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Fans und YouTuber bei den Videodays 2015: Das Leben ist ein Selfie

YouTube-Star Herr Bergmann unter Dauerbelagerung: Die Flut an Teenies, die nach Autogrammen oder einem Selfie mit den Video-Enter fragen oder einfach den Let's-Player umarmen wollen, reisst nicht ab.& ...
YouTube-Star Herr Bergmann unter Dauerbelagerung: Die Flut an Teenies, die nach Autogrammen oder einem Selfie mit den Video-Enter fragen oder einfach den Let's-Player umarmen wollen, reisst nicht ab. olaf kunz

Fans und YouTuber bei den Videodays 2015: Das Leben ist ein Selfie

Kreischen, anfassen und knipsen: Auf den Videodays in Berlin stellen sich Internetstars wie Y-Titty oder Shirin David ihren Fans. Bizarre Funkmeldungen vom fernen Planeten YouTube.
02.05.2015, 20:3104.05.2015, 12:05
Daniel Kastner
Mehr «Digital»
Ein Artikel von
Spiegel Online

Das Kreischen ist schon draussen zu hören. Wahrscheinlich hat gerade einer von den Y-Titty-Jungs der Autogrammschlange zugewinkt. Dann winken jedes Mal dutzende Teenies dem YouTube-Star zurück, recken Hälse und Smartphones und kreischen.

Es sind Videodays – nach Angaben der Organisatoren das grösste Fantreffen der deutschsprachigen YouTuber. Unter Minderjährigen lösen solche Treffen einen Wallfahrtstrieb aus. Ein paar Tausend sind zur zweitägigen Veranstaltung in die «Arena» gepilgert, eine riesige Backsteinhalle in Berlin-Treptow, am Ufer der Spree.

Sie kommen für Pietsmiet und iBlali, Joyce und Paluten, Shirin David und AlexiBexi und 130 weitere YouTuber. Manche von denen machen Comedy, manche preisen ihre neuen, spottbillig erstandenen Oberteile oder Lippenstifte an, manche lassen sich beim Computerspielen zugucken und manche quatschen einfach nur in die Kamera.

Diese YouTube-Stars stehen bei den Besuchern der Videodays am höchsten im Kurs:

Und einige von ihnen haben Millionen Fans. Allein der Kanal der Comedytruppe Y-Titty bringt es auf über drei Millionen Abonnenten und fast 700 Millionen Zugriffe. Trotzdem kann von einem Massenansturm keine Rede sein. Die Mädchen und Jungen stellen sich artig in die Schlangen, die Jüngsten in Begleitung ihrer Eltern, sie respektieren jedes Flatterband, lassen sich via Megafon von Ordnern anherrschen.

Bitte anstellen zum Heulen!

Bei Y-Titty muss es dann ganz schnell gehen: ein Autogramm ins Poesiealbum, aufs T-Shirt oder Skateboard, ein Arm um die Schulter, ein Selfie – schon scheucht ein Ordner die Fans weiter. Viele bekommen nur Autogramme von YouTubern, die sie gar nicht so toll finden. Denn die Fans wurden am Eingang mit grünen Zetteln auf die Schlangen verteilt – nach dem Zufallsprinzip.

Auch sehr beliebt: Hugs mit den Youtube-Idolen, so wie hier Kev.
Auch sehr beliebt: Hugs mit den Youtube-Idolen, so wie hier Kev.Olaf Kunz

Nicht nur einmal fliessen Tränen. Da hilft nur lauern.

Marvin aus Berlin und sein Kumpel Fabian aus Brandenburg, beide 15, haben vor dem Presseeingang Stellung bezogen. Ihre Zahnspangen funkeln in der Sonne, Fabian zeigt stolz sein Mousepad mit zehn Unterschriften drauf: Mr Trashpack, darkviktory, AlexiBexi und mehrere Namen, die der Reporter nicht versteht.

Marvin und Fabian warten auf Paluten, der einen LetsPlay-Kanal auf YouTube betreibt. Ein LetsPlay funktioniert so: Der YouTuber zockt ein Computerspiel und kommentiert es – mal allein, mal mit einem Mitspieler. Der Zuschauer sieht, was im Spiel passiert, den Kommentator dagegen nicht unbedingt.

«Sturmwaffel» im Interview mit dem watson-Team.
«Sturmwaffel» im Interview mit dem watson-Team.olaf kunz

«Es macht Spass, wie die Leute ihr Spiel kommentieren», sagt Marvin, «zum Beispiel, wenn sie etwas gut hinkriegen und sich extrem freuen.» Und Fabian ergänzt: «Wenn man so zuguckt, hat man auch gleich Lust, selber zu spielen.»

Herrlich, Hibiskus-Shampoo!

Luka und Anna-Lena aus Rostock sind zu Shirin David gegangen. Die hat auf Lukas Handyhülle unterschrieben. Shirin macht «Haul»-Videos, nach dem englischen Wort für «Beute». Darin sitzt sie auf ihrem Bett, packt Einkaufstüten aus, hält Klamotten in die Kamera und liest den Kassenzettel vor. Luka hat das auch ein paarmal gemacht und auf ihrem eigenen Kanal xluka zum Beispiel Hibiskus-Shampoo von Rossmann vorgestellt. «Ich finde ja, du solltest mehr Comedy machen», sagt Anna-Lena.

Luka hat aktuell 278 Abonnenten. Shirin 855'000.

Bei Facebook sind Luka und Anna-Lena nicht, Luka benutzt aber Twitter. «Da bekommt man alles mit – wo die Leute sind, was sie machen und mit wem», sagt sie. «Ich weiss nicht, was an Twitter so toll ist», hält Anna-Lena dagegen.

Einige YouTuber haben sich inzwischen auf eine Dachterrasse geflüchtet und schauen auf ihre Fans hinunter. Die werfen ihnen T-Shirts hoch, um doch noch Autogramme zu bekommen. Das auffälligste Wesen hier draussen ist Sandra, 15 Jahre alt. Sandra trägt weisse Haare bis über die Hüfte, dazu ein paar Hundeohren und eine Art Rüstung, Sandra ist Cosplayerin, dem Anime «Inu Yasha» entsprungen und verkörpert die gleichnamige Hauptfigur. Mit den YouTubern hat ihr Aufzug gar nichts zu tun, sie geht bloss gern in vollem Ornat zu solchen Veranstaltungen.

Trotzdem will sie ein paar Autogramme ergattern. «Wir sind gerade auf der Suche nach Zeo», erzählt Sandra. Sie verbringt die meiste Zeit im Internet auf YouNow, «weil da auch ein paar Kumpels von mir online sind». YouNow ist wie Youtube, nur live. Jugendliche halten ihr Gesicht in die Kamera und plappern drauflos, ein endloses Selfie.

Jetzt auf

Aus Zuschauersicht ist das alles erlaubt, verboten ist nur das Streben nach «Fame». Beliebt und glaubwürdig bei den Fans sind solche YouTuber, die unbeabsichtigt zu Ruhm gestolpert sind. Die einfach nur Quatsch machen wollten vor der Cam oder herumzeigen, was sie geshoppt haben. Das sind die Guten. Die Bösen betreiben dagegen einen Kanal, um gezielt berühmt zu werden.

Da ist Zeo. «Zeo!» Sandra alias Inu Yasha stürmt auf ihn los, der weiss nicht recht, wie ihm geschieht. Er lässt sich umarmen, gibt ein Autogramm, lässt sich umarmen. Strahlend kommt sie zurück. «Ich werde heute Nacht nicht schlafen können!», sagt Inu Yasha und wirft ihr weisses Haar zurück.

Und so klingt es, wenn sich die YouTube-Stars in «Zwitschertütsch» probieren:

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