International
Griechenland

Bis am Mittwoch muss Griechenland drei wichtige Reformen durchs Parlament peitschen, ansonsten geht das Theater von vorne los

Jean-Claude Juncker, Donald Tusk und Jeroen Dijsselbloem an der Pressekonferenz in Brüssel.
Jean-Claude Juncker, Donald Tusk und Jeroen Dijsselbloem an der Pressekonferenz in Brüssel.Bild: Virginia Mayo/AP/KEYSTONE

Bis am Mittwoch muss Griechenland drei wichtige Reformen durchs Parlament peitschen, ansonsten geht das Theater von vorne los

Die Euro-Staaten haben grünes Licht für die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland gegeben. Bedingung dafür ist allerdings, dass die griechische Legislative drei zentrale Gesetzesvorhaben innert drei Tagen verabschiedet.
13.07.2015, 10:5913.07.2015, 11:58
Mehr «International»

Das sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Montagmorgen nach 17-stündigen Verhandlungen in Brüssel. Damit sei «alles bereit», ein drittes Hilfsprogramm «mit ernsthaften Reformen und finanzieller Unterstützung» auf den Weg zu bringen.

Donald Tusk an der Pressekonferenz nach der 16-stündigen Sitzung.
Donald Tusk an der Pressekonferenz nach der 16-stündigen Sitzung.Bild: Virginia Mayo/AP/KEYSTONE

Griechenland muss nun bis diesen Mittwoch zentrale Gesetzesvorhaben verabschieden. Laut der deutschen Kanzlerin Angela Merkel betreffen diese Reformen

  • die Mehrwertsteuer,
  • einen Umbau der Statistikbehörde Griechenlands,
  • und das Rentensystem.

Die vollständige Verabschiedung dieser Reformen soll dann durch die drei Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank (EZB) überprüft werden.

Brüsselkorrespondenten zollen der langen Verhandlungsdauer Tribut.
Brüsselkorrespondenten zollen der langen Verhandlungsdauer Tribut.Bild: FRANCOIS LENOIR/REUTERS

Die Kanzlerin sagte, die Einigung des Gipfels sei gelungen, obwohl die wichtigste Währung verloren gegangen sei, das Vertrauen. Der Weg für Griechenland werde noch ein langer und mühsamer, sagte die Kanzlerin.

Parlamente müssen Zustimmung geben

Vor Aufnahme der Verhandlungen über das milliardenschwere Programm sind aber noch Parlamentsbeschlüsse nicht nur in Griechenland, sondern auch in Deutschland und anderen Euro-Ländern notwendig. Vorher können die Gespräche über die Details des Programms beim Euro-Rettungsfonds ESM nicht aufgenommen werden, so Merkel.

Die Eurogruppe geht von einem Finanzbedarf für Griechenland in Höhe von 82 bis 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren aus. Ein erheblicher Teil von bis zu 25 Milliarden Euro werde für die Rekapitalisierung der Banken nötig sein, sagte die Kanzlerin.

Merkel machte deutlich, dass die Bundesregierung den Bundestag darum bitten wird, den Verhandlungen über ein neues Rettungspaket für Athen zuzustimmen. Sie könne eine «Aufnahme von Verhandlungen aus voller Überzeugung empfehlen». Wann eine Sondersitzung sein könnte, war zunächst offen – möglicherweise schon an diesem Donnerstag.

Streitpunkt Privatisierungsfonds

Griechenland droht der wirtschaftliche und finanzielle Kollaps und ein Ende der Euro-Mitgliedschaft. Athen hatte vergangene Woche ein neues Hilfspaket der Euro-Länder beantragt, die dafür aber weitreichende Bedingungen stellten.

Einer der Streitpunkte zwischen Griechenland und den anderen Euro-Staaten war die Beteiligung des IWF am neuen Hilfspaket. Nach Worten des österreichischen Kanzlers Werner Faymann akzeptierte Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras schliesslich dessen Beteiligung.

Bild
Bild: STEPHANIE LECOCQ/EPA/KEYSTONE
 «Wir haben einen gerechten Kampf geführt.»
Premier Alexis Tsipras

Am Ende blieb noch ein Streitpunkt übrig. Ein von Deutschland geforderter Fonds für Privatisierungen griechischen Staatseigentums war bei Tsipras auf Ablehnung gestossen. Erst ein weiteres Gespräch mit Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande und Tusk am frühen Morgen brachte Diplomaten zufolge dann den Durchbruch.

Von dem Privatisierungsfonds mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro sollten 12,5 Milliarden Euro nur für direkte Investitionen in Griechenland eingesetzt werden, sagte Merkel.

Kein Schuldenschnitt

Tsipras sagte nach den Verhandlungen: «Wir haben einen gerechten Kampf geführt.» Es sei das Beste, was für sein Land möglich gewesen sei, so der Grieche. «Wir stehen jetzt vor schweren Entscheidungen.»

Er habe in den Verhandlungen mit den Partnern im Ausland hart gekämpft, betonte Tsipras. Er werde nun im Inland ebenso hart kämpfen, damit die Gipfelbeschlüsse umgesetzt würden. «Griechenland braucht tiefgreifende Reformen», betonte er.

Einen Schuldenschnitt – auch «Haircut» genannt – kommt jedoch für Griechenland nicht in Frage. Dies betonte die deutsche Kanzlerin. Mit Blick auf die Schuldentragfähigkeit des Landes sagte sie, die Eurogruppe sei bereit, wenn nötig über längere Laufzeiten der Schulden Athens zu reden.

Dafür gelte aber als Bedingung, dass es zunächst eine erste erfolgreiche Bewertung des neuen griechischen Reformprogramms geben müsse, sagte Merkel.

Märkte reagieren positiv

Die Einigung im griechischen Schuldenstreit führte zu einer Stärkung des Euro gegenüber dem Schweizer Franken. Er hat sich abgeschwächt. Auch die Aktienmärkte in der Schweiz und Europa reagieren positiv. 

(wst/sda/afp/dpa/apa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
Bekannter iranischer Rapper Toomaj Salehi zum Tode verurteilt

Der bekannte iranische Rapper Toomaj Salehi ist seinem Anwalt zufolge in einem umstrittenen Prozess zum Tode verurteilt worden.

Zur Story