Gesellschaft & Politik
Ukraine

Der lange Weg eines australischen Ehepaars zur MH-17-Absturzstelle, wo die Tochter starb

Jerzy Dyczynski und seine Frau Angela bei der Absturzstelle.
Jerzy Dyczynski und seine Frau Angela bei der Absturzstelle.Bild: SERGEI KARPUKHIN/REUTERS
Abschied von Fatima

Der lange Weg eines australischen Ehepaars zur MH-17-Absturzstelle, wo die Tochter starb

27.07.2014, 14:1627.07.2014, 15:02
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Arm in Arm schreiten Jerzy Dyczynski und seine Frau Angela durch ein verkohltes Weizenfeld. Sie blicken auf die Trümmer jenes Flugzeugs, das ihnen ihre Tochter Fatima nach Hause bringen sollte. Stattdessen stürzte Flug MH17 mit der 25-Jährigen und 297 weiteren Menschen an Bord im schwer umkämpften Osten der Ukraine ab.

Nun sind Fatimas Eltern von Australien aus zu ihr gekommen. Als erste und bislang einzige Hinterbliebene erreichten die beiden die Absturzstelle nahe dem Örtchen Grabowe, kurz vor der russischen Grenze. 

Als Kind wollte Fatima Pilotin werden

«Sie war so voller Leben», schluchzt Fatimas Mutter. Die Studentin war ihr einziges Kind. Im niederländischen Delft absolvierte die junge Frau einen Master-Studiengang in Luftfahrt-Ingenieurwesen. Als Kind habe Fatima Pilotin werden wollen, sagt die Mutter.

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Bild: EPA/AAP

Der Arzt Jerzy Dyczynski trägt ein weisses T-Shirt mit einem Foto seiner Tochter. Es ist ein Selfie im Instagram-Stil – ein selbst geschossenes Porträtfoto, wie es viele junge Menschen jeden Tag aufnehmen und in sozialen Internet-Netzwerken mit Freunden und Verwandten teilen.

Die attraktive Frau hat blondiertes Haar, trägt dicken roten Lippenstift und formt zwei Finger der linken Hand zu einem 'V'. Victory soll das heissen, Sieg. Unter dem Foto steht: «Fatima, We love you».

Reise ins umkämpfte Gebiet

Eigentlich sollten Fatimas Eltern nicht hier sein. Die australische Regierung warnt vor Reisen in den Osten der Ukraine. Seit Wochen liefern sich die ukrainischen Streitkräfte teils schwere Gefechte mit mutmasslich von Russland unterstützten Rebellen. Auch wenn während des Besuchs der Eltern am Samstag rund um die Absturzstelle nicht geschossen wird, sind aus der Ferne Schüsse und Explosionen zu hören.

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Fatimas Eltern kauften sich dennoch Flüge in die Niederlande und weiter in die Ukraine. Nachbarn hatten für die Tickets gespendet, die das Paar alleine nicht hätte finanzieren können. In den Niederlanden gaben die beiden DNA-Proben für die Ermittler ab, die derzeit die Leichen von Flug MH17 zu identifizieren versuchen. Doch noch immer fehlen 71 Todesopfer. Fatimas Überreste könnten noch immer in den Feldern rund um Grabowe liegen. 

Die unbeirrbaren Australier fahren von der Hauptstadt Kiew aus im Kleinbus nach Donezk, wohin schon viele Einwohner vor den Kämpfen geflohen sind. Dann geht es weiter nach Grabowe, ohne jeden Geleitschutz. Ein ukrainisches Paar soll den verzweifelten Eltern geholfen haben.

Angesichts der Trümmer hat Jerzy Dyczynski seine Hoffnung, die Tochter noch lebend zu finden, aufgegeben.
Angesichts der Trümmer hat Jerzy Dyczynski seine Hoffnung, die Tochter noch lebend zu finden, aufgegeben.Bild: SERGEI KARPUKHIN/REUTERS

Abschied von Fatima

An der Trümmerstelle angekommen, legen Jerzy Dyczynski und Angela Rudhart-Dyczynski einen grossen Blumenstrauss in den Trümmern ab. Die trauernde Mutter umarmt Journalisten und dankt ihnen für ihre Arbeit.

Jerzy Dyczynski hatte vor seinem Abflug im Gespräch mit der Zeitung «The Australian» die Hoffnung geäussert, seine Tochter doch noch lebend zu finden. Nun steht er bei strahlend blauem Himmel auf diesem Feld irgendwo an der Grenze zu Russland und nimmt Abschied von Fatima. (sda/afp)

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