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Türkei beschiesst Stellungen kurdischer Milizen in Syrien

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Türkische Panzer kehren von einer Mission in Syrien zurück.Bild: SEDAT SUNA/EPA/KEYSTONE

Türkei beschiesst Stellungen kurdischer Milizen in Syrien – Erdogan macht Ernst

27.08.2016, 23:1228.08.2016, 01:58
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Die Türkei hat ihre Offensive gegen die Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) und die Kurden in Nordsyrien vorangetrieben. Laut Armee kam am Samstag der erste türkische Soldat ums Leben. Drei weitere seien verwundet worden, als eine Rakete einen türkischen Panzer traf.

Die Rakete sei vom Gebiet der syrischen Kurdenmiliz YPG aus abgefeuert worden. Zwei Kampfflugzeuge vom Typ F-16 haben nach Informationen aus türkischen Sicherheitskreisen Stellungen der YPG angegriffen, die von den USA unterstützt wird. Ausserdem seien sechs «IS»-Einrichtungen angegriffen worden.

Bei einem Angriff im Dorf Al-Amarna habe es auch zivile Opfer gegeben, erklärte der sogenannte Militärrat der Stadt Dscharablus, der zur Rebellenallianz SDF gehört. Es handle sich um eine gefährliche Eskalation, die die ganze Region bedrohe. Nach Angaben aus türkischen Militärkreisen wurde ein Munitionsdepot südlich von Dscharablus mit Flugzeugen angegriffen.

Raketenangriff auf Flughafen Diyarbakir in Türkei
Vermutlich militante Kurden haben Medienberichten zufolge den Flughafen Diyarbakir im Südosten der Türkei mit Raketen angegriffen. Vier Geschosse seien am Samstag auf einen Kontrollposten der Polizei abgefeuert worden, meldete die Nachrichtenagentur Dogan.

Der Gouverneur von Diyarbakir, Hüseyin Aksoy, sagte dem Fernsehsender NTV, es gebe keine Opfer. Auch die Flüge von und nach Diyarbakir würden nicht beeinträchtigt. Passagiere und Beschäftigte hätten sich im Inneren des Flughafengebäudes in Sicherheit gebracht, berichtete NTV. Die Raketen seien auf Brachland eingeschlagen. (sda/reu)

Die türkische Armee war in dieser Woche nach Nordsyrien vorgedrungen. Unterstützt durch Spezialkräfte, Panzer und Kampfflugzeuge vertrieben die von der Türkei unterstützten Rebellen die sunnitischen Fanatiker vom so genannten «Islamischen Staat» (IS) aus der strategisch wichtigen Grenzstadt Dscharablus.

Erdogan will keinen Kurdenstaat

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte deutlich gemacht, der Einmarsch diene sowohl dem Ziel, den «IS» zu bekämpfen, als auch die syrischen Kurden zurückzudrängen.

Damit soll ein zusammenhängendes kurdisches Gebiet in Nordsyrien verhindert werden. Die Regierung in Ankara fürchtet, dass ein Kurdenstaat entsteht und die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im eigenen Land Aufwind bekommt.

Das Vorgehen in der Türkei ist heikel, weil die YPG ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen den «IS» ist. Allerdings forderten zuletzt auch die USA einen Rückzug der Rebellen hinter eine Linie östlich des Flusses Euphrat.

A female Kurdish fighter from the People's Protection Units (YPG) carries a walkie-talkie as she stands in the Ghwairan neighborhood of Hasaka, Syria, August 22, 2016. REUTERS/Rodi Said
Wichtige Verbündete der USA: Kurdische Kämpferin in Syrien.Bild: RODI SAID/REUTERS

Im Schneckentempo zum Frieden

Unterdessen wollen sich die Aussenminister der USA und Russlands grundsätzlich auf Schritte zu einer Waffenruhe in Syrien verständigt haben. Nach der Grundsatzeinigung am Freitagabend wollten Experten beider Länder in den kommenden Tagen in Genf noch offene Fragen klären, wie es hiess.

US-Aussenminister John Kerry sagte, es habe eine Einigung bei der «ganz grossen Mehrheit» der technischen Hürden zu einer neuen Waffenruhe in Syrien gegeben. Es solle aber nicht vorschnell etwas verkündet werden, was später scheitere. Bei dem im Februar vereinbarten Waffenstillstand seien «die Verstösse mit der Zeit eher die Norm als die Ausnahme» gewesen.

Sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow sprach von «sehr bedeutenden Schritten» hin zu einer erneuten Feuerpause in dem Konflikt. Doch müssten noch einige Einzelheiten «abgeschlossen werden».

U.S. Secretary of State John Kerry, left, and Russian Foreign Minister Sergey Lavrov, right, shake hands after their meeting in Geneva, Switzerland, Friday, Aug. 26, 2016. The United States and Russia ...
Arbeiten an einem Waffenstillstands-Abkommen: John Kerry und Sergrej Lawrow in Genf.Bild: AP/KEYSTONE

Beide Aussenminister hatten zuvor in Genf mehrere Stunden lang über den Syrien-Konflikt diskutiert. Zeitweise nahm auch der UNO-Sondergesandte Staffan de Mistura an dem Treffen teil. Mehrere Verhandlungsrunden zwischen Regierung und Aufständischen unter UNO-Vermittlung hatten bislang nicht zu einem Ende des Krieges geführt, dem seit Beginn des Aufstandes im März 2011 nach UNO-Angaben mehr als 290'000 Menschen zum Opfer fielen.

Die USA und Russland unterstützen in Syrien entgegengesetzte Seiten. Während Moskau ein enger Verbündeter von Präsident Baschar al-Assad ist, unterstützt Washington verschiedene bewaffnete Gruppen von Assad-Gegnern.

Daraja wieder unter Regierungskontrolle

Nach vierjähriger Belagerung erlangten die syrischen Regierungstruppen nach eigenen Angaben wieder die Kontrolle über die bisherige Rebellenhochburg Daraja, einen Vorort am südwestlichen Rand der Hauptstadt Damaskus. Die syrische Führung und die bewaffnete Opposition hatten sich am Donnerstag auf die Evakuierung der zerstörten Stadt geeinigt.

epa05512264 The Syrian Arab Red Crescent's staff assist people, who were evacuated, from the government-besieged city of Darayya on the southwestern countryside of Damascus, upon arrival at Herje ...
Busse der syrichen Regierung evakuieren Bewohner aus Daraja.Bild: YOUSSEF BADAWI/EPA/KEYSTONE

In der nordsyrischen Millionenmetropole Aleppo geht das Sterben indessen weiter. So berichtete die in Grossbritannien ansässige oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) über zwei von der syrischen Luftwaffe über einem Rebellenviertel abgeworfene Fassbomben. Dabei seien mindestens 15 Zivilisten getötet worden. (sda/reu/dpa/afp)

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5 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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lumo
28.08.2016 10:34registriert Januar 2015
Komisch ist auch, dass der IS die Stadt Jarablus ohne Kampf, Suizid-Kämpfer und ohne Sprengfallen verlassen haben. Das ist im ganzen Krieg noch nie geschehen. Riecht sehr stark danach, dass die Türkei mit ihnen zusammenarbeitet. Wie sonst hätte IS immer Nachschub durch diese Grenzstadt erhalten... Die Türkei ist so verlogen und will einzig die Kurden bekämpfen welche sie seit Jahrzehnten unterdrücken und ermorden.
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pamayer
28.08.2016 09:45registriert Januar 2016
Böhmermanns liedchen ist echt gut. Im Vergleich zu erdogans wirklichem wesen doch etwas gar brav herausgekommen.
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Tierra Y Libertad
28.08.2016 08:57registriert Februar 2016
Dass Erdogan den IS hauptsächlich durch Extremisten wie ahrar al-sham oder den "grauen Wölfen" nahen Gruppierungen ersetzt, scheint leider niemanden zu interessieren.
Traurig, dass die USA diese auch noch unterstützen.
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