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Hillary wird Präsidentin! Nein, Päpstin! Michael Moores Film «TrumpLand»

«Michael Moore in Trumpland»
Michael Moore spricht in Wilmington vor schönen Fotos seines Idols Hillary Clinton.Bild: dog eat dog films

So ist Michael Moores Clinton-Liebesfilm «TrumpLand»

Michael Moore ist schwer verliebt und überrascht seine Angebetete mit einem spontan gedrehten Film. Und der ist überaus fantastisch.
26.10.2016, 13:2727.10.2016, 13:22
Simone Meier
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Beyoncé ist schuld. Weil sie in der Halbzeit des letzten Superbowls mit ihren «shit-kicking» Stiefeln und ihrem feministischen Schlachtgesang den heiligsten Rasen Amerikas versaute. Exakt da begriff der hässige weisse Mann, dass es nun um alles geht. Und dass er den Kampf um seine Privilegien nur mit einem Anführer gewinnen kann: Donald Trump.

So erzählt es jedenfalls Michael Moore. Für ihn hat der hässige weisse Mann folgende Vorstellung vom Untergang Amerikas:

Auf einen schwarzen Präsidenten folgt eine Präsidentin. Danach übernimmt ein Transidenter, schliesslich setzen Tierschützer einen Hamster in den Oval Office.
«Michael Moore in Trumpland»
Beyoncé, Kampftänzerin des Bösen, in der Halbzeitpause des letzten Superbowls.Bild: dog eat dog films

Michael Moore spricht in einem Theater in Wilmington, Ohio, wo Donald Trump in den Vorwahlen viermal mehr Stimmen erhielt als Hillary Clinton. Michael Moore missioniert wieder einmal, wenn auch reichlich spät. Eigentlich wäre es nicht mehr nötig. Aber schaden kann es nicht, dass seine siebzigminütige Rede von Wilmington aufgezeichnet wurde und jetzt in amerikanischen Kinos und auf iTunes läuft.

«Ich find sie schön, smart und eine nette Person.»
Mr. Moore über Mrs. Clinton

«Michael Moore in TrumpLand» heisst die vor wenigen Tagen gedrehte unangekündigte Überzeugungstat und sie ist überaus fantastisch. Hochkomisch, rhetorisch virtuos, und wenn Moore zu viel Rührseligkeit aus dem Saal herauskitzelt, schlägt er eine umso absurdere Volte. Eine One-Man-Show für the one woman, Hillary Clinton. In die er schon seit über 20 Jahren ein bisschen verliebt ist.

«Michael Moore in Trumpland»
Dieser Blick von Hillary Clinton gilt keinem andern als Michael Moore.Bild: dog eat dog films

«Meine Grossmutter hat gesagt: Du kannst über jeden was Nettes sagen, ausser über Hitler und Matt Lauer (einen amerikanischen TV-Journalisten).» Er probiert's gleich selbst mit George W. Bush: Er hat seine Töchter gut erzogen, er hat in die Aids-Hilfe in Afrika investiert, er ... Pause ... liebt seine Hunde. Und jetzt alle mal was Nettes über Hillary!

«Kennst du das Hillary-Menu bei KFC? Es besteht aus zwei fetten Schenkeln, zwei kleinen Brüsten und zwei linken Flügeln.»
Witz aus der Zeit, als Hillary Clinton First Lady war

Es gibt die Verschwörungs-Theorie, sie und ihr Mann seien für die Ermordung von 46 Menschen zuständig. Quasi eigenhändig. Wie sagt man das jetzt nett? So: «Wir hatten seit Ulysses S. Grant niemanden mehr im Oval Office, der jemanden getötet hat! Der «IS» scheisst sich in die Hosen, wenn sie Präsidentin wird!»

«Michael Moore in Trumpland»
Die angeblichen Mordopfer der Clintons.Bild: dog eat dog films

Und dann kommt wieder eine typische Michael-Moore-Rechnung: 50'000 Amerikaner sterben jährlich, weil sie keine oder eine ungenügende Krankenversicherung besitzen. Vor 20 Jahren strebte Hillary Clinton eine Gesundheitsreform an und wurde dafür verspottet. «Eine Million toter Amerikaner, weil wir uns weigerten, auf Hillary Clinton zu hören!» Die Menschen im Theater haben jetzt Tränen in den Augen. Eine Mutter steht auf und sagt, Hillary Clinton stehe für alles, was sie ihren Töchtern mitgeben wolle.

Michael Moore schwört, Hillary Clinton könne für Amerika sein, was Papst Franziskus für die katholische Kirche sei, eine Revolution. Er ist jetzt im Anbetungsmodus.

Wenn sie sich nicht an ihre Versprechen halte, so droht er, dann werde er, Michael Moore, Präsidentschaftskandidat. Seine Wahlversprechen: gratis HBO, nur noch ein Ladekabel für alle Elektrogeräte und jedes Wochenende zwei Joints für alle.

«Michael Moore in Trumpland»
Für seinen Film «Where to Invade Next» besuchte Moore ein besonders vorbildliches Frauenspital in Estland. Und wer war vor ihm dagewesen? Hillary Clinton! Ein Zeichen!Bild: dog eat dog films

Aber darum geht es erst nach der Halbzeit. Zuerst erzählt Michael Moore, wie er Hillary Clinton nie wählen wollte, weil er ein Bernie-Man war. Wie er die Trump-Wähler versteht und bewundert: Für das Entschiedene, Klare, Ordentliche, Organisierte, Diziplinierte ihres Weltbildes. «Ihr steht um 5 Uhr morgens auf – wir kennen 5 Uhr höchstens, weil wir dann nach einer Party zu Bett gehen.»

Für die Trumpwähler hat er das Innere des Theaters in Wilmington umgestaltet. Über allen «muslimischen oder muslimisch aussehenden» Gästen kreist eine Überwachungsdrohne. Alle «mexikanischen oder mexikanisch aussehenden» Zuschauer werden hinter einer Kartonmauer versteckt.

«Michael Moore in Trumpland»
Hier werden die «Mexikaner» eingemauert.Bild: dog eat dog films
«Michael Moore in Trumpland»
Und hier werden die «Muslime» von einer Drohne überwacht.Bild: dog eat dog films

Viele im Publikum sind jung. Sind Millenials. «Gestern kam ein Mann und sagte: ‹Mike, Mike, was tun wir bloss mit Millenials! Sie werden nicht wählen!›», erzählt Moore, «ich habe geantwortet: ‹Wir haben doch bereits etwas getan, wir haben sie erzogen!›»

Die oft gescholtenen Millenials sind für ihn kein Problem, sie seien weder für die Klimaveränderung noch für den Kollaps der Wall Street verantwortlich, wie würden weder Rassismus noch Homophobie kennen, hätten keine Truppen in den Irak geschickt und könnten zuverlässig jedes technische Gerät reparieren. Eine tolle Generation. Michael Moore weiss genau, wie man Wähler mobilisiert.

«Michael Moore in Trumpland»
Die Millenials hören gern, was Moore Nettes über sie zu sagen hat.Bild: dog eat dog films

In Trump erkennt er den «Molotow-Cocktail, die Handgranate der früheren Mittelklasse», die sich rächen will an einem System, das sie verarscht hat. So, wie die britischen Wähler mit dem Brexit ein Zeichen setzen wollten. Einfach mal ihre Meinung sagen wollten.

Die Wahlurne als «Anger Management». Davon gilt es die Leute abzuhalten.

Und schliesslich die ultimative Wahlempfehlung. Während Lewinsky-Gate suchte Michael Moore in einer TV-Show nach einem Date für Hillary. Er fragte: Donald Trump. Der seinerseits versicherte, dass es sich bei Hillary um «a hell of a good woman» und überhaupt eine wahnsinnig tolle Frau und die beste Gattin in Amerika handle. Und dass er ihr voller Respekt alles Gute wünsche. 

«Michael Moore in Trumpland»
Ja, das sagte Trump wirklich und er meinte wirklich Hillary Clinton damit.Bild: dog eat dog films

«Michael Moore in TrumpLand» pimpt Hillary Clintons Wahlkampf ganz zum Schluss mit etwas, das ihm bisher eher fern lag: mit Spass. Und mit grossen Gefühlen. Am Schluss sind alle hingerissen: Die Frauen, die Millenials, die «Muslime» und «Mexikaner», und alle Männer, die sich nach Moores Rede nicht mehr zu den hässigen weissen Männern zählen wollen. Also alle.

Hillary Clinton – ihr Leben in Bildern

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Hillary Clinton – ihr Leben in Bildern
Geboren wird Hillary (Zweite von links) 1947 in Chicago als Hillary Diane Rodham. Ihr Vater, Hugh Ellsworth Rodham, war Eigentümer einer mittelständischen Textildruckerei. Der Textilunternehmer war überzeugter Republikaner und hoffte stets, dass sein späterer Schwiegersohn und US-Präsident Bill Clinton die Partei wechseln würde.
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