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Schimon Peres: Ein Nachruf

Schimon Peres ist tot: Vom Falken zum Friedensnobelpreisträger

Zwei Wochen lang hat das israelische Volk um seinen früheren Präsidenten Schimon Peres gebangt. Nun ist der 93-jährige Friedensnobelpreisträger im Krankenhaus an den Folgen eines schweren Schlaganfalls gestorben, sein Tod ist ein harter Schlag für Israel.
28.09.2016, 07:5928.09.2016, 09:44
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Sein Geburtsdatum ist – wie seine Lebensbilanz – nicht ganz eindeutig. Zwischen dem 2. und dem 16. August 1923 wurde Szymon Perski im ostpolnischen Wischnewa geboren, das heute zu Weissrussland gehört. Als Elfjähriger kam er ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Er nannte sich fortan Schimon Peres und glich seinen Geburtstag dem jüdischen Kalender und dem Datum seiner Alija, der Rückkehr ins Gelobte Land, an.

Shimon Peres' Leben in Bildern

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Shimon Peres' Leben in Bildern
Der frühere Staatspräsident Israels Shimon Peres verstarb in der Nacht auf Mittwoch, 28. September 2016. (6. Juli 2014) Foto: REUTERS/Amir Cohen/File Photo
quelle: x02077 / amir cohen
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Komplizierter als die Konfusion um Peres' Geburtsdatum ist die Frage, warum der Friedensnobelpreisträger des Jahres 1994 international schon lange geschätzt wurde, bevor er in Israel nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt im Jahr 2007 die Zuneigung erfuhr, die dem Berufspolitiker jahrzehntelang versagt wurde.

Mit 29 Jahren wurde Peres von seinem politischen Ziehvater, Staatsgründer David Ben Gurion, zum Generaldirektor im Verteidigungsministerium ernannt. Mit französischer Unterstützung fädelte er das bis heute geheime Atomprogramm ein. 1959 wurde er erstmals ins Parlament gewählt und galt jahrelang als Vertreter einer harten Linie gegenüber den Palästinensern.

Teil von 16 Regierungen

Zweimal war der Sohn eines Holzhändlers Regierungschef, je dreimal Verteidigungs- und Aussenminister. Peres sass 48 Jahre lang für drei verschiedene Parteien in der Knesset und gehörte 16 Regierungen an. So prägte er entscheidend Israels Geschicke mit.

Dabei galt Peres, obwohl er 19 Jahre lang die israelische Arbeitspartei führte, als «ewiger Zweiter», der keine Wahlen gewinnen konnte und zumeist im Schatten charismatischerer Politiker agierte. Regierungschef wurde Peres nie als Wahlsieger, sondern einmal mit Übergangsmandat nach der Ermordung von Jizchak Rabin und einmal im Rahmen einer Rotationsabsprache.

«Einen jüdischen Staat mit dem Namen Israel an der Seite eines arabischen Staats namens Palästina, die sich nicht bekämpfen, sondern Seite an Seite in Freundschaft und Zusammenarbeit leben.»
Schimon Peres' Traum

Zu seiner Biografie gehört auch, dass er lange als Falke im linken Lager und ewiger Rivale des Reformers Rabin auftrat: So hatte Peres 1975 als Verteidigungsminister im Widerspruch zur Haltung seiner Arbeitspartei ultranationalistischen Siedlern Rückendeckung gegeben, welche die ersten drei jüdischen Siedlungen im Herzen des Westjordanlands errichteten.

Spät, aber rückhaltlos für Zweistaatenlösung

Der Publizist David Landau, der mit Peres zwei Biografien verfasste, ist sich sicher, dass die internationale Gemeinschaft vor allem «seine Bussfertigkeit» feierte. Zu Peres 90. Geburtstag schrieb er: «Als die Verkörperung der Hauptströmung der israelischen Politik personifiziert er den schmerzlichen und widerwilligen Bruch mit der Idee von Gross-Israel.» Peres habe sich der Zweistaatenlösung verschrieben, «verspätet, aber rückhaltlos».

Seit Peres 2007 erstmals eine Wahl gewann und sieben Jahre lang das repräsentative Präsidentenamt übernahm, engagierte sich der dreifache Vater, der seine Frau Sonja 2011 nach 66 Ehejahren verlor, für den Zusammenhalt der politisch, ethnisch und religiös zerrissenen israelischen Gesellschaft.

Und die dankte es ihm – endlich: Drei von vier befragten Israelis befanden zum Ende seiner Amtszeit, Peres sei ein gutes Staatsoberhaupt gewesen.

Das Vermächtnis seiner Jahre als Friedensnobelpreisträger blieb bislang allerdings unerfüllt. Immer wieder hatte Peres optimistisch seinen Traum beschrieben: «Einen jüdischen Staat mit dem Namen Israel an der Seite eines arabischen Staats namens Palästina, die sich nicht bekämpfen, sondern Seite an Seite in Freundschaft und Zusammenarbeit leben.» (sda/afp)

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2 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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4-HO-MET
28.09.2016 06:54registriert April 2016
Grosser Mann. Rest in Peace.
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