Knapp anderthalb Millionen im Ausland lebende türkische Staatsangehörige nahmen am Referendum teil, mit dem Präsident Recep Tayyip Erdogan seinem Amt mehr Macht zuschanzen will. 59,1 Prozent von ihnen sagten Ja zur Verfassungsänderung, die die demokratischen Rechte ihrer in der Heimat lebenden Landsleute beschneiden wird.
Fast 60 Prozent Ja-Stimmen in der türkischen Diaspora – das ist deutlich mehr als in der Türkei selber (51,4%). Doch nicht überall siegten die Erdogan-Anhänger: In der Schweiz blieb ihr Anteil klar unter 40 Prozent (38,1%) und in der Tschechischen Republik lag er sogar nur bei 12,5 Prozent.
Die krasse Ablehnung der Verfassungsänderung unter den Auslandstürken in Tschechien hatte allerdings keinerlei spürbaren Einfluss auf den Ausgang des Referendums: Weniger als 600 türkische Staatsangehörige stimmten hier ab – im Gegensatz zu Deutschland, wo es über 650'000 waren, von denen sich 63,1 Prozent für das Erdogan-Lager entschieden. In der Tat sagten fünf der sieben bedeutendsten türkischen Diaspora-Gemeinden in Europa Ja.
Am deutlichsten war dies in Belgien der Fall: Drei Viertel der 72'127 Auslandstürken, die dort an der Abstimmung teilnahmen, waren für die Verfassungsänderung. In Österreich dasselbe Bild: 73,2 Prozent der 52'187 Teilnehmer sagten hier Ja. Und auch in den Niederlanden wählten über 70 Prozent von 116'543 Abstimmenden das Erdogan-Lager. Etwas geringer, aber immer noch leicht höher als in Deutschland war der Ja-Anteil mit 64,9 Prozent in Frankreich.
50'374 Auslandstürken gingen in der Schweiz an die Urne; 35'424 waren es in Grossbritannien. In beiden Ländern lehnte eine Mehrheit Erdogans «Ermächtigungsgesetz» ab – sehr deutlich vor allem in Grossbritannien, wo es vier von fünf Abstimmenden waren.
Das uneinheitliche Bild setzt sich ausserhalb Europas fort: In der Mehrzahl der Staaten – darunter die USA und China – sagte eine zum Teil deutliche Mehrheit Nein. Dagegen kam es – ausser in der Türkei – in nur 18 Staaten zu einem Ja. Woher die offensichtliche Diskrepanz im Abstimmungsverhalten der türkischen Diaspora-Gemeinden kommt, lässt sich ohne eine vertiefte Analyse der Abstimmungsresultate allerdings kaum sagen.
(dhr)