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Israeli richtete Palästinenser mit Kopfschuss hin – nun muss er wegen Totschlags vor Gericht

Israeli richtete Palästinenser mit Kopfschuss hin – nun muss er wegen Totschlags vor Gericht

18.04.2016, 15:2118.04.2016, 15:23
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Weil er einen am Boden liegenden, verletzten palästinensischen Angreifer mit einem Kopfschuss tötete, muss sich ein israelischer Soldat vor Gericht verantworten. Der 19-Jährige wurde wegen Totschlags und nicht wegen Mordes angeklagt. 

Über den Fall wird bis in die Regierung hinein gestritten, Menschenrechtsorganisationen werfen dem Soldaten eine «standrechtliche Hinrichtung» vor. Ein Anwohner in Hebron im Süden des besetzten Westjordanlandes hatte die Szene am 24. März gefilmt, das Video war öffentlich geworden.

Der 21-jährige Palästinenser Abdul Scharif hatte mit einem Komplizen einen Soldaten mit einem Messer angegriffen und verletzt, wurde dann angeschossen und lag blutend auf der Strasse. Elf Minuten nach seinem Angriff kam ein Militärsanitäter herbei – und tötete den wehrlosen Palästinenser ohne ersichtlichen Grund aus der Nähe mit einem Kopfschuss.

Der Militärsanitäter muss sich vor einem Militärgericht auf dem Stützpunkt Bar-Lev verantworten. Er habe die Einsatzregeln ohne Rechtfertigung verletzt, da «der Terrorist verletzt auf dem Boden lag und keine unmittelbare Bedrohung darstellte», heisst es im Anklagetext. Totschlag ist nach israelischem Recht eine absichtliche, aber keine geplante Tat. Sie wird weniger hart bestraft als ein vorsätzlicher Mord.

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Hinrichtung auf offener Strasse
Hrichtung in Jerusalem am 24. März 2016: Der Soldat (mit dem erhobenen Gewehr) lädt seine Waffe durch. Der Palästinenser liegt regungslos und verletzt am Boden. Er hatte Israelis mit einem Messer angegriffen. (Screenshot: YouTube)
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Unverhältnismässige Gewaltanwendung

Achtung, das Video ist nichts für schwache Nerven! Ein Soldat erschiesst einen Verletzten: Die Zuschauer der Szene wirken vollkommen teilnahmslos.
YouTube/Haaretz.com

Der Todesschuss löste in Israel scharfe Kontroversen aus. Rechte Kreise forderten, den Soldaten sofort freizulassen. Armeeführung und Bürgerrechtler dagegen verurteilten sein Vorgehen scharf. In den vergangenen sechs Monaten haben Palästinenser mehr als 300 Anschläge auf Israelis verübt, zumeist mit Stichwaffen.

Zahlreiche Angreifer wurden am Tatort erschossen. In mehr als einem Dutzend Fällen wurde den israelischen Sicherheitskräften eine unverhältnismässige Gewaltanwendung gegen kampfunfähige Palästinenser vorgeworfen. Sofern Untersuchungen eingeleitet wurden, führten sie bislang zu keinen offiziellen Beschuldigungen wegen Fehlverhaltens. 

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Israels Militär sprach von einem «schwerwiegenden Vorfall, der gegen die Werte der israelischen Armee verstösst». Am Donnerstagmorgen hatten zwei mit Messern bewaffnete Palästinenser in Hebron im südlichen Westjordanland einen Soldaten verletzt. Die Armee teilte kurz darauf mit, beide Angreifer seien erschossen worden.

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Betselem veröffentlichte später ein Video, auf dem zu sehen ist, wie einer der Palästinenser nach der Attacke offensichtlich verletzt und reglos am Boden liegt. Nachdem der angegriffene israelische Soldat von einen Krankenwagen abtransportiert wird, zielt ein anderer Soldat auf den Verletzten. Dann feuert er einen Schuss in den Kopf des am Boden Liegenden.

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