Die Obdachlosen im Erdbebengebiet in Mittelitalien haben eine lange Nacht der Angst erlebt. Mehrere Nachbeben lösten Angst unter den Bewohnern der Kleinstadt Amatrice, Epizentrum des Bebens 106 Kilometer nördlich von Rom, aus. Die Zahl der Toten stieg derweil weiter.
Der Zivilschutz geht in einer vorläufigen Bilanz mittlerweile von 247 Toten aus. Bisher stand die Zahl bei 159. Jedoch wird von mehr Opfern ausgegangen.
«In Amatrice sind wir bereits bei 200 Toten», sagte der Bürgermeister der kleinen Stadt, die es besonders schlimm getroffen hat. In der Nacht seien weitere Leichen aus den Trümmern geborgen worden.
Zudem werden noch zahlreiche Menschen vermisst. Die Zahl der Verletzten lag bei 368. Auch am Donnerstag gab es immer noch zahlreiche Nachbeben.
Das Beben der Stärke 6,2 hatte in der Nacht zum Mittwoch im Gebiet zwischen den Regionen Latium, Marken und Umbrien mehrere kleine Städte und Dörfer teilweise zerstört. Einheimische und Touristen riss das Beben um 03.36 Uhr aus dem Schlaf.
Besonders betroffen waren die kleineren Orte Amatrice und Accumoli in Latium und Pescara del Tronto in den Marken. So wurden dem Zivilschutz zufolge bisher 190 Tote in Latium gezählt und 57 in den Marken – gemäss den neueren Angaben des Bürgermeisters von Amatrice dürfte die Gesamtzahl also noch deutlich höher liegen. In der Region waren viele alte und historische Bauten wie Kartenhäuser eingestürzt.
Das Erdbeben der Stärke von mehr als 6 hatte in der Nacht zu Mittwoch mehrere Orte in Mittelitalien dem Erdboden gleichgemacht. Auch am Donnerstag gab es noch Dutzende Nachbeben. Die Einsatzkräfte hatten in der Nacht mit Spürhunden und Taschenlampen weiter nach Lebenszeichen verschütteter Opfer gesucht. Sie fanden Dutzende Tote.
Der Zivilschutz ist im Dauereinsatz, um den betroffenen Gemeinden Hilfe zu leisten. Die Lage ist aber unübersichtlich. Die Rettungsdienste konnten einige Orte in der bergigen Gegend nur schwer erreichen.
Der Bürgermeister des massiv betroffenen Ortes Accumoli erzählte mit zitternder Stimme: «Das, was wir in L'Aquila vor Jahren gesehen haben, ist nun hier geschehen.» In einem Telefongespräch mit dem Sender RaiNews24er ergänzte er: «Wir brauchen Hilfe.» 2009 war bei einem Beben die mittelitalienische Stadt L'Aquila verwüstet worden. Damals starben mehr als 300 Menschen.
Wie viele Menschen noch verschüttet sind, ist unklar. Tausende sind obdachlos, nachdem ihre Häuser eingestürzt sind. In Notzelten verbrachten viele die Nacht.
Italiens Regierungschef Matteo Renzi und Präsident Sergio Mattarella haben den Opfern des Erdbebens bereits Hilfe zugesagt. Aus vielen Ländern, unter anderem der Schweiz, gingen Zusagen für Unterstützung ein. Italiens Infrastrukturminister Graziano Delrio war auf dem Weg in die Katastrophenregion.
Ein Nachbeben der Stärke 4,5 auf der Richterskala wurde gegen 5.00 Uhr gemeldet und riss die wenigen Bewohner von Amatrice, die sich zur Ruhe gelegt hatten, aus dem Schlaf. Die meisten verbrachten die Nacht im Freien mit umgehängten Decken. Die Temperaturen in der Apennin-Gemeinde sanken auf rund zehn Grad.
Die Suche nach Vermissten ist auch schwierig, weil sich in der Gegend viele Touristen aufhielten, die in lokal nicht bekannt waren. In der Bergortschaft Amatrice stürzte auch ein ganzes Hotel ein. 70 Personen waren hier untergebracht.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat derzeit keine Kenntnis von toten oder verletzten Schweizer Staatsangehörigen, wie es am Mittwochmorgen mitteilte. EDA-Vorsteher Didier Burkhalter stehe in Kontakt mit seinem italienischen Amtskollegen Paolo Gentiloni und habe ihm die Unterstützung der Schweiz angeboten.
Das Erdbeben hat nach ersten Schätzungen mehrere Tausend Menschen obdachlos gemacht. Allein der Bürgermeister des Ortes Accumoli, Stefano Petrucci, sprach von 2500 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Es sei kein einziges Haus mehr bewohnbar.
«Wir müssen eine Zeltstadt für die gesamte Bevölkerung organisieren», sagte Petrucci der Nachrichtenagentur Ansa zufolge. «Obwohl August ist, herrschen hier nachts zehn Grad.»
Papst Franziskus hat den vom Erdbeben in Mittelitalien betroffenen Menschen sein tiefes Mitgefühl ausgesprochen. Er finde kaum Worte, seinen grossen Schmerz auszudrücken, sagte der Papst am Mittwoch zu Beginn der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom.
Das italienische Institut für Geophysik und Vulkanologie warnte vor der Gefahr weiterer Erdbeben. Nachbeben könnten sich noch Tage oder sogar noch Wochen nach dem Hauptbeben ereignen.
ITALY #EARTHQUAKE: Damage in Amatrice, Italy @AtiqRehmanPAT @Arshad_sg @waniamustafavi @MurtazaWahid pic.twitter.com/boZzzPzLAN
— Ayesha (@ayesha299) 24. August 2016
Das Erdbeben von einer Stärke von mehr als 6 und mehrere Nachbeben hatten in der Nacht die gesamte Region zwischen Umbrien, Latium und den Marken erschüttert. Das Beben war auch in Rom und an der Adria-Küste zu spüren.
#Umbria #Marche edifici vecchi danneggiati. Persone bloccate- Old buildings damaged. Ppl blocked. #terremoto #earthquake :-( #Italy #Italia
— Isa (@EPJas2) 24. August 2016
Das Zentrum des Bebens lag laut Erdbebendiensten in der Provinz Rieti rund 150 Kilometer nordöstlich von Rom in einer relativ geringen Tiefe von zehn Kilometern. Der Erdstoss ereignete sich um 03.36 Uhr. Italien wird auf Grund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert.
Als Soforthilfe stellte die italienische Regierung 235 Millionen Euro bereit. Ministerpräsident Renzi hat für Donnerstag eine Ministerratssitzung einberufen, um Hilfe für die betroffene Bevölkerung zu organisieren. Renzi lobte die Effizienz der Rettungseinheiten und des Zivilschutzes. Auch Spenden wurden für die betroffene Bevölkerung organisiert. (kad/sda/dpa/apa/afp/reu)