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Streit um renovierte Spanische Treppe in Rom, Sponsor Bulgari will sie nachts wegschliessen

epa04967213 A couple makes a selfie next to the construction site for the restoration of Rome's iconic Spanish Steps in Rome, Italy, 07 October 2015. Italian jeweller and luxury goods manufacture ...
Leeres Wahrzeichen: Die Spanische Treppe in Rom hinter Gittern.Bild: EPA/ANSA

Streit um renovierte Spanische Treppe in Rom, Sponsor Bulgari will sie nachts wegschliessen

20.09.2016, 10:2720.09.2016, 10:43
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Auf der Spanischen Treppe geniessen Touristen gern das römische Leben. Ein Luxus-Konzern will die Leute nun nachts von den Stufen fernhalten. Dahinter steckt ein Konflikt, der ganz Italien betrifft.

Eine laue Nacht geniessen, ein Eis schlecken und das römische Leben an sich vorbeiziehen lassen: So stellen sich wohl Millionen Touristen die Spanische Treppe in Rom vor. Doch die Stufen waren lange verdreckt, und auf Roms berühmtester Treppe herrschte Touristennepp statt «Dolce Vita».

Debatte um Schliessung

Am Mittwoch wird eines der Top-Wahrzeichen der Stadt nach monatelanger Restaurierung wiedereröffnet – begleitet von der Forderung, die Treppe nachts zu schliessen, damit Vandalen das Bauwerk nicht gleich wieder verunstalten.

«Man kann nicht zulassen, dass sie, wenn sie sauber ist, wieder eine Kloake unter freiem Himmel wird. Man kann sie nicht in den Händen von Barbaren lassen, die dort essen, trinken und Dreck machen.»
Paolo Bulgari

Die Forderung hatte der Luxusgüterkonzern Bulgari gestellt und damit eine Debatte entfacht. Vordergründig geht es um Dreck, den mehr oder weniger betrunkene Touristen und Einheimische auf dem Bauwerk des Architekten Francesco De Sanctis aus dem 19. Jahrhundert zurücklassen.

«Ich finde eine Schliessung nicht gut, weder als Römerin noch als Weltbürgerin.»
Eliana Billi, Kunsthistorikerin

Mit Vandalismus hat man hier in der Tat schon Erfahrung gemacht: Den Brunnen Fontana della Barcaccia von Pietro Bernini, der vor der Freitreppe steht, hatten niederländische Hooligans vor eineinhalb Jahren schwer beschädigt. «Die Leute sind einfach schlecht erzogen», sagt ein Polizist, der an der Piazza di Spagna die Menschen beobachtet.

«Kloake unter freiem Himme»

Hinter der Debatte steckt allerdings ein grösserer Konflikt: In die Renovierung der Treppe hat Bulgari 1.5 Millionen Euro gesteckt – just das Unternehmen eben, das Besucher nun nachts fernhalten will. «Die Treppe ist ein wertvolles und fragiles Denkmal wie viele andere in Rom und Italien», sagt Paolo Bulgari, Chef des Unternehmens, laut der Zeitung «La Repubblica».

«Man kann nicht zulassen, dass sie, wenn sie sauber ist, wieder eine Kloake unter freiem Himmel wird. Man kann sie nicht in den Händen von Barbaren lassen, die dort essen, trinken und Dreck machen.»

Gegen Schliessung

An dieser Meinung scheiden sich die Geister. «Ich finde eine Schliessung nicht gut, weder als Römerin noch als Weltbürgerin», sagt Eliana Billi, Kunsthistorikerin von der Universität Sapienza in Rom, der Deutschen Presse-Agentur.

Die Treppe sei ein Denkmal mit «historischer Funktion», nämlich die Piazza di Spagna mit der Kirche Trinità dei Monti zu verbinden. «Jedes Mal, wenn man ein Monument schliesst, um es zu schützen, gibt man ein Stück seiner Natur als öffentliches Kulturgut preis.»

Ohne Private geht es nicht

Und letztlich besteht die Sorge, dass private Sponsoren, die für die Restaurierung gezahlt haben, ein zu grosses Mitspracherecht bekommen. Schliesslich ist das in Italien mittlerweile gang und gäbe, ohne die Beteiligung von Privatunternehmen würden viele Bauwerke nicht wieder im alten Glanz erstrahlen.

Für die Renovierung des Trevi-Brunnens in Rom kam der Modekonzern Fendi mit 2.2 Millionen Euro auf. Im Gegenzug bekam das Unternehmen eine riesige Werbefläche an einem der meistbesuchten Plätze der Stadt. Zudem durfte Fendi eine Modeschau organisieren, bei der die Models auf transparenten Laufstegen über das Wasser wandelten.

Für die Restaurierung des Kolosseums bezahlte der Schuhkonzern Tod's 25 Millionen Euro – eine Summe, die auch mit den Eintrittsgeldern von Italiens beliebtester Attraktion schwer zu stemmen wäre. Und in Venedig wurde die Rialtobrücke mit Geld des Unternehmers Renzo Rosso (Diesel) renoviert.

Absperrung kommt wohl nicht durch

Italien hat weltweit die meisten UNESCO-Kulturerbestätten. Hat der Staat nicht genug Geld oder nicht genug Willen, um sich um das kulturelle Erbe des Landes zu kümmern? Orte wie zum Beispiel die Ausgrabungsstätten in Pompeji zerbröseln.

«Die Restaurierung ist sicher sehr teuer für den Staat, und oft macht man in Italien die Restaurierungen mit weniger Geld als notwendig», sagt Kunsthistorikerin Billi. Die Verteilung der Ressourcen sei nicht optimal. Geld von Privatunternehmen helfe, Kulturschätze zu bewahren.

Ein Nachteil des privaten Sponsorings sei, dass sich die Geldgeber vor allem berühmte Bauten heraussuchten, um ihre Werbung möglichst sichtbar zu machen. Nicht so bekannte Kunstschätze interessierten dagegen weniger.

Zumindest Schlagzeilen hatte Bulgari in den vergangenen Tagen sicher. Dass die Idee mit einer vergitterten Spanischen Treppe wirklich durchkommt, ist so gut wie unmöglich.

Sowohl der Kulturstadtrat als auch der Vorsitzende der Denkmalschutzbehörde Roms haben ihr Veto gegen «absurde Gitter» eingelegt. (whr/sda/dpa)

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