So vieles ist passiert im vergangenen Jahr, darunter viel Trauriges. Eine schlechte Nachricht schien die nächste zu jagen und aus den Nachrichten zu verdrängen. Dabei konnte manchmal der Eindruck entstehen, Krisen seien beigelegt, Geschichten zu Ende erzählt worden. In vielen Fällen ist das ein Trugschluss, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Mit viel Fanfare begann im Oktober die lang erwartete Offensive der irakischen Armee zur Rückeroberung der «IS»-Hochburg Mossul im Norden des Landes. Böse Zungen behaupteten, US-Präsident Obama wollte die Millionenstadt unbedingt noch in seiner Amtszeit befreien. Das wird ziemlich sicher nicht gelingen. Irakische Spezialtruppen kontrollieren laut eigenen Angaben erst 70 Prozent des Ostteils Mossuls.
Die Operation gestaltet sich wesentlich schwieriger als die Rückeroberungen fast gänzlich verlassener Städte wie Ramadi und Falludschah. Obwohl täglich tausende die Kampfzone verlassen, ist die Stadt nach wie vor dicht besiedelt. Für die irakische Armee bedeutet das verlustreichen Häuserkampf. Erschwerend kommt hinzu, dass dafür nur ihre am besten ausgebildeten Spezialkräfte infrage kommen. Kurdische Verbände haben kein Interesse, in die Stadt vorzudringen. Die gefürchteten schiitischen Milizen hingegen dürfen nicht.
Es gab Zeiten, da schien der Zusammenbruch des hochverschuldeten Griechenlands nur mehr eine Frage von Tagen wenn nicht Stunden. Vor dem Parlamentsgebäude spielten sich bürgerkriegsähnliche Szenen ab. Inzwischen ist es ruhig geworden um das gebeutelte Land, wobei die Krise alles andere als beigelegt ist. Weil die Linksregierung unter Alexis Tsipras im Dezember ohne Rücksprache mit ihren EU-Schuldnern die Renten erhöht hat, haben diese das nächste Rettungspaket eingefroren. Neuwahlen liegen in der Luft, wobei die regierende Syriza-Partei derzeit in den Umfragen weit hinter der oppositionellen liberal-konservativen Nea Dimokratia steht.
Der Vierfachmord von Rupperswil vom 21. Dezember 2015 wühlte die Schweiz auf wie kaum ein Kriminalfall der vergangenen Jahre. Der 33-jährige Thomas N. ermordete in einem Einfamilienhaus Carla Schauer (48†), ihre beiden Söhne Davin (†13) und Dion (†19) sowie dessen Freundin Simona F. (†21). Am 13. Mai 2016 wurde er verhaftet und sitzt seither im Zentralgefängnis Lenzburg in Untersuchungshaft. Die Aargauer Justiz geht davon aus, dass der Prozess dieses Jahr beginnen kann, obschon noch immer kein Termin feststeht. Offenbar ist das psychologische Gutachten von Thomas N. noch nicht fertig.
5000 Menschen sollen 2016 auf der Flucht über das Mittelmeer ertrunken sein, so viele wie in keinem Jahr zuvor. Im Winter versiegte bislang der Flüchtlingsstrom auf der Route von Libyen nach Italien. Doch weil die Türkei in Absprache mit der EU Anstrengungen unternimmt, Flüchtlingsboote nach Griechenland zu stoppen, haben die Bewegungen auf der gefährlichen Mittelmeerroute dramatisch zugenommen, trotz schlechten Wetters. Inzwischen ertrinken dort nicht nur Menschen auf der Flucht, sie erfrieren auch.
Das Zika-Virus, das Missbildungen bei ungeborenen Kindern verursachen kann, ist kein globales Gesundheitsrisiko mehr, stellte die Weltgesundheitsorganisation WHO im November fest. Der Virus bleibt allerdings eine Herausforderung, weil er jederzeit wieder ausbrechen kann. Die Gelbfiebermücke ist nicht unter Kontrolle, es gibt noch immer keinen Impfstoff – und all die tausenden betroffenen Kinder und Eltern werden in den kommenden Jahren Unterstützung und Therapien benötigen. Gemäss einer Umfrage ist die Angst vor dem Zika-Virus in Brasilien immer noch so hoch, dass über die Hälfte der befragten Frauen ihre Schwangerschaft verschieben.
Das Bild des kleinen Omran Daqneesh, der bei einem Luftangriff auf Aleppo verletzt wurde und völlig verstört in einer Ambulanz sitzt, ging im August 2016 um die Welt. Seit Ende Dezember kontrollieren das Assad-Regime und seine Verbündeten wieder die ganze Stadt. Was ist aus Omran und seiner Familie geworden? Man weiss es nicht. «Sie gingen [schon vorher] in den vom Regime kontrollierten Teil der Stadt und sind seither verschwunden», zitiert die britische «Times» den syrischen Fotografen Mahmoud Raslan, einen ehemaligen Nachbarn von Omrans Familie. Auch Mustafa al-Sarout, der das ikonische Video von der Rettung Omrans und seiner Schwester drehte, weiss nichts über ihren Verbleib.
Wer an Brasilien und 2016 denkt, dem dürften zunächst die Olympischen Sommerspiele in Rio einfallen. Dass diese erfolgreich über die Bühne gingen, war keineswegs sicher, denn das Land steckte in einer wirtschaftlichen und politischen Krise, aus der sie immer noch nicht herausgefunden hat. Präsidentin Dilma Rousseff wurde des Amtes enthoben, doch ihr Nachfolger Michel Temer agiert glücklos. Anfang Dezember war während 24 Stunden unklar, wer den Senat leitet. Das politische Chaos hat Investoren bislang davon abgehalten, wieder in die grösste Volkswirtschaft Südamerikas zu investieren.