Fussball
Homosexualität

«Die Schweiz ist reif für den ersten schwulen Profi-Fussballer»

Thomas Hitzlsperger 2009 als deutscher Nationalspieler. Nach dem Ende seiner Karriere outete er sich.
Thomas Hitzlsperger 2009 als deutscher Nationalspieler. Nach dem Ende seiner Karriere outete er sich.Bild: AP

«Die Schweiz ist reif für den ersten schwulen Profi-Fussballer»

25.07.2015, 21:2426.07.2015, 08:33
Benjamin Rosch
Benjamin Rosch
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Homosexualität und Fussball – nicht erst seit dem Outing des ehemaligen deutschen Nationalspielers Thomas Hitzlsperger sorgt dieses Thema für Diskussionsstoff. Im Rahmen seiner aktuellen Fussball-Ausstellung hat das Historische Museum in Basel einen Filmabend dazu veranstaltet. Vor zahlreichen Interessierten trat auch Philipp Grünenfelder auf, Präsident von Queerpass, dem Fanclub für schwule, lesbische, bi- und heterosexuelle FC-Basel-Fans. Im Interview äussert er sich zur Situation in der Schweiz. 

Philipp Grünenfelder, Präsident von Queerpass, dem Fanclub für schwule, lesbische, bi- und heterosexuelle FC-Basel-Fans 
Philipp Grünenfelder, Präsident von Queerpass, dem Fanclub für schwule, lesbische, bi- und heterosexuelle FC-Basel-Fans bild: zvg

Warum sind Fussball und Homophobie so verbunden?
Philipp Grünenfelder: 
Das hat wohl mehrere Gründe. Im Fussball geht es noch oft um ein zugespitztes, fast irreales Bild von Männlichkeit. Darin hat vermeintlich Weibliches, Schwaches kaum Platz. Deshalb fallen auch Sprüche wie «Spiel nicht wie ein Mädchen!», oder «Was für ein schwuler Pass». Das mag nicht immer schwulenfeindlich gemeint sein, löst bei Betroffenen aber trotzdem ungute Gefühle aus. 

Ist das Stadion die letzte Bastion der Homophobie?
Man kann nicht sagen, nur noch der Fussball habe ein Problem mit Homosexualität. Es gibt genug andere Lebensbereiche, die das Thema auch noch mehr tabuisieren als die Gesamtgesellschaft. Zudem ist nie ein ganzes Stadion intolerant. So vielfältig das Fansein zelebriert wird, so unterschiedlich sind die Haltungen gegenüber Schwulen. Das heisst aber nicht, dass es nicht genug Verbesserungspotenzial gebe, gerade im Breitensport. Aber als Fan ist es mir beispielsweise völlig egal, ob ein Spieler schwul ist.

Dennoch outet sich kein Profi-Spieler.
Noch nicht, doch das Coming-out von Thomas Hitzlsperger nach seiner Karriere hat etwas bewegt. Es wird breiter und gerade auch unter Fussballern darüber gesprochen. Auch die Medienpräsenz ist gestiegen. Damit Homophobie irgendwann aus dem Fussball verbannt wird, muss man aber vor allem an der Basis arbeiten, den Jugendlichen alltägliche Vorbilder bieten. 

Warum nimmt in der Schweiz niemand diese Vorbildfunktion ein?
Die Anforderungen an einen offen schwul lebenden Profi-Spieler wären hoch, der Fokus der Öffentlichkeit enorm. Wer will sich das antun?! Für eine positive Debatte wäre es zudem sicher förderlicher, wenn er ein bereits heute akzeptierter Typ und keine Hassfigur wäre. Und welcher aktive Spieler ist das schon? (lacht) 

Ist die Schweiz also noch nicht bereit für den ersten schwulen Profi-Fussballer?
Doch, ich denke, die Schweiz wäre sehr wohl bereit. Die Medien und der Grossteil der Bevölkerung und Fussballwelt würden diese Person wohl gut aufnehmen. Dennoch bin ich überzeugt, dass sich – wie in Deutschland – zuerst ein Ehemaliger outet. Der Rummel und Druck, der auf einen aktiven Spieler zukommen würde, wäre wohl einfach zu gross.

Glaube – Liebe – Hoffnung
Unter diesem Titel läuft noch bis zum 16. August eine Ausstellung rund um den Fussball im Historischen Museum Basel. Bislang findet diese sehr guten Anklang: An manchen Sonntagen strömen über 800 Besucher in die Elisabethenkirche beim Barfüsserplatz, wie Sprecher Daniele Turini sagt. Obwohl sich ein Teil der Ausstellung um den FC Basel dreht, kommen auch Fans anderer Clubs mit der interaktiven Führung durch die Fussballwelt auf ihre Kosten. 

«In den Armen des Liebsten zu sterben»

Am Themenabend des Historischen Museums wurden drei Kurzfilme gezeigt. Unter diesen stach «I Love Hooligans» von Jan-Dirk Bouwe hervor. Der als Comic erzählte Dokumentarfilm handelt von einem schwulen Hooligan aus Holland, den Bouwe übers Online-Dating kennengelernt hatte. Im Film erzählt der Protagonist, wie der Club über allem steht – auch seinem Verlangen der eigenen Sexualität und dem Bedürfnis nach Liebe.YouTube/inthepalaceISFF
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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Homelander
26.07.2015 10:17registriert Oktober 2014
Die Frage ist doch, wieso sich im 21. Jahrhundert überhaupt noch jemand outen muss. Was geht es mich an wer wen liebt?
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niklausb
25.07.2015 23:07registriert März 2015
Warum ist es egal ob eine Fussballerin Homo oder Hetero ist? Und bei den Männern wird so ein Drama gemacht.... Bei Fussballern kommt es auf die Leistung auf dem Platz an und was daneben passiert ist mir absolut Wurst soll er machen was er will ist doch seine Sache.
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Tom Garret
26.07.2015 01:30registriert Juli 2014
Die Medien sind doch der Hauptgrund warum das nicht geschieht... Auch Watson würde sich die Finger lecken endlich über DEN Spieler zu berichten der sich geoutet hat. Ja er wäre ein Held! Für eigentlich nichts (oder heutzutage was selbstverständliches). Ich würde es wohl auch nicht tun, denn von den Medien wird man danach immer darauf reduziert. Watson, einfach so als Info, wenn es dann soweit ist, ihr tut dem ganzen am besten wenn ihr einfach nicht darüber berichtet, denn erst dann, wird es zu etwas normalem...
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