Es kann kein Zweifel mehr geben: Ivanka Trump ist zu einer der mächtigsten Frauen der Welt geworden. Klar: Ihr Einfluss auf Vater und US-Präsident Donald Trump ist schon während des Wahlkampfes und rund um die Inauguration vom 20.Januar 2017 gross diskutiert worden. Doch letztlich blieb vage, ob Beobachtung und Realität übereinstimmen.
Zwar ist nicht ganz klar, welche Rolle Ivanka Trump während der Präsidentschaft von Vater Donald ausfüllen wird. Die 35-Jährige ist nun aber ins Weisse Haus eingezogen und damit ins Zentrum der Macht. Sie soll ein Büro im West-Flügel des Regierungssitzes bezogen haben.
Bezeichnend dabei ist: Ivanka Trump bekleidet offiziell weder ein politisches Amt, noch einen Posten und den Titel First Lady trägt ihre Stief-Mutter Melania (46).
Der Einzug ist ein deutliches Zeichen von Donald Trump an alle, die es nicht glauben oder wahrhaben wollen: An seiner Lieblingstochter aus erster Ehe kommt niemand vorbei.
Auch ohne Amt, Ivanka Trump hat bereits in den letzten Monaten Themen bearbeitet: Ihr Engagement gilt (Business-)Frauen, Bildung und Minderheiten.
Da Ivanka Trump als Verwandte des Präsidenten kein Ministeramt bekleiden darf, kommt ihre neue Rolle wohl am ehesten der einer Schatten-Ministerin gleich.
Die Beziehung zwischen Vater und Tochter ist ohnehin speziell. Legendär Trumps Spruch: «I've said that if Ivanka weren't my daughter, perhaps I would be dating her.» Doch er mag nicht nur ihr attraktives Äusseres, sondern offenbar auch ihre Intelligenz. So soll sie massgeblich dafür verantwortlich sein, dass Trump in seiner Rede vor dem Kongress von Anfang März ungewohnt milde Töne anschlug. So soll sie den Ton gesetzt haben, wie aus dem Weissen Haus kolportiert wurde.
Erstmals wurde ein Auftritt Trumps nicht mit einem Sturm der Entrüstung quittiert. Trumps Tweet am nächsten Tag mit den zwei simplen Worten «Thank you» wird allgemein als Dank des Vaters an die Tochter interpretiert.
THANK YOU!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 1. März 2017
Die im letzten Oktober bekannt gewordenen abschätzigen Bemerkungen ihres Vaters über Frauen, die als «Pussy Gate» bekannt wurden, nannte sie selbst «beleidigend». Trump sah ihr die Kritik nach – was der impulsive Milliardär sonst bei niemandem tut. Ivanka Trump ist der rationale Pol in dieser ungewöhnlichen Vater-Tochter-Beziehung. Die allgemeine Hoffnung, sie würde ihn insgesamt zähmen, hat sich bislang aber nicht erfüllt. Das zeigen die Reaktionen Trumps auf seine empfindliche Niederlage rund um Trump- respektive Obamacare.
Doch Ivankas Einzug ins Weisse Haus bleibt heikel: «Ein erwachsenes Kind des Präsidenten zu haben, das aktiv in die Regierung eingebunden ist, ist Neuland», räumte Jamie Gorelick, Anwalt von Ivanka Trump, letzte Woche gegenüber dem Nachrichtenportal Politico ein.
Die 35-Jährige erhält nun die Kommunikationsmittel der Regierung. Sie wurde aber nicht als Beamtin eingeschworen und arbeitet ohne Bezahlung. Sie wird sich aber an alle Ethik-Regeln halten, die auch für offizielle Regierungsbedienstete gelten, sagte ihr Anwalt.
Jamie Gorelick ist sich bewusst, dass es in westlichen Demokratien unüblich ist, demokratisch nicht legitimierte Familienmitglieder ohne offizielle Rolle in die Regierungsgeschäfte einbeziehen. Doch was ist bei der Regierung Trump schon üblich?
Bereits ist Ivanka Trumps Ehemann Jared Kushner als Berater für Vater Donald tätig. Er und Ivanka Trump sind deshalb im Januar mit ihren drei Kindern im Vorschulalter von New York nach Washington umgezogen – und dort jetzt Nachbarn von Ex-Präsident Barack Obama und dessen Frau Michelle. Zumindest wohnen sie im gleichen Quartier.
Dass Jared Kushner überhaupt im Regierungsteam arbeiten darf, ist einer juristischen Grauzone zu verdanken – und dem Titel «Berater». Ein Ministerposten blieb ihm von Gesetzes wegen aber verwehrt. Dennoch zeigt die Berufung in den Kreis der Chefstrategen aber, wie sehr der US-Präsident auf seinen Schwiegersohn setzt – und jetzt eben auch auf seine Tochter Ivanka. Newcomer Trump braucht im Weissen Haus Vertraute – denn von Politik hat er wenig bis keine Ahnung. Das macht einsam.
Ivanka Trump ist die Geheimwaffe des Vaters: Mittlerweile muss die Tochter nicht mehr als heimliche First Lady bezeichnet werden. Auch wenn den Titel offiziell Stief-Mutter Melania trägt, Ivanka ist das moderne, elegante und charmante Gesicht an der Seite des mächtigsten Mannes der Welt. Melania hält sich zurück. Wie auch alle anderen Mitglieder des weitverzweigten Trump-Clans.
Die öffentlichkeitsscheue Melania Trump hat dies verdeutlicht, indem sie mit ihrem 10-jährigen Sohn Barron am Familienwohnsitz in New York, dem Trump-Tower, wohnen blieb.
Ivankas Rolle als First Lady hat sich in den letzten Wochen immer deutlicher abgezeichnet. Als die Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in offizieller Mission zu Donald Trump reiste, sass ihr während der Arbeitssitzung Ivanka zur Rechten, während Donald Trump der Regierungschefin gegenüber sass. Wohlverstanden: Ivanka Trump hat kein Amt inne und First Lady Melania war gar nicht anwesend.
Die beiden schienen sich inmitten der US-Regierungsmitglieder und Deutschen Konzern-Chefs gut zu unterhalten, diesen Eindruck machen verschiedene offizielle Fotos.
Speziell war auch der Staatsbesuch von Kanadas Premierminister Justin Trudeau im Februar. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit flirtete Ivanka Trump mit dem Gast. Zumindest legen dies die Bilder nahe. Tage später soll er sie sogar in ein Broadway-Musical eingeladen haben. Jedenfalls haben sich da zwei gefunden: Trudeau gilt als Beau, als Selfie-Premier, der seinem Land etwas Glamour gebracht hat.
Trump ist im Ausland wenig beliebt. Es ist offensichtlich, dass Trump seine Tochter zwecks Charme-Offensive bei Staatsbesuchen gut gebrauchen kann.
Allerdings: Es ist in der US-Geschichte nicht ganz ungewöhnlich, dass nicht die Ehefrau des Präsidenten die Rolle der First Lady innehat. Der 15. Präsident James Buchanan, berief beispielsweise seine Nichte Harriet Lane zur First Lady. Er selbst war zeitlebens Junggeselle geblieben.
Die «New York Times» mutmasste, dass Ivanka Trump die mächtigste First Daughter seit Alice Roosevelt Longworth werden könnte. Das war im letzten Herbst. Mit ihrer Einschätzung dürfte die Zeitung angesichts der Vorgänge mittlerweile recht bekommen haben. Die älteste und exzentrische Tochter von Roosevelt habe nicht nur ihren Vater politisch beraten, sondern auch die Mutter aus der Rolle der First Lady gedrängt.
Doch Ivanka Trump ist wie ihr Vater keine Politikerin, sondern Geschäftsfrau. Sie ist im Immobiliengeschäft tätig, unter ihrem Namen werden zudem Schmuck, Kleider und Life Style vermarktet. In ihren frühen Jahren arbeitete Ivanka auch als Model. Nach einem Studium trat sie in eine Immobilienfirma ein, später wurde sie Vize-Präsidentin im väterlichen Konzern, der Trump-Organization. Während des Wahlkampfs des Vaters leitete sie diese operativ, zusammen mit ihren Brüdern Don und Eric. Nach der Wahl des Vaters zum Präsidenten trat sie offiziell von der Konzernspitze zurück.
Mögliche Interessenskonflikte werden argwöhnisch beobachtet. Berühmt-berüchtigt wurde im letzten November die Armreif-Affaire. Damals wurde ihr unterstellt, sie nutze öffentliche Auftritte ihres Vaters, um für ihre Schmuck-Kollektion Werbung zu machen. Im Februar wurde die listige Trump-Beraterin Kellyanne Conway kritisiert, weil sie für Ivankas Modelinie warb.
Auch wenn Ivanka Trump nun zur Republikanischen Familie zu zählen ist, welche politische Einstellung sie wirklich hat, bleibt in diesen Tagen verborgen. Sie unterstützte nämlich früher die Demokraten.
Von Vater Donald ist bekannt, dass er politisch wankelmütig ist und seine politischen Präferenzen wohl eher seinen Interessen unterordnete. So trat er 1987 den Republikanern bei, 1999 wechselte er zur Independance Party über, 2001 zu den Demokraten, bevor er 2009 zu den Republikanern zurückkehrte.
Ivanka Trump hat zumindest keine Berührungsängste vor Demokraten. Es ist bekannt, dass sie eine Freundschaft mit Chelsea Clinton (37) pflegt, der Tochter des demokratischen Ex-Präsidentenpaars Bill und Hillary, der Widersacherin ihres Vaters. Die Clintons waren übrigens auch Gäste bei ihrer Hochzeit mit Jared.
I really like Chelsea Clinton--an amazing young woman. She got the best of both parents. (@IvankaTrump agrees)
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 21. September 2012
Wie Anpassungsfähig Ivanka ist, das bewies sie auch anlässlich ihrer Hochzeit. Um Jared Kushner heiraten zu können, konvertierte die Presbyterianerin zum Judentum. Sie trägt als Jüdin den Vornamen Yael.
Ihre besondere Rolle im Zentrum der Macht macht Ivanka Trump zu einer Schlüsselfigur für Lobbyisten, gilt ihr Vater doch als beratungsresistent. Diese Schlüsselrolle verschafft ihr Einfluss und damit Macht. Das erkannte auch der US-Schauspieler und Umweltaktivist Leonardo DiCaprio. Weil ihr Vater als Leugner der Klimaveränderung gilt, wandte er sich im Dezember an Ivanka und überreichte ihr ein Exemplar seines Klimaberichts.
Kein Wunder umgibt Ivanka Trump angesichts solcher Aufmerksamkeit eine Aura des Erfolgs.
Ihr Buch, das im Mai erscheinen soll, ist nur die logische Folge. Es trägt den Titel: «Women who work – Rewriting the Rules of Success.» (Frauen bei der Arbeit – Wie die Regeln für Erfolg umgeschrieben werden müssen.)
Bereits 2009 hatte sie ein Buch herausgegeben: «The Trump Card: Playing to Win in Work and Life» (Die Trump-Karte: Wie man bei der Arbeit und im Leben gewinnt.)
Ivanka Trump weiss offensichtlich, wie es geht.