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Social Media für Firmen: Ein falscher Klick ruiniert das Image

Social Media für Firmen: Ein falscher Klick ruiniert das Image

Immer mehr Schweizer Unternehmen setzen auf Facebook & Co. Hier lauern jedoch erhebliche Gefahren. Eine Umfrage zeigt, wie damit umgegangen wird.
10.04.2015, 07:35
carla stampfli / aargauer zeitung
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Aargauer Zeitung

Sie gehören zum Alltag wie die Tomatensauce zu den Spaghetti: die sozialen Medien. Plattformen wie Facebook, Twitter, Youtube oder LinkedIn sind nicht nur bei Einzelpersonen beliebt, auch Unternehmen finden zunehmend Gefallen daran. Das zeigt eine Umfrage der «Nordwestschweiz» bei den 41 grössten und bekanntesten Schweizer Unternehmen. Über die Hälfte posten und zwitschern mindestens einmal pro Woche auf Facebook und Twitter, jedes fünfte Unternehmen tut dies täglich. Nicht ohne Grund: «Ist eine Firma nicht auf Social-Media-Kanälen präsent, verpasst sie die Gelegenheit, dort einen ersten positiven Eindruck zu hinterlassen», sagt Social-Media-Experte David Schäfer im Interview. 

Shitstorm: Nestlé und der Fall Kitkat
Auf den Nahrungsmittelkonzern Nestlé prasselte 2010 ein Shitstorm, ein Sturm der Entrüstung, nieder: Auslöser war eine Social-Media-Kampagne der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Diese warf Nestlé vor, für die Produktion des Schokoriegels Kitkat eine grosse Menge Palmöl zu verwenden, das den Regenwald und damit den Lebensraum der Orang-Utans zerstören würde. Greenpeace stellte ein abschreckendes Video auf Youtube: Ein Mann beisst im Büro in einen Kitkat-Riegel. Dabei fliesst ihm Blut aus dem Mund und tropft auf die Tastatur. Der Clip verbreitete sich rasant und löste scharfe Reaktionen gegen den Konzern auf der Nestlé-Facebook-Fanseite aus.

Kitkat-Video von Greenpeace

Doch hinter diesen sozialen Medien – meist wird der englische Begriff «Social Media» verwendet – lauern Gefahren. Diese musste der künftige Chef an der Spitze der Raiffeisen Gruppe, Patrik Gisel, erfahren. Er zeigte sich recht offen: «Verdammter Mist, Skiunfall, direkt ins Gesicht, sehe aus wie eines der Opfer von Wladimir Klitschko», twitterte er. Was in der Gratiszeitung «20 Minuten» hämisch ausgebreitet wurde.

Es muss jedoch nicht immer der Chef schuld sein. Eine unsachgemässe Verwaltung der Plattformen kann sich auch sonst negativ auf das Image eines Unternehmens auswirken. Nicht selten prasselt auf die Firmen ein Shitstorm, ein Sturm der Entrüstung, nieder. Der bekannteste Fall ist hier der Nahrungsmittelkonzern Nestlé mit dem Schokoriegel Kitkat.

Fast alle haben Richtlinien

51,2 Prozent der von der «Nordwestschweiz» angefragten Firmen haben reagiert und ein eigenes Team aufgebaut, das für die Überwachung der sozialen Medien und der Verbreitung von Meldungen zuständig ist. Bei Nestlé sind inzwischen sieben Mitarbeiter im «Digital Team», zwei davon kümmern sich exklusiv um die sozialen Medien. 85 Prozent der angefragten Firmen haben auch eigene SocialMedia-Regeln und Richtlinien für alle entwickelt. «Kennen Mitarbeitende die Spielregeln, dann fühlen sie sich sicherer im Umgang», sagt Manuel P. Nappo von der HWZ, Hochschule für Wirtschaft Zürich. In den schnelllebigen Netzwerken würden Richtlinien sowohl dem Unternehmen als auch der Belegschaft helfen, den Überblick zu bewahren.

So gibt es etwa beim Getränkehersteller Coca-Cola Schweiz klare Regeln, wer sich zum Unternehmen und zu den verschiedenen Produkten in den sozialen Medien äussern soll und kann. Auch der Verpackungssystemanbieter Tetra Pak hat festgelegt, welche Mitarbeiter befugt sind, als Vertreter oder Sprecher des Unternehmens zu agieren. Bei der Migros haben die Richtlinien das Ziel, Mitarbeitende für den Umgang mit diesen Medien zu sensibilisieren. Auch bei Coop sind sie als «freundliche Empfehlung» zu verstehen.

«Richtlinien müssen umsetzbar und für Mitarbeitende einfach zu verstehen sein.»
Manuel P. Nappo, HWZ

Offizielle Genehmigung nötig

Strenger ist das Basler Pharmaunternehmen Roche: Um in dessen Name online offiziell aufzutreten, ist eine Genehmigung durch die zuständigen Kommunikationsverantwortlichen erforderlich. Sollten sich Mitarbeitende hingegen über Roche in den Netzwerken äussern, so müssten diese gemäss Verhaltenskodex der Roche-Gruppe handeln. Beim Energietechnikkonzern ABB existiert ein betriebsinternes Social-Media-Portal, wo allgemeine Informationen zu Facebook und Co. sowie die «Dos und Don’ts» – eine Art «Knigge» also – zu finden sind. «Die Vorgaben sind offen formuliert und dienen als Orientierungshilfe im Umgang mit den sozialen Medien, privat wie beruflich», sagt ABB-Mediensprecher Markus Gamper. Der Energiekonzern Alpiq zähle auf das Verantwortungsbewusstsein seiner Mitarbeitenden, teilt Mediensprecher Andreas Meier mit.

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Richtlinien sollen einfach sein

Denn bei aller Gefahr: Allzu strikte Verbote sind kaum durchsetzbar, meinen die Experten. Für Manuel P. Nappo von der HWZ ist klar, dass die Firmen an den gesunden Menschenverstand appellieren: «Richtlinien müssen daher umsetzbar und für Mitarbeitende einfach zu verstehen sein.»

Eine zentrale Frage bleibt, wie man Privates von Geschäftlichem trennen soll. Die Milchverarbeiterin Emmi hat dies in ihrem Leitfaden festgehalten: Emmi legt Wert darauf, dass Mitarbeitende ihre Identität offenlegen, sofern die veröffentlichten Inhalte die Arbeit betreffen. Falls sie sich als Privatpersonen äussern, sollen sie dies zum eigenen Schutz und zum Schutz von Emmi deutlich machen, etwa mit dem Satz: «Diese Äusserung entspricht meiner persönlichen Meinung.»

Bist du für deinen Arbeitgeber auf Social Media unterwegs?

Dasselbe gilt auch bei der Brauerei Feldschlösschen. Auch hier sollen sich Mitarbeitende als solche zu erkennen geben. Bei Nestlé wird ein spezieller Hashtag, eine Form von Verschlagwortung, vorgeschrieben: Auf Twitter geben sich die Mitarbeitenden mittels «#emp» – aus dem Englischen employee – zu erkennen.

Auch der Baumaschinenhersteller Liebherr verfügt über Richtlinien. «Social Media lebt von der Kommunikation zwischen Menschen», so Mediensprecher Kristian Kueppers. Eine zu strenge Handhabe sei daher ausgeschlossen.

Jetzt auf

Richtlinien sollen Mitarbeitende beraten, vielleicht auch dabei, mögliche Beiträge vor der Veröffentlichung nochmals zu überdenken. Richtlinien seien für Liebherr auch aus rechtlicher Sicht notwendig. Mitarbeitende müssten Antworten haben auf Fragen wie: Darf ich als Mitarbeiter auf eine Problemstellung eines Kunden im Netz reagieren? Geschieht dies im Namen der Marke oder in meinem eigenen Namen? Für diese Fragestellungen sei eine Richtlinie unabdingbar, so der Mediensprecher.

Ganz anders sieht die Situation bei Calida und Bell aus. Das Wäscheunternehmen und der Fleischwarenproduzent haben keine eigenen Richtlinien für Social Media. «Wir vertrauen unseren Mitarbeitern und gehen davon aus, dass sie ihre Verantwortung gegenüber ihrem Arbeitgeber kennen und wahrnehmen», so Andreas Lindemann, Vorsitzender der CalidaGeschäftsleitung.

Es sei ein schönes Zeichen, wenn Unternehmen wie Calida ihren Mitarbeitenden Vertrauen entgegenbringen, sagt Manuel P. Nappo dazu. Dennoch empfehle er den Unternehmen, Social-Media-Richtlinien zu schaffen – unabhängig davon, ob sie auf Plattformen präsent sind. «Mitarbeitende bewegen sich so oder so auf den sozialen Netzwerken.»

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