte Disketten mit dem Titel «AIDS Information – Introductory Diskettes» an die Teilnehmer der Welt-AIDS-Konferenz der WHO.

Eine 5,25-Zoll-Diskette.
Eine 5,25-Zoll-Diskette.bild: f-secure (via golem.de)

Nach dem 90. Systemstart erschien auf dem Bildschirm eine Lösegeldforderung der «PC Cyborg Corporation». Die Opfer sollten bezahlen, um das System freischalten zu können.

Dem Urheber ging es angeblich nicht um Geld. Was sicher scheint: Der gute Doktor hatte mächtig einen im Tee.

«Der Aufenthalt im Gefängnis tat der ohnehin labilen Psyche von Joseph Popp offenbar nicht gut. Er soll mit einem Pappkarton bekleidet durch die Flure gelaufen sein, außerdem Lockenwickler in seinem langen Bart getragen haben, die ihn vor bösartiger Strahlung und Mikroorganismen bewahren sollten.»
quelle: golem.de

Form-Virus (1990) – der liebeskranke Schweizer

Zu Beginn der 90er-Jahre verbreitete sich der Form-Virus über infizierte Disketten und wurde zu einem der damals meistverbreiteten Viren. Jeden 18. Tag im Monat machte sich der Virus in Form von Klicktönen bei jedem Tastenanschlag bemerkbar. Urheber war ziemlich sicher ein Programmierer mit Liebeskummer, der angeblich aus dem Kanton Zug kam. Der Programmcode enthält folgenden Text (aus dem Englischen übersetzt): 

«Der FORM Virus grüsst alle, die diesen Text lesen. FORM zerstört keine Daten! Keine Panik! Fick dich, Corinne.»

Der Morris-Wurm (1998)

Der Informatik-Student Robert Morris Jr. wollte das Internet vermessen und schrieb dafür einen der ersten Computerwürmer.

Der Morris-Wurm schaffte es Ende 90er gar in die Fernsehnachrichten, weil er wegen eines Programmierfehlers rund 6000 Unix-Rechner lahmlegte. Das war Schätzungen zu Folge jeder zehnte PC, der damals mit dem Internet verbunden war.

Morris‘ Bemühungen, anonym zu bleiben, wären erfolgreich gewesen. Doch er wurde überzeugt, alles zu gestehen. Und zwar von seinem Vater Robert Morris, Co-Autor des Unix-Betriebssystems und Chief Scientist am National Computer Security Center der NSA. Resultat: drei Jahre auf Bewährung, eine Geldstrafe von 10'000 Dollar und 400 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Robert Tappan Morris (2004) wurde nach der Verurteilung ein angesehener Informatik-Professor, der unter anderem am MIT dozierte.
Robert Tappan Morris (2004) wurde nach der Verurteilung ein angesehener Informatik-Professor, der unter anderem am MIT dozierte.bild: Trevor Blackwell (CC BY-SA 3.0)

Wer einen Computervirus schreibt, landet nicht zwangsläufig auf der schiefen Bahn: Nach seinem Studium gründete Robert Morris Jr. 1995 mit einem Freund die Software-Firma Viaweb, die sich auf Online-Shops spezialisierte. Ein paar Jahre später ging das Unternehmen für 49 Millionen Dollar an Yahoo.

Happy99 (1999)

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bild: f-secure

Der allererste bekannte E-Mail-Virus trug einen fröhlichen Namen. Happy99 begrüsste seine Opfer zum Jahreswechsel mit den Worten «Happy New Year 1999 !!» und verbreitete die frohe Botschaft per E-Mail auch gleich an alle Kontakte im Adressbuch. Wie die frühen PC-Viren richtete die Malware keinen nennenswerten Schaden an, schaffte es aber dennoch, sich auf Millionen von Computern auf der ganzen Welt auszubreiten.

Nuwar (2006) – der Totenbeschwörer

Fake News gab es natürlich auch schon in den 00er Jahren. Und manchmal transportierten sie nicht nur Falschmeldungen, sondern auch noch Malware. Wie zum Beispiel Nuwar, auch bekannt unter dem Namen «Storm Worm»: Der Windows-Trojaner verbreitete sich über Mails, in deren Betreff von einem verheerenden Sturm mit zahlreichen Todesopfern die Rede war. Später kursierten Nuwar-Varianten, die vor dem Atomkrieg warnten und den angeblichen Tod des US-Präsidenten verkündeten.

Alle Nuwar-Varianten transportierten ein Schadprogramm, das nach dem Anklicken des Anhangs durch ahnungslose User loslegte. Häufig verwandelte die Malware befallene PCs in «Zombies» – die Besitzer konnten ihre PCs nicht mehr steuern, dafür konnten Dritte übers Internet darauf zugreifen.

Welchen Computer-Schädling haben wir vergessen?

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Quellen: computerwoche.de, nordbayerischer kurier

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gigugeli
27.05.2017 16:14registriert Dezember 2016
Loveletter, oft auch I-love-you-Virus fehlt
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