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Aufruf von Holocaust-Überlebender gegen Rechtspopulisten berührt Millionen

Aufruf von Holocaust-Überlebender gegen Rechtspopulisten berührt Millionen

28.11.2016, 18:0629.11.2016, 06:03
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Die Äusserungen einer Holocaust-Überlebenden zur anstehenden Präsidentenwahl in Österreich bewegen die Nutzer von Sozialen Medien. Bis Montagnachmittag wurde das Video der 89-jährigen Wienerin Gertrude im Netzwerk Facebook 2,9 Millionen Mal angeklickt.

Darin ruft sie die jungen Menschen des Landes eindringlich dazu auf, wählen zu gehen und ihre Stimme nicht dem rechtspopulistischen Kandidaten Norbert Hofer zu geben.

«Für mich ist es wahrscheinlich die letzte Wahl. Aber die Jungen haben ihr ganzes Leben noch vor sich und die müssten selber schauen, dass es ihnen weiterhin gut geht.»
Gertrude

Das jedoch könnten sie nur, «wenn sie vernünftig wählen», sagt Gertrude.

Der Grünen-Kandidat Alexander Van der Bellen sei in ihren Augen ein Politiker, der «überlegen» und «ruhig» für Frieden und Gleichberechtigung eintrete und mit Bedacht handle, sagte die Wienerin.

Hofers rechtspopulistische FPÖ hingegen versuche, «das Niedrigste aus den Leuten herausholen, nicht das Anständige», sagte die 89-Jährige und zog damit Vergleiche zum Dritten Reich. 

«Die Beleidigung anderer, (...) dieses Runtermachen, das Schlechtmachen, das stört mich am allermeisten. Das alles habe ich schon einmal gegeben. Und das schmerzt und das fürchte ich.»
Gertrude

Selbst Krieg erlebt

Konkret kritisierte Gertrude Äusserungen von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der jüngst angesichts der Flüchtlingsbewegung vor einem «Bürgerkrieg» im Land gewarnt hatte. «Da ist es mir kalt über den Rücken geronnen und ich habe mir gedacht: Das darf nicht einmal erwähnt werden.»

Sie selbst habe als Kind einen Krieg erlebt, diesen «nie vergessen». Gertrude wurde im Alter von 16 Jahren mit ihrer Familie ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht. Nur sie überlebte.

Van der Bellen hatte das Video der 89-Jährigen in der vergangenen Woche auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Gertrude selbst bedankte sich einige Tage später für die vielen Klicks und Kommentare unter ihrem Beitrag.

«Ich bin freudig überrascht, dass die Worte einer alten Frau ernst genommen werden.»
«Die tausenden wertschätzenden Reaktionen und die persönlichen Worte, die mir übermittelt worden sind, bewegen mich sehr. Danke.»

Der Grünen-Politiker Van der Bellen und der FPÖ-Kandidat Hofer treten am Sonntag in der Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten gegeneinander an. Der Grünen-Kandidat hatte bei der ersten Stichwahl am 22. Mai mit hauchdünnem Vorsprung vor Hofer gewonnen. Die Wahl wurde jedoch vom Verfassungsgericht nach einer FPÖ-Beschwerde wegen Unregelmässigkeiten annulliert. (sda/afp)

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79 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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m:k:
28.11.2016 18:25registriert Mai 2014
Trotz der neu verbreiteten Angst den Wutbürgern auf den Schlips zu treten, muss man die Parallelen heutiger Populisten zu früheren aufzeigen. Ich bin dankbar, dass die Frau ihre Erfahrungen teilt und auf die Gefahren hinweist, die das ständige politisieren mit Feindbildern, Hass und Halbwahrheiten mit sich bringt. Natürlich sind viele Rechtswähler keine Rassisten oder Faschisten. Aber wenn man den wenigen Faschisten zu viel Platz gibt wird es einfach gefährlich.
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Emperor
28.11.2016 18:25registriert November 2015
Wehret den Anfängen!

DIe Worte dieser Frau sind tief bewegend und ich hoffe sie bewirken etwas...
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SuicidalSheep
28.11.2016 20:26registriert August 2015
Die ganzen Rechtspopulisten hier in den Kommentaren sind schon so Blind vor Hass, dass sie bereits eine prima Hitlerjugend abgeben würden.
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