Ermittler der israelischen Polizei haben am Montag die Residenz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aufgesucht, um den Regierungschef zum Vorwurf der Bestechlichkeit zu befragen. Netanjahu wies über Facebook die Vorwürfe gegen ihn als gegenstandslos zurück.
Die Polizei traf laut einem Bericht des staatlichen Rundfunks um 18.30 Uhr Ortszeit (17.30 Uhr MEZ) in der Residenz im Zentrum Jerusalems ein. Schon vor dem Eintreffen der drei Polizeiermittler deckten Wächter das Gitter um die Residenz mit schwarzen Stoffbahnen ab.
Damit sollte offenbar sichergestellt werden, dass das Vorgehen der Ermittler von aussen nicht eingesehen werden konnte. Die israelische Justiz hat Medienberichten zufolge strafrechtliche Ermittlungen gegen Netanjahu eingeleitet.
Seine Gegner sollten sich nicht zu früh auf sein Scheitern freuen, sagte Netanjahu laut einem Video auf seiner Facebook-Seite. «Wir sehen und hören die festliche Stimmung in den Fernsehstudios und in den Fluren der Opposition», sagte Netanjahu. «Ich möchte ihnen sagen, dass sie mit ihren Feiern warten müssen. Es wird nichts geben, weil es nichts gibt.»
An die Adresse der Opposition fügte Netanjahu hinzu: «Ihr werdet weiter Ballons mit heisser Luft füllen und wir werden weiter den Staat Israel lenken.»
Mögliche Affären um Netanjahu und sein Umfeld hatten bereits wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. So ordnete der israelische Generalstaatsanwalt im November Ermittlungen gegen einen Vertrauten des Regierungschefs an.
Hintergrund ist der Kauf von drei U-Booten aus deutscher Produktion. Der Anwalt der Familie Netanjahu soll laut Medienberichten zugleich für den von Thyssen Krupp in Israel verpflichteten Agenten tätig sein.
Im Juni räumte Netanjahu eine Geldspende eines Geschäftsmannes ein, der später in Frankreich wegen millionenschweren Steuerbetrugs beim Emissionshandel zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Netanjahus Büro betonte aber, die Spende habe nicht gegen geltendes Recht verstossen.
Im Mai veröffentlichte der israelische Rechnungshof einen kritischen Bericht über Flugreisen Netanjahus, welche dieser zumeist in Begleitung von Frau und Kindern in seiner Zeit als Finanzminister (2003-05) unternommen hatte. Dabei ging es um die möglicherweise missbräuchliche Verwendung von Bonusmeilen und um den Verdacht der doppelten Abrechnung von Tickets.
Bevor die Ermittler in Netanjahus Residenz eintrafen, wurden laut israelischen Medienberichten bereits 50 Zeugen befragt. Dazu habe auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald Lauder, gezählt. Lauder soll Reisen Netanjahus finanziert haben.
Debattiert wird seit längerem über die Rolle von Generalstaatsanwalt Avischai Mandelblit, der mit Netanjahus Unterstützung ins Amt gekommen war. Mandelblit hat die Ermittlungen gegen Netanjahu nach Ansicht von Kritikern um Monate verschleppt.
Der Minister für Regionalentwicklung, Tsahi Hanegbi, vertrat hingegen im Militärrundfunk die Ansicht, der Generalstaatsanwalt sei durch eine «Medienkampagne» dazu bewegt worden, die polizeilichen Ermittlungen gegen den Regierungschef in Gang zu setzen.
Netanjahu ist bereits seit 2009 im Amt des Regierungschefs. In der Wählergunst liegt er weiter vorne, wenngleich seine Likud-Partei laut Umfragen bei Parlamentswahlen nur die zweitstärkste Kraft würde. (sda/afp)