Filmfestival Locarno
Film

Bei C essen Sie am besten, G und H könnte man verkuppeln, unter J finden Sie Fussball, W ist wichtig ...

Glamour pur! Bis 1971 fanden die Open-Air-Vorstellungen nicht auf der Piazza Grande, sondern im Park des Grand Hotels von Locarno statt. 
Glamour pur! Bis 1971 fanden die Open-Air-Vorstellungen nicht auf der Piazza Grande, sondern im Park des Grand Hotels von Locarno statt. Bild: keystone/ bearbeitung sme
ABC zum Filmfestival Locarno

Bei C essen Sie am besten, G und H könnte man verkuppeln, unter J finden Sie Fussball, W ist wichtig ...

... und ab Mittwoch liegt Hollywood im Tessin!
05.08.2014, 06:3814.08.2014, 10:43
No Components found for watson.skyscraper.
Simone Meier
Folge mir
Mehr «Filmfestival Locarno»

A: Ascona. Hier beginnt Locarno so richtig. Hier sind die besten Hotels. Hier kochen die besten Köche. Da ist der berühmte (und berühmt teure) Zwei-Sterne-Koch Rolf Fliegauf im Hotel «Giardino». Oder TV-Koch Ivo Adam mit seiner (nicht wirklich preiswerten, aber guten) «Seven»-Kette. Da gibt es aber auch traditionelle Perlen wie das «Antico Ristorante Borromeo» mit dem schönsten Garten weit und breit, Asconas ewiger Wert, das «Grotto Baldoria», und die «Hosteria San Pietro» mit ihrem schönen Hof. 

B: Binoche, Juliette. Sie ist Französin, sie ist wunderschön, sie ist ein Weltstar. Was will man mehr? Für «The English Patient» hat sie 1997 einen Oscar gewonnen, soeben war sie in «Godzilla» zu sehen, sie ist die Bezauberung höchstselbst. «Clouds of Sils Maria» (am 15. August auf der Piazza Grande inklusive der Verleihung eines Excellence Award) ist leider so weit von einem Meisterwerk entfernt wie der Mond von der Sonne. Aber ein Film, der Madame Binoche nach Locarno bringt, hat seinen Daseinszweck erfüllt.

C: Cannero. Wollte ich Ihnen als den vollkommensten aller Geheimtipps präsentieren, aber jetzt hat doch das «Migros-Magazin» der letzten Woche eine Doppelseite darüber geschrieben! Trotzdem: Sollte Ihnen nach einem Ausflug in ein bezauberndes Stück Italien zu Mute sein, so fahren Sie mit Auto, Schiff (10 Uhr ab Locarno, zurück geht's hier) oder Bus (ab Brissago) nach Cannero und gehen Sie ins «Il Cortile» zum exilierten Bündner Arno Sgier essen. In den acht Jahren, in denen ich Herrn Sgier kenne, hatte er immer die besten und innovativsten Köche der Gegend engagiert, und der aktuelle ist unter diesen der allerbeste.

Une belle femme française: Juliette Binoche.
Une belle femme française: Juliette Binoche.Bild: getty/ bearbeitung sme

D: Dolci. Es gibt im Tessin hervorragende Pasticcerie, und wenn Sie vom Gott des Genusses nicht zu einer gluten- oder kalorienfreien Diät verdammt sind, sollten Sie gar nicht erst versuchen, ihnen auszuweichen. Die Pasticceria Fontana in Locarno. All die Ableger des Luganeser al Porto in Ascona und Locarno. Und, und, und! Auf italienische Art – viel Teig, viel Süss, viel Luft – vollkommen.

E: Eleganz. Im Gegensatz zu Cannes oder Venedig kein Muss. In Locarno werden auch Ex-Missen zu entspannten Flip-Flop-Trägerinnen, was enorm zum Charme des Festivals beiträgt.

F: Farrow, Mia. Sie gehört mit Yoko Ono, Cher oder Joyce Carol Oates zu Amerikas Twitter-Damen-Avantgarde jenseits der 65 und nimmt so kritisch und eifrig am Weltgeschehen teil, als wär sie eine professionelle Politikerin. Ihr Werk: «Rosemary's Baby», «The Great Gatsby» und unzählige Woody-Allen-Hauptrollen. Ihre Schwachstelle: Ex-Mann Woody Allen. Da wird ihr Twitter-Account ganz schnell zum Höllenfeuer der Vorwürfe, von denen bis jetzt noch keiner bestätigt wurde. Ihr Grund, nach Locarno zu kommen: Sie erhält am 8. August um 21.30 Uhr auf der Piazza Grande den Leopard Club Award. 

G: Griffith, Melanie. Sie erhält in Locarno keinen Award, sondern ist ganz bescheiden als Stargast da. Mittwochnacht wird sie auf der grossen Moët & Chandon-Party auftreten und hoffentlich etwas zu ihrer Tochter, der Hauptdarstellerin von «Fifty Shades of Grey», sagen. Am 7. August ist um 14 Uhr im La Sala ihr Kurzfilm «Thirst» zu sehen. Sie spielt darin eine verwelkende Bar-Beauty, die einen depressiven Mann vom Selbstmord abbringt.

Unser liebstes «Working Girl»: Melanie Griffith.
Unser liebstes «Working Girl»: Melanie Griffith.Bild: getty/ bearbeitung sme
No Components found for watson.skyscraper.

H: Hauer, Rutger. Der Kult-Holländer, der einst in «Blade Runner» als blonder Androiden-Engel die heterosexuellen Damen und homosexuellen Herren millionenfach in Ohnmacht fallen liess, ist in Locarno Jurypräsident der Sektion Pardi di domani. Ja, das ist die Sektion, wo «Thirst» läuft. Und wer weiss, Melanie Griffith ist nach der Scheidung von Antonia Banderas ja wieder Single... Wer weiss!

I: Italienisch. Kann man können, muss man aber nicht.

J: Juventus Turin. Okay, Sie werden hier keinen vergleichbaren Fussball sehen können, aber anders ist auch unterhaltsam. Filmkritiker gegen Filmbranche heisst der Match am 7. August um 17.30 Uhr im Stadio Lido von Locarno. Es werden dort alle gegenseitigen Aggressionen auf dem Rasen bereinigt.

K: Kalorien. Haben Sie wegen A, C, D und M Bedenken und nehmen nicht an J teil, so schwimmen Sie in L und fahren Sie viel V! 

L: Lago Maggiore. Für mich der See der Seen. Mit Stränden, Palmen und diesen üppigen, dunkelgrünen Hügeln, die ihm eine dunkle Verwunschenheit verleihen. Auf Schweizer Seite leider nicht gerade architektonisch verschönert, aber wenigstens liefert Ascona mit seinem Monte Verità und Brissago mit seiner Insel des Zigarrenbarons ein verschrobenes Stück Kultur- und Industriegeschichte. Die italienischen Ufer sind vom Bausündenfall weitgehend verschont geblieben und von einer hinreissenden italienischen Normalität (ausser die Touristenfalle Cannobio!).

Der androide Engel von einst: Rutger Hauer.
Der androide Engel von einst: Rutger Hauer.Bild: keystone/ bearbeitung sme

M: Manor. Sie wollen lokale Delikatessen nach Hause bringen? Machen Sie sich keine Mühe mit der Suche nach exklusiven, überteuerten kleinen Läden und meiden Sie die winzige Lebensmittelabteilung im Globus, wo Sie oft vor abgelaufenen Produkten stehen. Zwischen Locarno und Ascona gibt es eine grosse Manor-Filiale, deren perfekt sortierte Lebensmittelabteilung alles bietet, vom Öl über die Polenta bis zu Salami und Wein.

N: Natter. Lebt wie die Viper gerne im Tessin. Auf der Piazza Grande wurde bis jetzt aber noch keine gesichtet, es sei denn, es handelt sich um die gemeingefährliche Tratsch-Natter.

O: Orselina. Selbst die faulsten Festivalbesucher tun es irgendwann und klettern den Berg hoch zur prächtigen Wallfahrtskirche Madonna del Sasso in Orselina. Die allerfaulsten fahren mit dem Funiculare hoch. Restlos alle fahren jedoch von Orselina aus mit der von Mario Botta designten Seilbahn (Kabinen, Tal- und Bergstation) hoch nach Cardada: Die über dem Abgrund schwebende Aussichtsplattform hätte bestens in Hitchcocks «Vertigo» gepasst.

P: Polanski, Roman. Er hat den Holocaust überlebt. Und die Ermordung seiner schwangeren Ehefrau Sharon Tate durch die Manson Family. Er hat seine Gefängnisstrafe für Sex mit einer Minderjährigen ordnungsgemäss abgesessen und ist trotzdem weiter verfolgt und 2009 am Zurich Film Festival erneut verhaftet worden Dass er seine abgeklärte Heiterkeit, seinen Schaffensdrang und besonders seine Liebe zur Schweiz über alle dem nicht verloren hat, muss man bewundern. Obwohl ihn die Tessiner SVP und CVP wieder ausladen wollen, wird er am 14. August zusammen mit seiner Gattin Emmanuelle Seigner um 21.30 Uhr über ihren Film «La Vénus à la fourrure» sprechen und natürlich einen Award entgegen nehmen.

Grande Dame der Twitterati: Mia Farrow.
Grande Dame der Twitterati: Mia Farrow.bild: getty/ bearbeitung sme
No Components found for watson.skyscraper.

Q: Queer. Zwei Einträge fanden sich zu Locarno in den Queer-Reiseführern dieser Welt. Die Max Way Bar, die nicht mehr existiert. Und die Casa Soledaria in Cavigliano. Kennen wir nicht, scheint aber nicht falsch zu sein.

R: Regen. Wenn das Tessin seine beste Eigenschaft als Sonnenstube vergisst, ist leider gar nichts mehr zu wollen. Und zwar tagelang. Der einzige Rat: Immer trockene Kleider mitnehmen, lieber ein Jäckchen zuviel als zuwenig, erkältet in den kühlen Kinos zu sitzen, verleidet einem sonst jeden Rest von Festivalfreude.

S: Schwartzman, Jason. Was soll man sagen? Ein sensibler Schnüggel! Er ist der Neffe von Francis Ford Coppola und entsprechend der Cousin von Sofia Coppola, für die er in «Marie Antoinette» den französischen König spielte, der zum Regieren zu weich war. Sonst ist er der grossäugige Beau aus fast allen Wes-Anderson-Filmen. In Locarno präsentiert er am 12. August um 16.30 Uhr im Kino Fevi im Wettbewerbsbeitrag «Listen Up Philipp» (ein Schriftsteller hat Probleme) und stellt sich anschliessend im Spazio Cinema beim Fevi dem Publikum.

T: Thermalbad. Sollte das Wetter so unerträglich werden, dass jeder Kinosaal von einer Dampfwolke aus feuchten Kleidern und anderem vergiftet ist, dann suchen Sie einfach die schöne Seite von Nass. Zum Beispiel im riesigen Termali Salini & Spa von Locarno. Seit Sommer 2013 ist es vollumfänglich in Betrieb, und mit einem Festivaleintritt erhalten sie 20 Prozent Rabatt.

Ein Sprössling des Coppola-Clan: Jason Schwartzman.
Ein Sprössling des Coppola-Clan: Jason Schwartzman.Bild: getty/ bearbeitung sme

U: Unfassbar. Die Geschichte des Grand-Hotel ist unfassbar traurig. Bis 2008 war es das glamouröse, dekadente Herz der Festivalnächte, da waren alle, da war Alkohol, da waren Drogen und Amouren, und dazu duftete der riesigste Rosmarinbusch des ganzen Tessins. Filmstars sprangen betrunken in den Pool, und Starregisseure landeten in Privathelikoptern auf dem Rasen. Das war einmal. Seither ist es eine Spekulationsruine, und die Festivalnächte haben ihren einstigen Glanz nicht mehr wiedergefunden.

V: Velo. Kommen Sie bloss nicht auf die spontane Idee, ein Velo mieten zu wollen! Es gibt dann nämlich keine mehr! Nirgendwo! Und schon gar nicht am Wochenende! Nehmen Sie Ihres mit oder lassen Sie es am Tag vor Ihrer Abreise von der SBB an den Bahnhof Locarno transportieren, es lohnt sich. Taxis gibt es im Fall auch fast keine. Sowieso und ganz besonders während des Festivals.

W: Weitersagen. Vielleicht ist dies die wichtigste Veranstaltung des Filmfestivals. Weil es gut sein kann, dass sie die meisten Konsequenzen und hat und die bedeutendsten Denkanstösse vermittelt. Junge Schweizer Filmemacher haben sich nämlich zum Swiss Fiction Movement versammelt. Am 7. August um 15 Uhr reden sie in der Magnolia Bar am Rand der Piazza über die Schweiz, das Geld, die Kreativität.

Das grosse, tragische Genie: Roman Polanski.
Das grosse, tragische Genie: Roman Polanski.Bild: getty/bearbeitung sme

X: Ex*Rex. Egal, was andere sagen mögen, ich ziehe das alte Kino Rex, das seit ein paar Jahren Ex*Rex heisst, jedem andern Saal vor. Weil es alt ist und als organisches Stück Stadtarchitektur am Rand der Piazza steht und eine Tradition hat als das grosse Retrospektiven-Kino des Festivals. Wer es verlässt, glaubt sich in der engen Gasse hinterrücks in einen der alten Filme zurück katapultiert.  

Y: Yachthafen. Nicht so mondän wie in Saint-Tropez, aber fürs hübsche Apéro absolut ausreichend, und reiche Leute, die mit Champagner flotte Boote besteigen, finden Sie dort zur Genüge. Einfach in Ascona dem Lido entlang, am Golfplatz vorbei in Richtung Delta spazieren.

Z: Zürcher. Unvermeidbar. Ach, Sie sind auch einer?  

P.S. Sollten Sie selbst weitere oder bessere Vorschläge haben, so freuen wir uns über Ihren Input!

Mehr zum Thema

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!