Bern (den). Pascal Barmetter ist froh. Froh, den ganzen Horror hinter sich gelassen zu haben. Froh auch, sein Leben wieder selbst bestimmen zu können. Vor ein paar Monaten war dies noch anders. «Ich war gefangen in den Fängen der Salsa-Templer!», so der 29-jährige Elektroingenieur. Die Sekte aus Kuba tritt seit ein paar Jahren in urbanen Gebieten der Schweiz auf und hat schon unzählige junge Menschen ins Verderben gestürzt. «Ich hatte für Tanzkurse, Veranstaltungen und Getränke tausende Franken ausgegeben», sagt ein immer noch sichtlich mitgenommener Barmetter zum Enthüller.
Sektenexperte Hugo Ast kennt die Sekte und warnt vor der perfiden Masche, mit der die Jünger auf Seelenfang gehen. «Meistens gründen die Salsa-Templer in einer Stadt ein Tanzlokal und beginnen dort Kurse und Partys anzubieten. Dabei rekrutieren sie gezielt hübsche Männer und Frauen, die dann wiederum weitere Menschen in die Sekte holen», so Ast. Vor allem psychisch schwache Personen seien für die Masche der Salsa-Templer empfänglich. «Es wird ihnen das Gefühl einer Gemeinschaft vorgegaukelt. Das mag zu Beginn ja noch stimmen, aber mit der Zeit nimmt der soziale Druck auf die Mitglieder stetig zu. Es kann zu Mobbing und Ausgrenzung Andersdenkender führen», sagt der Experte.
So war es auch beim Sektenaussteiger Barmetter. «Ich hatte mich von meiner Freundin getrennt und fühlte mich sehr alleine. Eine Bekannte hat mich dann an einen Salsa-Abend in der Berner Innenstadt mitgenommen.» Von da an zog die Sekte den jungen Mann in ihren Bann. «Alle waren so unglaublich freundlich und immer gut drauf. Da hat es mich auch nicht gestört, dass ich Salsa-Musik eigentlich gar nicht mag. Ich meine, finden Sie mal die «1», das heisst den richtigen Takt bei dieser Musik.»
Barmetter zog es immer weiter in den Sektensumpf. «Jedes Wochenende ging fürs Tanzen drauf. Wenn ich mal ins Kino gehen oder zuhause bleiben wollte, wurde ich via Telefon terrorisiert. So bin ich dann halt jeweils wieder Tanzen gegangen.» Am Schluss war Barmetter mit den Nerven am Ende. «Ich konnte nicht mehr schlafen. Ständig spürte ich dieses perkussive Hämmern der Salsa-Musik im Ohr. Däng, dä-däng, däng, dä-däng, wie wenn jemand mit einem Schraubenzieher gegen eine Wasserleitung schlägt.»
Erst als Barmetter mitansehen musste, wie der Ehemann einer Salsa-Jüngerin von anderen Templern wegen seiner Salsa-Abstinenz gemobbt wurde, fand er die Kraft, sich bei Hugo Ast zu melden. «Der junge Mann musste einfachste soziale Verhaltensnormen wieder von neuem lernen», so Ast. «Er musste wieder neu verstehen, dass man nicht einfach jede Frau an den Hüften packen und sie an sich ziehen und sich an ihr reiben darf. Wir mussten auch seinen Kleiderschrank vollkommen ausmisten, weil er nur noch enge weisse Hemden und Hosen, welche die Genitalien besonders betonen, besass.»
Nach sechs Monaten Therapie konnte Pascal Barmetter wieder in sein altes Leben zurückkehren. Er hat sich einen Goldfisch gekauft und ist wieder zu seinen Eltern gezogen. «Aus der Geschichte habe ich meine Lehren gezogen und werde mich zukünftig von suspekten Organisationen fern halten. Ich habe auch eine spannende Frau kennengelernt. Sie ist bei einem Verein Namens Scientology dabei. Wer weiss, vielleicht schaue ich dort mal rein. Hört sich nach einem Haufen netter Typen an.»