Im Weissen Haus liegen die Nerven blank. Der Grund sind zahlreiche Indiskretionen, die an die Medien durchsickern und die Regierung von Präsident Donald Trump in ein schlechtes Licht rücken. Es gibt sogar einen Twitter-Account, der sich als Sprachrohr einer «inoffiziellen Widerstandsbewegung innerhalb des Weissen Hauses» bezeichnet. Seine Echtheit ist umstritten.
Letzte Woche kam es zu einem Eklat. Nachdem Informationen aus einer Planungssitzung des Kommunikationsbüros an die Öffentlichkeit gelangt waren, trommelte Trumps Pressesprecher Sean Spicer rund ein Dutzend Mitarbeiter erneut zu einer «Krisensitzung» zusammen, wie Politico berichtet. Er habe ihnen befohlen, ihre Mobiltelefone – sowohl private wie dienstliche – auf einen Tisch zu legen und zu beweisen, dass sie nichts zu verbergen hatten.
Explizit gewarnt habe Spicer vor Messenger-Apps mit Verschlüsselung wie Signal und Confide. Letztere hat den Vorteil, dass sie versendete Mitteilungen sofort löscht und Screenshots unterbindet. Ihre Verwendung verstosse gegen ein Gesetz, das die Archivierung sämtlicher Kommunikation aus dem Weissen Haus verlangt, sagte Spicer im Beisein mehrerer Anwälte.
Abschliessend habe der Pressesprecher seine Mitarbeiter davor gewarnt, Informationen über den Handy-Check nach aussen weiterzuleiten – mit durchschlagendem Misserfolg, wie der Politico-Bericht zeigt. Es ist nicht der erste Fall dieser Art. Ein Memorandum des Aussenministeriums, das vor Indiskretionen warnte, landete beinahe in Echtzeit bei der «Washington Post».
Das Verhältnis zwischen Donald Trump und den Journalisten ist gelinde gesagt angespannt. Am Freitag attackierte der Präsident in einer Rede die Medien als «Feinde des amerikanischen Volkes». Gleichzeitig stellte er den Quellenschutz und damit die Pressefreiheit in Frage. «Es sollte ihnen nicht mehr erlaubt sein, Quellen zu benutzen, wenn sie keine Namen nennen.»
Am gleichen Tag schloss Spicer mehrere Medien von einem Pressegespräch aus, darunter CNN, «New York Times», Buzzfeed und Politico. Und am Samstag teilte Trump auf Twitter mit, er werde Ende April nicht am traditionellen Dinner der Korrespondenten im Weissen Haus teilnehmen – als erster Präsident seit Richard Nixon, der mit der veröffentlichten Meinung ebenfalls auf Kriegsfuss stand.
Im Zentrum des Orkans steht Sean Spicer. Er steht unter dem immensen Druck eines Präsidenten, der von seinem Image in der Öffentlichkeit geradezu besessen ist. Donald Trump soll die täglichen Pressekonferenzen im Weissen Haus beim Mittagessen live mitverfolgen, schreibt Politico. Die Stimmung in der Kommunikationsabteilung gilt als mies. Die Arbeitstage dauern oft von 6 Uhr morgens bis Mitternacht. Die Mitarbeiter seien notorisch überfordert.
Sean Spicer soll sie wegen der permanenten Lecks wiederholt massiv beschimpft haben. Vize-Kommunikationschefin Jessica Ditto sei deswegen in Tränen ausgebrochen, was sie gegenüber Politico dementierte. Immerhin soll Spicer, dessen Stuhl wegen der unvorteilhaften «Saturday Night Live»-Parodie durch Melissa McCarthy arg wackelte, wieder fester im Sattel sitzen. Trump habe ihm im privaten Gespräch das Vertrauen ausgesprochen – zumindest vorläufig. (pbl)