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Rechtsextreme schaffen den Einzug ins slowakische Parlament

Rechtsextreme schaffen den Einzug ins slowakische Parlament

Die regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Robert Fico haben bei der Parlamentswahl in der Slowakei Prognosen zufolge eine schwere Niederlage erlitten. Erstmals dürfte eine rechtsextremistische Partei den Sprung ins Parlament in Bratislava geschafft haben.
06.03.2016, 00:1106.03.2016, 08:53
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In Wählerbefragungen, die am Samstagabend nach Schliessung der Wahllokale im Privatsender TV Markiza veröffentlicht wurden, fielen die Sozialdemokraten auf 27.3 Prozent und verloren damit klar die absolute Mehrheit. Die mit ihrer rassistischen Hetze gegen Flüchtlinge und die Roma-Minderheit hart am Rande der Legalität agierende Volkspartei Unsere Slowakei (LSNS) kam auf 6.8 Prozent.

Ihr Gründer und Parteiführer Marian Kotleba war bereits mehrfach wegen Rassismus und faschistischer Wiederbetätigung angeklagt, aber noch nie rechtskräftig verurteilt worden. Insgesamt schafften laut Prognose neun Parteien den Sprung in den 150 Mitglieder zählenden Nationalrat, wie das Einkammernparlament in Bratislava heisst.

Entsprechend schwierig dürfte nun die Regierungsbildung werden. Regierungschef Fico sprach in einer ersten Reaktion von einem «grossen Mischmasch an Parteien», das den Nationalrat nun unübersichtlich machen werde.

Euro-Kritiker legt zu

Zweitstärkste Kraft wurde den Prognosen zufolge überraschend die liberale Partei Freiheit und Solidarität (SaS) des auch aus deutschen TV-Talkshows bekannten Euro-Kritikers Richard Sulik.

Die rechtsextremistische LSNS hatte Parteiführer Kotleba nach dem Verbot der Vorgängerpartei Slowakische Gemeinschaft (Slovenska pospolitost) gegründet. Seit 2013 und einem überraschenden Sieg in einer Stichwahl ist Kotleba Regionspräsident der mittelslowakischen Region Banska Bystrica.

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Bild: EPA/TASR

Regierungschef Fico hatte die Flüchtlingsfrage zum alles dominierenden Wahlkampfthema gemacht. Die Aufnahme vor allem muslimischer Flüchtlinge lehnte er kategorisch ab und klagte beim EU-Gerichtshof gegen die vom EU-Innenministerrat beschlossene Aufteilung von Flüchtlingen nach Länderquoten.

Die Geister, die Fico rief

Umfragen zeigten, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung dieser restriktiven Politik zustimmte. Nun dürften aber auch die Rechtsextremisten von der Stimmung profitiert haben, die Fico schürte. Auch Proteste von Krankenschwestern und Lehrern kosteten die Regierung zuletzt Sympathien.

Hunderte Krankenschwestern hatten zum 1. Februar ihre Arbeit aus Protest gegen niedrige Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen gekündigt. Am 15. Januar begannen Tausende Lehrer an Pflicht- und Mittelschulen einen landesweiten Streik. Mitte Februar wurden sie von Hunderten Lehrenden an den 20 wichtigsten Universitäten und Hochschulen des Landes abgelöst.

Die Regierung lehnte bisher jeden Kompromiss mit den Streikenden ab. Zum Beginn der Parlamentswahl unterbrachen auch die Hochschullehrer ihren Streik mit der Ankündigung, auf Verhandlungen mit der künftigen neuen Regierung warten zu wollen.

Die Wahlbeteiligung überstieg nach ersten Prognosen die 60 Prozent. An der letzten Parlamentswahl 2012 hatten 59.11 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen. 4.4 Millionen Bürger waren stimmberechtigt. (wst/sda/dpa/reu)

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