Der Stoff wurde schon zig Mal verfilmt, in der Schweiz, in Amerika, sogar im fernen Japan: Johanna Spyris «Heidi» ist ein Klassiker für die Ewigkeit. Zuletzt avancierte Alain Gsponers Verfilmung mit Bruno Ganz in der Hauptrolle mit weltweit 3,5 Millionen Kinoeintritten zum erfolgreichsten Schweizer Film aller Zeiten.
Inzwischen ist der Schweizer Klassiker bereits ein weiteres Mal verfilmt worden: Für «Heidi: Queen of the Mountain» zeichnen die britische Produktionsfirma Big Tree Productions und das indische Unternehmen Vistaar Entertainment verantwortlich. In der Rolle des Alpöhi: Hollywoodstar Bill Nighy, bekannt aus Filmhits wie «Pirates of the Caribbean» und «Love Actually». Regie führt die indische Regisseurin Bhavna Talwar.
An der Berlinale wurde nun erstmals ein kurzer Ausschnitt aus dem Film gezeigt: Nighy steht vor dem Eingang seiner Alphütte und ruft nach Heidi, die Sonne strahlt, Idylle pur. Die Sequenz soll potenzielle Investoren und internationale Verleiher vom Marktpotenzial des Films überzeugen. Im besten Fall würden sogar zwei Fortsetzungen gedreht werden.
Bei «Heidi: Queen of the Mountain» herrscht aber nur nach aussen hin heile Welt. Die Branchenzeitschrift «The Hollywood Reporter», die zum Filmmarkt an der Berlinale eine tägliche Sonderausgabe produziert, berichtet, dass sie in Berlin von mehreren Mitgliedern des Filmteams kontaktiert worden sei. Diese hätten sich unisono darüber beklagt, dass ihnen für ihre Arbeit am neuen Heidi-Film, der letzten Sommer in Spanien und England gedreht worden war, sehr viel Geld geschuldet wird.
Der Groll richtet sich offenbar vor allem gegen Sheetal Vinod Talwar, den Vorstandsvorsitzenden von Vistaar Entertainment und Gatten der Regisseurin. «Ich kenne seine Attitüde gegenüber ausstehenden Rechnungen: Talwar findet, dass andere Leute ihn ruhig verklagen sollen, er könne sich das problemlos leisten», sagte ein Crewmitglied dem «Hollywood Reporter».
Ein Kulissenbauer erzählte der Zeitschrift, Talwar würde ihm für Honorar und Anwaltskosten über 30'000 britische Pfund schulden, «wenn Sie das auf 50 Personen hochrechnen, wissen Sie, um welche Beträge es hier insgesamt geht.» Dieselbe Quelle beschrieb den Dreh in Spanien als «absolutes Chaos».
Mehrere Crewmitglieder hätten ihren Posten nach einigen Tagen quittiert, ein Kameraführer aus Indien sei während des Drehs tragischerweise sogar an Herzversagen verstorben. Darauf angesprochen, sagte Talwar dem «Hollywood Reporter», der Tod des Mitarbeiters sei «unglücklich» gewesen, er sei aber eines «natürlichen Todes gestorben». Weiter sagte der indische Produzent, dass sich bisher niemand wegen der ausstehenden Zahlungen bei ihm gemeldet habe und dass alle Rechnungen vom Dreh in Spanien beglichen wurden.
Ob die Crewmitglieder über ihre Gewerkschaft Sheetal Vinod Talwar und Vistaar Entertainment vor Gericht ziehen, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur, dass das idyllische Filmplakat von «Heidi: Queen of the Mountain» nicht länger verbergen kann, dass es unter der Oberfläche gewaltig brodelt.