Liebe Nadine
Ja sicher verstehe ich das. Nur zu gut! Das würde mir nicht anders einfahren als Ihnen. Ich wäre nicht nur eifersüchtig, sondern auch noch verletzt. Denn ich finde das von Ihnen beschriebene Verhalten tatsächlich verletzend.
Der Mix, von über andere Frauen schwärmen und Ihnen keine echten Komplimente machen (denn das von Ihnen genannte Beispiel ist nicht wirklich ein Kompliment, sondern eher eine mässig getarnte Beleidigung, in der Fachsprache der gewaltfreien Kommunikation würde man von einem Wolf im Schafspelz reden), ist ein ganz schlechter.
Weil es nicht nur die anderen Frauen überhöht, sondern Sie gleichzeitig kleiner macht. Etwas anderes wäre es, wenn er Ihre Vorzüge auch im gleichen Stil betonen würde. Aber auch das wäre in meinen Augen tendenziös. Weil es ein ewiger Vergleich ist, dem sich keine Frau aussetzen sollte. Indem Ihr Freund dieses «Bewertungssystem» laufen lässt, zeigt er Ihnen immer wieder, wo der Hammer hängt. Es ist eigentlich eine Machtdemonstration, die meiner Meinung nach fast nur auf Unsicherheit basieren kann. Ein Mann, der genügend Selbstsicherheit besitzt und halbwegs bei sich ist, hat dieses doofe Game nämlich nicht nötig. Eigene Unsicherheit bedarf aber der immerwährenden Bestätigung von aussen. Ihr Freund praktiziert dies, indem er Ihnen immerfort signalisiert, dass es auch noch andere spannende Frauen auf dem Markt gibt. Ihre Unsicherheit soll seine wie ein Feigenblatt kaschieren. Nice try.
Aber Sie haben vermutlich recht, wenn Sie sagen, dass er es abstreiten würde. Das kann ich mir auch gut vorstellen. Man wird als Frau schnell mal als missgünstige Zicke hingestellt, die es nicht ertragen kann, dass es noch andere schöne Frauen auf der Welt gibt. Trotzdem sollten Sie das Gespräch mit ihm suchen und ihm erklären, was sein Verhalten mit Ihnen macht. Entweder war es ihm absolut nicht bewusst (ja, es gibt schampar viele unreflektierte Erwachsene da draussen), oder er tut es aus oben erwähnten Gründen. Das merken Sie schnell. Wenn die Einsicht für ihn neu ist, wird er Verständnis aufbringen. Wenn nicht, wird er alles von sich weisen (natürlich mit Entrüstung!) und Sie weiterhin als eifersüchtig abstempeln.
Dieser Mechano sieht man in sehr vielen Paarbeziehungen. Der eine schürt die Eifersucht, um den anderen aus der Reserve zu locken und zu Taten zu motivieren, die ihm Oberwasser geben. Gleichzeitig wird die elizitierte Eifersucht als anstrengend bezeichnet und beklagt. Aber wehe, sie wird nicht mehr entgegengebracht! Dann ist die vermeintliche Balance im Eimer. Eifersucht ist immer eine prima Sache für den, der sie auslöst. Es stellt ihn über den, der sie empfindet. Das ist ein Machtgefälle, das viele Menschen in ihrer Beziehung suchen und finden.
Wenn das geführte Gespräch nichts bringt, haben Sie genau zwei Möglichkeiten. Sie können die Eifersucht verweigern (das klingt jetzt seltsam, ist aber höchst wirksam), oder Sie können Ihren Freund mit seinen Waffen schlagen. Äussern Sie sich ruhig mal über die steile Karriere seines Freundes oder die grosse Wohnung Ihres humorvollen Kollegen. Männer sind auf der Aussehensebene weniger angreifbar, als wir Frauen. Für sie ist Karriere, Geld, Schwanzlänge und die Anzahl PS wichtiger. Alles Dinge, über die wir Frauen auch mal lobend sprechen könnten, oder? Seien Sie doch auch mal der Wolf im Schafspelz und sagen sie, wie es Sie ärgert, dass es immer wieder Frauen gibt, die behaupten, dass Männer mit schnellen Autos kleine Penisse zu kompensieren haben. Das wird Ihren Freund so lange in Verzückung versetzen, bis Sie das Thema mit dem Satz abschliessen, dass ein Ex aus Ihrer Vergangenheit fast schon schmerzhaft gut gebaut war und trotzdem einen aufgetunten Porsche gefahren ist.
Schmerzlernen nennt man das. Effizient wie fast gar nichts. Alles Liebe und Gute! Ihre Kafi.