Die französische Regierung will die meisten Bewohner des Lagers von Calais in rund 160 Aufnahmezentren im ganzen Land umsiedeln. Nach offiziellen Angaben können die Flüchtlinge eine Präferenz äussern, in welche Region sie mit den bereitgestellten Bussen gebracht werden wollen. Einige Menschen aus Calais wurden in den vergangenen Tagen bereits umgesiedelt. So kamen im südfranzösischen Pierrefeu-du-Var nördlich von Toulon 14 Menschen an. 80 junge Flüchtlinge mit Hochschulreife wurden ins nordfranzösische Villeneuve-d'Ascq bei Lille gebracht, wo sie einen Französischkurs machen und anschliessend ein Studium aufnehmen sollen.
Dieser Weg steht vor allem unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen offen. Fast 1300 von ihnen halten sich in Calais auf. Rund 40 Prozent von ihnen geben an, in Grossbritannien Familienangehörige zu haben. Die britische Regierung hat zugesagt, all diese Fälle zu prüfen. Dafür befragen britische Beamte die Jugendlichen in Calais seit Tagen mit Hilfe von Übersetzern. Mehr als 320 von ihnen wurden bereits angehört. Insgesamt mehrere Dutzend Minderjährige aus Calais sollten bis Samstag in Grossbritannien sein, wo sie mit ihrer Familie vereint werden sollten.
Nach inoffiziellen Schätzungen der französischen Behörden sind 65 bis 75 Prozent der Bewohner des «Dschungels» bei der Einreise in die EU bereits in einem anderen Land registriert worden, die meisten von ihnen in Italien. Nach dem Abkommen von Dublin müssten sie eigentlich in dieses Land zurückgeführt werden. Die Behörden in Calais wollen aber nach Einschätzung von Helfern ein Auge zudrücken und die Menschen auffordern, in Frankreich Asyl zu beantragen.
Wer sich weigert, bei der Schliessung des Lagers zu kooperieren, dem droht nach Einschätzung von Hilfsorganisationen die Abschiebung in sein Heimatland. Das gilt etwa für Flüchtlinge, die nicht in die bereitgestellten Busse steigen wollen. Oder für solche Flüchtlinge, deren Asylantrag in Frankreich bereits abgelehnt wurde.
Eine Reihe von Menschen haben den «Dschungel» von Calais bereits verlassen, als die ersten Berichte über die Schliessung bekannt wurden. Wie hoch ihre Zahl ist, weiss niemand. Sie dürften weiterhin versuchen, sich von Nordfrankreich aus nach Grossbritannien durchzuschlagen. (viw/sda/afp)