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Liebe Kafi. Meine Grosseltern bedeuten mir sehr viel. Es beeindruckt mich immer wieder, wie aufgeschlossen und interessiert sie (geblieben) sind. 

Wenn eine Frage das Innerste berührt, fühlt es sich an, wie wenn der Wind zärtlich durch mein Gemüt fährt.
Wenn eine Frage das Innerste berührt, fühlt es sich an, wie wenn der Wind zärtlich durch mein Gemüt fährt.Bild: Kafi Freitag
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Liebe Kafi. Meine Grosseltern bedeuten mir sehr viel. Es beeindruckt mich immer wieder, wie aufgeschlossen und interessiert sie (geblieben) sind. 

19.12.2014, 11:3820.12.2014, 11:14

Körperlich geht es ihnen – dem Alter entsprechend – auch ganz gut, trotzdem wurde mir in letzter Zeit immer bewusster, dass sie wohl nicht mehr ewig leben werden. Nebst dem, dass mich dies traurig macht, beschäftigt mich vermehrt die Frage, was ich sie (noch) fragen kann, damit ich möglichst viel von ihnen und ihrem Leben erfahren und lernen kann. Knapp 100 Jahre Weltgeschichte! So viele Erfahrungen, so viele Veränderungen. Sie sind sehr bescheiden und können sich jeweils nicht vorstellen, dass mich ihr Leben oder ihre Ansichten interessieren. Drum sind konkrete Fragen wichtig. Aber jedes Mal habe ich das Gefühl, dass mir die wirklich relevanten Fragen nicht in den Sinn kommen. Am liebsten hätte ich einen Katalog für die mündliche oder schriftliche «Befragung». Deshalb richte ich mich an Sie: Welche Fragen würden Sie stellen? Oder gibt es evtl. so etwas wie einen Leitfaden (Ich denke z. B. an etwas wie Susanna Schwagers «Frauen bzw. Männer über achtzig erzählen»)? Für Inputs danke ich herzlich. Nora, 29

Kafi Freitag
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Liebe Nora 

Ihre Frage hat mich sehr gerührt und es ist eine der zärtlichsten und schönsten, die ich je erhalten habe. Darum erst einmal: danke dafür.

Wenn ich auch gänzlich ohne Grosseltern aufgewachsen bin, so weiss ich doch haargenau, was in Ihnen vorgeht. Mit einem Vater, der bei meiner Geburt bereits 42 Jahre alt war, ist mir diese Thematik sehr vertraut. Darum habe ich mir die letzten Tage überlegt, was ich Ihnen genau antworten könnte. Ich verstehe, dass Sie den Wunsch nach konkreten Fragen haben, speziell wenn die Grosseltern von Natur aus zu bescheiden sind, von sich und ihrem Leben zu erzählen.

Dennoch befremdet mich der Gedanke an eine «Fragenliste» etwas, denn es dürfte etwas gar hölzern daherkommen, wenn Sie mit vorgefertigten Fragen kommen, die sich weder nach der Situation noch Ihrer Intuition richten. Und genau darauf würde ich setzen: Ihre Intuition.

Führen Sie mit Ihren Grosseltern Gespräche, anstatt Ihnen nur mit Fragen zu begegnen. Erzählen Sie aus Ihrem Leben und über die Themen, die Sie gerade umtreiben. Und fragen Sie dann die beiden, wie Sie gehandelt oder gefühlt hätten, in der gleichen Situation. So bekommen Ihre Grosseltern das Vertrauen, dass Ihnen ihre Meinung wichtig ist und sie werden sich sehr darüber freuen, dass Sie die beiden in Ihr Leben einladen.

Ich denke, dass es wichtiger ist, dass Sie die Gefühlswelt Ihrer Grosseltern ein bisschen kennenlernen, als eine geschichtliche Aufarbeitung der letzten 100 Jahre es ist. Holen Sie die Menschen darum dort ab, indem Sie sich auf dieser Ebene mitteilen. Das ist eine Verbindung von Herz zu Herz und wird Ihnen das Kennenlernen Ihrer Grosseltern vermutlich einfacher machen.

Wenn Sie trotzdem lieber eine Stütze in Form einer Fragenliste haben möchten, so lege ich Ihnen die Bücher «Alles über mich» oder «Alles über uns» von Philipp Keel ans Herz. Denn ganz egal, wie Sie es angehen werden, es ist eine wirklich grosse Liebeserklärung an ihre Grosseltern, dass Sie es tun. Und da ist das Wie absolut zweitrangig und nebensächlich.

Mir haben Sie mit Ihrer Frage gerade sehr viel geschenkt und ich hoffe sehr, dass Ihnen meine Antwort auch etwas mit auf den Weg gibt. Sie sind eine wunderbare Person, liebe Nora. Und ich wünschte mir, dass ich in vielen Jahren einmal auch mit einer Enkelin oder einem Enkel beschenkt bin, der sich solche Gedanken um mich macht.

Alles Liebe Ihnen. Von Herzen. Ihre Kafi.

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Kafi Freitag (39) beantwortet auf ihrem Blog www.FragFrauFreitag.ch Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.ch.



Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (www.FreitagCoaching.ch) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie ist verheiratet und Mutter eines zehnjährigen Sohnes.



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