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Manchmal wird man als Journalist von der Aktualität eingeholt, respektive überholt. Wie im Fall Swisscom vs. Netflix.
Sodeli. #Swisscom knickt ein und peert ab sofort mit #Netflix. Die OTT-Strategie von Swisscom shreddert grad. #Netflixgate #Netzneutralität
— Fredy Kuenzler (@kuenzler) 22. März 2016
Swisscom-Mediensprecher Armin Schädeli bestätigt: «Wir sind mit Netflix nach wie vor in Verhandlungen und haben eine vorübergehende Lösung gefunden.
Mit Netflix haben wir vereinbart, dass wir zur Art und Weise der provisorischen Lösung keine näheren Angaben machen.»
Kurz darauf präzisiert der Unternehmenssprecher: «In der Zwischenzeit konnte Swisscom in Zusammenarbeit mit Netflix eine Lösung im Sinne der Kunden finden – der Dienst steht im Swisscom-Netz wieder uneingeschränkt zur Verfügung. Die Lösung funktioniert bisher gut. Swisscom und Netflix warten aber noch die Datenspitzenlast heute Abend ab, bevor die Stabilität der Lösung endgültig bestätigt werden kann.»
Der Grund, warum die Swisscom nichts zu den Vertragsdetails sagt, liegt laut «Computerworld» auf der Hand: Wenn das Peering gratis laufe, dürfte die Swisscom bald weitere Probleme erhalten, denn andere Inhalte-Anbieter würden nun dieselben Rechte verlangen.
Unser Bericht über die Netflix-Probleme bei Swisscom-Kunden hat starke Reaktionen und viele Fragen ausgelöst. Am Vormittag schickten wir darum der Swisscom-Medienstelle einen neuen Fragenkatalog. Weil es darin einige spannende Informationen hat, geben wir die Antworten trotz der kurzfristig bekanntgewordenen Lösung wieder.
Armin Schädeli: «Dies können wir direkt weder nachvollziehen noch bestätigen. Falls die Leistung auf mobilen Endgeräten tatsächlich besser ist, könnte dies auf einen der folgenden Umstände zurückzuführen sein:
Wichtig: Das Festnetz wie auch Mobilnetz werden hinsichtlich Datentransport gleich behandelt.»
«Sunrise verfügt über eine eigene Basisinfrastruktur, in der sie z.B. mit Netflix peeren oder Caching-Server betreiben kann.»
«Es handelt sich hierbei um einen so genannten zweiseitigen Markt. Beispiel: Ein Zeitungsverlag verlangt vom Leser einen Betrag für die Zeitung und gleichzeitig Geld von den Werbetreibenden, um Anzeigen in der Zeitung zu platzieren. Mit den Beiträgen der Leser und der Werbetreibenden finanziert der Verlag die Produktion der Zeitung. Würde die Zeitung bloss die Leser zur Kasse bitten, wären die Zeitungspreise viel höher. Ganz ähnlich hier: Die Netzzusammenschaltung – gleich ob Peering oder Transit – war immer kostenpflichtig; gleichzeitig hat der Endnutzer einen Preis für den Internetzugang entrichtet. Aus beiden Beiträgen finanziert Swisscom ihr Netz.»
«Nein, das ist nicht richtig. Es ist an Netflix, genügend Datenübertragungs-Kapazität bis zum Übergabepunkt der Daten ins Swisscom Netz vorzusehen. Vom Übergabepunkt bis zu den Kunden gibt es ausreichend Kapazität. Der Engpass ist nicht bei Swisscom.»
«Das ist ein international übliches Verhältnis. Die Interkonnektion ist grundsätzlich entgeltpflichtig. Swisscom verzichtet indessen auf die Verrechnung, sofern sie selber in ähnlich grossem Ausmass Daten ins Netz des Interkonnektions-Partners schickt und zusätzliche Kriterien erfüllt sind. Swisscom ist bereit, ein Verhältnis von 2 zu 1 zu ihren Ungunsten zu akzeptieren, d.h. bis zu diesem Verhältnis auf die Verrechnung eines Entgelts für den Datenverkehr zu verzichten. Die Anforderungen sind im internationalen Vergleich sehr ähnlich (Telefonica 1:3; France Télécom 1:2.5). Bei grösseren Asymmetrien im Datenverkehr werden indes Entgelte fällig. Diese Verträge beruhen selbstverständlich auf Gegenseitigkeit, d.h. Swisscom leistet ein Entgelt, wenn sie mehr als doppelt so viele Daten ins Netz des Peering-Partners schickt wie dieser Partner ins Netz von Swisscom.»
«Diese Diskussion betrifft die Netzzusammenschaltung (IP-Interkonnektion) und hat nichts mit Netzneutralität zu tun. Bei der Netzzusammenschaltung werden alle Daten, welche durch die zusammengeschalteten Netze fliessen, genau gleich behandelt, also strikt neutral. Die Peering-Politik der Swisscom ist nichts Aussergewöhnliches, sondern international üblich. Swisscom bietet allen Netzbetreibern Peering zu nicht-diskriminierenden Konditionen an.»
«Wir behandeln Netflix genauso wie jeden anderen Dienste-Anbieter.»
«Leider gibt es für Swisscom keine Möglichkeit, einseitig eine Verbesserung zu erreichen. Netflix und Swisscom arbeiten seit gestern gemeinsam mit Hochdruck an einer konkreten Lösung. Wir gehen davon aus, dass die Probleme bald gelöst sind und informieren zu gegebener Zeit.»
«Mit Google/YouTube existieren Verträge.»
«Über konkrete Beträge geben wir keine Auskunft.»
Anmerkung: watson hat Netflix bereits am Montag um eine Stellungnahme, respektive Replik auf die Kritik von Swisscom, gebeten. Bis jetzt ist keine offizielle Antwort bei uns eingetroffen.