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Schwache Wahlbeteiligung in Frankreich

People walk in a polling station before casting their ballots in the first round of parliamentary elections, in Lyon, central France, Sunday, June 11, 2017. French voters are choosing lawmakers in the ...
Der Andrang in Richtung Urnen war überschaubar: Wahllokal in Lyon.Bild: Laurent Cipriani/AP/KEYSTONE

Gemäss Hochrechnung: Macrons Lager gewinnt erste Runde der französischen Parlamentswahl

Der neue französische Präsident Emmanuel Macron hat die erste Runde der Parlamentswahl souverän gewonnen. Nach Hochrechnungen vom Sonntag kommt seine Partei «La République en Marche!» auf gut 32 Prozent und wurde mit Abstand stärkste Kraft. Ein Debakel erlebten die ehemals regierenden Sozialisten, und auch das bürgerliche Lager wurde abgestraft. Die Wahlbeteiligung sank auf einen neuen Tiefstand.
11.06.2017, 13:0112.06.2017, 09:15
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Prognosen zufolge kann Macrons Zentrumspartei «La République en Marche!» («Die Republik in Bewegung») nach der Stichwahl am kommenden Sonntag mit einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung rechnen.

Demnach käme «La République en Marche!» zusammen mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem auf 390 bis 445 Sitze, insgesamt werden 577 Abgeordnete gewählt. Das würde dem seit rund einem Monat amtierenden Staatschef helfen, umstrittene Reformvorhaben wie die Reform des Arbeitsrechts durchzusetzen.

epa06022250 French President Emmanuel Macron (R) with his wife Brigitte Trogneux (L) cast their ballot at their polling station in the first round of the French legislatives elections in Le Touquet, n ...
Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte haben gewählt.Bild: CHRISTOPHE PETIT TESSON / POOL/EPA/KEYSTONE

Allerdings würde Macrons Lager auch bei einer klaren Mehrheit in der Nationalversammlung nicht das ganze Parlament dominieren. Im Senat als zweiter Kammer hat die bürgerliche Rechte die Mehrheit. Die Senatoren reden bei der Verabschiedung von Gesetzen ebenfalls mit - allerdings sitzt die Nationalversammlung letztlich am längeren Hebel, wenn die beiden Kammern sich nicht auf einen Kompromiss einigen können.

Parteiensystem vor dem Umbruch

Mit der Wahl vom Sonntag steht das französische Parteiensystem vor dem Umbruch: Die ehemals regierenden Sozialisten erleiden erdrutschartige Verluste und kommen in der ersten Runde nur noch auf rund neun Prozent der Stimmen. Parteichef Jean-Christophe Cambadélis warnte bereits vor dem Fehlen einer Opposition im Parlament.

Auch das bürgerliche Lager wird mit rund 21 Prozent abgestraft. Die konservativen Republikaner müssen ihre Hoffnung begraben, gegen das Macron-Lager den neuen Premierminister zu stellen.

Der rechtspopulistische Front National unter Marine Le Pen kommt auf bis zu 14 Prozent, die Bewegung «La France insoumise» («Das unbeugsame Frankreich») des Linkspolitikers Jean-Luc Mélenchon auf elf Prozent. Le Pen und Mélenchon waren gegen Macron in der Präsidentschaftswahl unterlegen.

epa06023248 Former French presidential candidate for the far-left party 'La France Insoumise' (France Unbowed), Jean-Luc Melenchon speaks with journalists after the first round of the French ...
Jeder neunte Franzose, der an die Urne ging, wählte Jean-Luc Mélenchons Partei.Bild: SEBASTIEN NOGIER/EPA/KEYSTONE

Enttäuschung beim Front National

Der Front National äusserte sich «enttäuscht» über sein Ergebnis. Berechnungen sagen der rechtsextremen Partei nach der zweiten Wahlrunde höchstens zehn Abgeordnetenmandate voraus. Sie würde damit ihr Mindestziel verfehlen, mit einer Fraktionsstärke von mindestens 15 Abgeordneten in die Nationalversammlung einzuziehen. In der letzten Nationalversammlung stellte der FN zwei Abgeordnete.

Macrons erst vor gut einem Jahr unter dem Namen «En Marche» gegründete Bewegung trat als Partei «La République en Marche!» erstmals zu einer Parlamentswahl an. Unter ihren Kandidaten sind zahlreiche Vertreter der Zivilgesellschaft und Polit-Neulinge – davon strikt die Hälfte Frauen.

Als negativ werten Beobachter, dass die Parlamentswahl nur sehr wenige Bürger mobilisiert hat. Laut Meinungsforschern ging nur rund jeder zweite Wähler zu den Urnen. Das wäre der niedrigste Stand seit Gründung der Fünften Republik vor knapp 60 Jahren. Nur jeder zweite Wahlberechtigte ging zur Abstimmung. Vor fünf Jahren hatte die Beteiligung noch bei 57,2 Prozent gelegen.

epa06022129 The candidate for the far-right Front National (FN) party, Marine Le Pen (L) arrives to cast her ballot in the first round of french legislative elections in Henin-Beaumont, Northern Franc ...
Marine Le Pen bei der Stimmabgabe.Bild: THIBAULT VANDERMERSCH/EPA/KEYSTONE
Le Pen zieht bei Parlamentswahl in Frankreich in zweite Runde ein
Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen zieht in die zweite Runde der Parlamentswahl ein. Die Front-National-Chefin landete in ihrem nordfranzösischen Wahlkreis im ersten Wahlgang an erster Stelle, wie sie am Sonntagabend sagte.

Le Pen erzielte nach eigenen Angaben knapp 45 Prozent der Stimmen und wird im zweiten Wahlgang gegen die Kandidatin von «La République en Marche!» von Staatschef Emmanuel Macron antreten.

Auch FN-Vize Florian Philippot landete in seinem Wahlkreis vorn und zieht damit in die Stichwahl am kommenden Sonntag ein. Dagegen schied Front-National-Generalsekretär Nicolas Bay in seinem Wahlkreis aus. (sda)

Kleine Parteien ohne Chance

Das Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen macht es kleinen Parteien in Frankreich schwer, Abgeordnetensitze zu erobern. Gewählt sind nur die Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis am Ende vorne liegen. Die Stimmen für die jeweils unterlegenen Kandidaten werden somit bei der Sitzverteilung im Parlament nicht berücksichtigt.

In den meisten der 577 Wahlkreise fällt die Entscheidung erst in Stichwahlen am kommenden Sonntag. Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, braucht ein Kandidat eine absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis.

Aufgerufen zu der Wahl waren 47 Millionen Franzosen. Die Abstimmung fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt, rund 50'000 Polizisten waren im Einsatz. Bei islamistischen Anschlägen wurden seit 2015 insgesamt 239 Menschen getötet. Im Land herrscht weiterhin der Ausnahmezustand. (sda/afp/dpa)

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