Zwei israelische Soldaten sind versehentlich in ein palästinensisches Flüchtlingslager im besetzten Westjordanland gefahren und haben damit in der Nacht zum Dienstag schwere Zusammenstösse ausgelöst. Ein Palästinenser wurde erschossen, 15 weitere Personen verletzt.
Auslöser war der Irrtum zweier Soldaten, die auf dem Weg von Jerusalem nach Ramallah ein Navigationssystem ihrer Mobiltelefone nutzten und versehentlich in das Kalandija-Camp gerieten. Das Geländefahrzeug der Armee wurde mit Molotowcocktails in Brand gesetzt und mit Steinen beworfen, erklärte ein Armeesprecher.
Um die beiden Insassen zu bergen, seien Grenzpolizisten in grosser Zahl in das Lager eingerückt und mit weiteren Brandflaschen und Gewehrschüssen angegriffen worden, sagte eine Polizeisprecherin.
22-Jähriger erschossen
Laut palästinensischem Gesundheitsministerium wurde ein 22-jähriger Student erschossen; zehn weitere Anwohner erlitten Verletzungen. Die Polizei berichtete, fünf Beamte seien bei dem Einsatz verwundet worden, davon einer schwer.
Einer der beiden Soldaten hatte sich in einen Vorgarten geflüchtet, ein Positionssignal gesendet und um sich geschossen, bis er herausgeholt und in Sicherheit gebracht wurde. Der andere konnte zu Fuss in eine benachbarte israelische Siedlung flüchten.
Wie Armeesprecher Moti Almos mitteilte, hatten sich die beiden Soldaten auf die führende israelische Navigations-App Waze verlassen. «Das ist ein hervorragendes Hilfsmittel, hat aber seine Grenzen», erklärte Almos und kündigte eine nähere Untersuchung des Geschehens an.
Umstrittenes Haftverfahren
Bei der derzeitigen Gewaltwelle in Israel und den Palästinensergebieten sind seit Anfang Oktober 178 Palästinenser, 28 Israelis sowie je ein US-Bürger, Eritreer und Sudanese getötet worden. Die meisten Palästinenser starben, als sie Attacken mit Messern, Autos oder Schusswaffen verübten. Andere wurden bei Zusammenstössen im Zuge von Protesten gegen die anhaltende Besatzung erschossen.
Israel will die Unruhen mit der zunehmenden Verhängung der umstrittenen Verwaltungshaft eindämmen. Diese ermöglicht die unbegrenzt verlängerbare Inhaftierung ohne Anklage und Prozess.
(sda/afp)