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Solidar Suisse narrt Schweiz mit angeblichem Barbie-Hack

Solidar Suisse narrt Schweiz mit angeblichem Barbie-Hack

Frohes Schenken? Mit einer ungewöhnlichen Protestaktion weist Solidar Suisse auf «menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken» hin. Im Visier: die meistverkaufte Puppe der Welt.
15.11.2016, 10:0415.11.2016, 12:01
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Nanu, was ist denn da los?

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screenshot: facebook

Der grösste Online-Shop der Schweiz gehackt? Von Barbie?!!!

Wer den via Facebook verbreiteten Link anklickt, wird auf eine Webseite geführt, die wie Galaxus.ch aussieht. Es ist aber galaxus-shop.ch. Dann taucht plötzlich diese «lebendige Barbie» auf ...

Die NGO sammelt online Unterschriften für eine Petition.
Die NGO sammelt online Unterschriften für eine Petition.screenshot: galaxus-shop.ch

Solidar Suisse will mit der angeblichen Hacker-Aktion mitten im Weihnachtsgeschäft auf fragwürdige Produktionsbedingungen in chinesischen Spielzeug-Fabriken hinweisen.

An Weihnachten klingelten in der Spielzeugbranche die Kassen, schreibt die NGO. Verkaufsschlager seien Barbie-Puppen des Konzerns Mattel, die zunehmend auch über Online-Shops wie Amazon und die Migros-Tochterfirma Galaxus vertrieben würden.

«Wie die Barbie-Puppen stammen mehr als die Hälfte aller Spielwaren, die in der Schweiz unter dem Christbaum liegen, aus China und werden dort oft unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt. Dies deckt ein heute veröffentlichter investigativer Bericht von China Labor Watch und Solidar Suisse auf.»
quelle: solidar.ch

Schweizer Online-Händler begrüsst Aktion

Auf Anfrage von watson nimmt die Galaxus-Mediensprecherin Stefanie Hynek wie folgt Stellung:

«Wir begrüssen Aktionen, die sich zum Ziel setzen, Konsumentinnen und Konsumenten über allfällige Missstände aufzuklären. Die globalisierten Produktions- und Transportbedingungen sind sehr komplex und nicht einfach zu durchschauen. Wir setzen auf mündige Konsumenten, die selber für sich entscheiden können, was sie kaufen oder was nicht. Dazu müssen sie gut informiert sein. Wir sehen deshalb keinen Grund, rechtlich gegen eine solche Aktion vorzugehen.»

Und weiter:

«Der Konsument soll die Wahl haben: In unserem Spielwaren-Sortiment befinden sich viele Produkte, die besonders nachhaltig hergestellt werden.»
Stefanie Hynek, Leiterin Unternehmenskommunikation, Galaxus

Mattel hat bislang keine Stellungnahme abgegeben.

Webseite down

Am Dienstagmorgen war die Fake-Galaxus-Website vorübergehend nicht erreichbar.
Am Dienstagmorgen war die Fake-Galaxus-Website vorübergehend nicht erreichbar.screenshot: watson
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Für die Geschenke müssten Arbeiter 11 Stunden täglich am Fliessband schuften und das sieben Tage die Woche, kritisiert Simone Wasmann, Kampagnen-Verantwortliche bei Solidar Suisse. Trotz Überstunden reiche der Lohn nur knapp zum Überleben. Auch die Gesundheit sei gefährdet.

«Die Arbeiterinnen und Arbeiter hantieren oft mit dem giftigen, hochgradig krebserregenden Lösungsmittel Benzol, das in Farben, Klebstoffen und Putzmitteln steckt.»

Auch der Amazon-Online-Shop wurde angeblich gehackt

Wenn man die Webseite aufruft, wird kurz darauf dieser Hinweis eingeblendet.
Wenn man die Webseite aufruft, wird kurz darauf dieser Hinweis eingeblendet.screenshot: amazon-barbie.de

Konzern stehe stellvertretend für die ganze Branche am Pranger

Mit der Petition «Fair Toys» fordert Solidar Suisse laut Medienmitteilung den Spielzeughersteller Mattel auf, Verantwortung für die gesamte Lieferkette zu übernehmen und faire Arbeitsbedingungen zu garantieren. Der Konzern stehe stellvertretend für die ganze Spielwarenindustrie, die in China produziere.

Solidar Suisse richte den Appell zudem an die Vertriebskette und insbesondere an grosse Online-Shops wie Amazon und Galaxus.

«Zusammen mit China Labor Watch fordern wir einen Lohn, der zur Existenzsicherung reicht, unabhängige Kontrollen in den Fabriken und Beschwerdemöglichkeiten für die Arbeitnehmenden.»
Simone Wasmannquelle: solidar.ch

Die gesammelten Unterschriften würden am 15. Dezember Mattel am europäischen Hauptsitz in Amsterdam übergeben.

Gemäss einer repräsentativen Umfrage von Solidar Suisse in der Schweiz sind 80 Prozent der Befragten bereit, für ein Fair-Trade-Label bei Spielwaren mehr zu bezahlen:

«Bessere Arbeitsbedingungen in Chinas Fabriken würden wenig kosten: Bereits bei einer minimalen Erhöhung des Preises um 0,05 Prozent könnte beispielsweise der Fabriklohn verdoppelt werden. Bei einer Barbie von 30 Franken wären das weniger als 2 Rappen.»
Über Solidar Suisse
Solidar Suisse setzt sich gemäss Angaben auf der eigenen Website «für eine sozial, politisch und ökonomisch gerechtere Gesellschaft ein. In Entwicklungs- und Schwellenländern engagieren wir uns für faire Arbeitsbedingungen, für demokratische Mitbestimmung und für die Einhaltung von Menschenrechten. Bei Katastrophen leisten wir zudem humanitäre Hilfe». Mit Kampagnen sensibilisiere man die Schweizer Bevölkerung für die globalen Zusammenhänge von Armut, fairer Arbeit und Konsumverhalten.

Dinge, die sich Mädchen vor 20 Jahren zu Weihnachten gewünscht haben

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Dinge, die sich Mädchen vor 20 Jahren zu Weihnachten gewünscht haben
Ein neues «Polly Pocket». Man hatte ja erst fünf.
(bild: imgur)
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7 Kommentare
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Wilhelm Dingo
15.11.2016 10:33registriert Dezember 2014
Schweinereien, welche bei uns verboten sind, importieren wir massenhaft. Die allermeisten Industrieprodukte oder deren Rohstoffe inklusive unser Öl und Gas werden meist unter erbärmlichen Bedingungen produziert. Erbärmlich für die Menschen und die Umwelt.
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