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Drohender Staatsbankrott: Troika plant mit drei Negativ-Szenarien für Griechenland

Drohender Staatsbankrott: Troika plant mit drei Negativ-Szenarien für Griechenland

In Brüssel geht es beim Treffen der EU-Finanzminister für Griechenland wieder einmal um alles. Doch die Geldgeber haben wenig Hoffnung – das lassen auch die Planspiele erkennen, die Experten der Troika derzeit durchspielen.
11.05.2015, 07:4611.05.2015, 09:03
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel ist eine Einigung der Gläubiger mit dem vom Staatsbankrott bedrohten Griechenland offenbar weiter nicht in Reichweite. Zwar seien die neuen Unterhändler aus Athen «menschlich angenehmer» als vormals die Mannschaft um den griechischen Finanzminister Giannis Varoufakis, sagte einer der Unterhändler der Gläubiger-Troika der «Welt». «Inhaltlich geht es dennoch nicht voran.» Fortschritte über wichtige Reformen bei Rente, Arbeitsmarkt und Steuern liessen sich kaum feststellen, sagte der Unterhändler laut «Welt». «Im Gegenteil». So sei in Griechenland gerade erst ein Gesetz verabschiedet worden, das die Wiedereinstellung von 13'000 Staatsbediensteten beschliesse. Dies sei «klar gegen den Geist der Reformverträge mit der Troika» aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission, kritisierte der Unterhändler.

Griechenlands Finanzminister Varoufakis, Premier Tsipras.
Griechenlands Finanzminister Varoufakis, Premier Tsipras.Bild: ALKIS KONSTANTINIDIS/REUTERS

Die Institutionen planten daher inzwischen mit einem positiven und drei negativen Szenarien, hiess es laut «Welt» aus Verhandlungskreisen. Nur das positive Szenario sehe vor, dass Griechenland all seinen Verpflichtungen nachkomme, so dass Athen bis zum Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms Geld bekomme.

Das erste Negativ-Szenario geht dem Bericht zufolge davon aus, dass eine reformwillige Regierung bei dem Finanzminister-Treffen am Montag tatsächlich substanzielle Vorschläge präsentiert, die Griechen dabei allerdings ihre finanziellen Reserven überschätzen.

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Das zweite Negativ-Szenario geht laut «Welt» davon aus, dass halbherzige Vorschläge der Griechen nicht akzeptiert würden. Irgendwann im Laufe der nächsten Wochen werde Griechenland dann die Schulden beim IWF und der EZB nicht mehr tilgen können. Falls sich die griechische Regierung im weiteren Verlauf der Krise dann gutwillig zeige, mit den Europäern rasch Reformvereinbarungen abschliesse und sich danach an die Tilgung ihrer Schulden mache, liesse sich das Ganze noch in den Griff bekommen, heisst es in dem Szenario der Troika-Experten.

In Szenario drei geht die Troika dem Bericht zufolge von einer völlig unkooperativen griechischen Regierung aus, die ihre Angestellten und Rentner in staatlichen Schuldscheinen, sogenannten IOUs, bezahle und damit die Einführung einer Parallelwährung begründe.

CDU schliesst drittes Hilfspaket nicht mehr aus

In der CDU schliesst man unterdessen auch ein drittes Hilfspaket für Griechenland nicht mehr grundsätzlich aus. Der CDU-Obmann im Haushaltsausschuss des Bundestags, Norbert Brackmann, sagte der «Bild»-Zeitung: «Natürlich spielen wir die verschiedenen Alternativen für Griechenland durch. Dazu gehört ein ‹Grexit› genauso wie ein drittes Hilfspaket.» Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion Eckhardt Rehberg, warnte allerdings davor, der Regierung in Athen voreilige Versprechungen zu machen. Zuerst müsse es konkrete Reformmassnahmen geben. Die griechische Regierung habe noch «einen sehr weiten Weg vor sich bis zu einem dritten Hilfspaket».

Die linksgeführte Regierung in Athen verhandelt seit Monaten mit den Euro-Ländern über die weitere finanzielle Unterstützung. Voraussetzung ist eine Liste mit belastbaren Reformen, die bisher nicht vorliegt. Die Euro-Finanzminister werden Athen deshalb am Montag voraussichtlich erneut auffordern, die Arbeiten zu beschleunigen, bevor Ende Juni das derzeitige Hilfsprogramm auslaufen würde. Alexis Tsipras hat zwar erst jüngst wieder zusätzliche Sparmassnahmen angekündigt. Der griechische Regierungschef soll auch bereit sein, auf die im Wahlkampf versprochene 13. Zahlung für niedrige Renten zu verzichten sowie über das bisherige Tabu-Thema Rentenreform zu verhandeln. Unter anderem könnten das Rentenalter erhöht und einige Renten gekürzt werden. Doch dagegen regt sich Widerstand vom linken Syriza-Flügel.

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Zusammengefasst: Vor Beginn der Beratungen der EU-Finanzminister in Brüssel wächst die Skepsis, ob Athen den Vorgaben der Troika folgen wird. Die Szenarien, auf die die Unterhändler sich vorbereiten, gehen in der Mehrzahl davon aus, dass zentrale Forderungen unerfüllt bleiben.

mik/AFP

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