Auf der Facebook-Seite der AfD prangt ein Banner mit wehenden Deutschlandflaggen, darüber steht gross geschrieben «Danke Deutschland!» – und darunter, auf unschuldigem Babyblau: «Du hast dich getraut.»
In der Tat haben sich viele «getraut», die «Alternative für Deutschland» zu wählen. Die rechtspopulistische Partei zieht mit 12,6 Prozent aller Wählerstimmen mit 94 Sitzen in den Deutschen Bundestag ein. Kaum eine Überraschung, denn die AfD mobilisiert stark, insbesondere auf Facebook. Dort hat sie das grösste, stärkste und interaktivste Wahlvolk im Vergleich zu allen anderen Parteien.
Facebook ist laut dem Digital Newsreport 2017 die beliebteste Social Media Plattform in Deutschland. 31 Millionen der 2 Milliarden Facebook Nutzer sind Deutsche.
Die Kraft des sozialen Netzwerks haben viele alteingesessene Parteien nicht erkannt, wie der deutsche Politikberater Johannes Hillje seinem Buch Propaganda 4.0. Wie rechte Populisten Politik machen feststellt: «Vermutlich war es [Facebook] für viele Politiker ein lästiger zusätzlicher Kanal. Wie eine Veranstaltung, auf der man sich sehen lassen muss, aber eigentlich keine Lust auf die Gäste hat.»
Ganz anders die AfD: Sie setzte von Anfang an konsequent auf den Kanal. Inzwischen hat sie 384’524 Facebook-Likes. Zum Vergleich: Die Union, die stärkste Partei im Deutschen Bundestag, zählt nicht einmal die Hälfte: 167’434 Likes.
Doch Likes alleine reichen noch lange nicht, um von Facebook bevorzugt zu werden. Der Algorithmus des Facebook-Newsfeeds will Interaktionen, Emotionen und Kommentatoren. Auch Bilder und Videos werden von Facebook bevorzugt behandelt.
Dem ist sich auch die AfD bewusst. Auf ihre Facebook-Wall kommt so gut wie nichts anderes: 47 Prozent ihrer Posts sind Bilder, 43 Prozent Videos. Bei den Posts stehen Migration und Sicherheit im Vordergrund: Zwei sehr emotionale Themen. Dadurch schafft es die AfD ein enorm hohes Engagement bzw. zahlreiche Interaktionen (Likes, Shares, Kommentare) pro Post zu generieren. Das folgende Beispiel soll dies veranschaulichen:
Der gestrige Post der CDU, mit einem Bild von Angela Merkel, erreichte 7’527 Interaktionen. Das sind umgerechnet 45,56 Interaktionen pro 1’000 Fans. Der erfolgreichste Post der SPD im vergangenen Monat erhielt 19’313 Interaktionen. Zwar um einiges mehr Kommentare und Likes als die CDU, jedoch noch lange nicht so viel wie die AfD.
Der erfolgreichste Post des letzten Monats der AfD ist der Folgende:
Der Post, ein reines Bild, zählt bislang 57’744 Interaktionen. Das sind 150,9 Interaktionen pro 1’000 Fans – dreimal mehr als bei der CDU.
Diese markanten Unterschiede zeigen sich nicht nur in einzelnen Posts, sondern auch im Zeitvergleich. Die folgende Abbildung zeigt die Anzahl Interaktionen zwischen CDU und AfD.
Es scheint, als habe die AfD im digitalen Wahlkampf mit goldenen Schwertern gekämpft, während alle anderen Parteien sich mit hölzernen Stöcken verteidigten. Denn die Partei hat von Anfang an eines verstanden: Für sie entscheidet sich die Wahl auch im Netz. Oder, um es wie Politikberater Hillje auszudrücken: Die Rechtspopulisten wurden «zu den Spitzenverdienern der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie».