Die Veröffentlichung der «Panama Papers» fordert ein erstes politisches Opfer: Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson tritt wegen der Enthüllungen zurück. Weltweit sahen sich Politiker und Prominente gezwungen, Erklärungen zu persönlichen Geschäften abzugeben.
BREAKING: Sigmundur David Gunnlaugsson has resigned as PM of Iceland. #panamapapers
— Vísir (@visir_is) 5. April 2016
Aus einem von investigativen Journalisten ausgewerteten Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca war hervorgegangen, dass Gunnlaugsson und dessen Frau auf den Britischen Jungferninseln die Briefkastenfirma Wintris gegründet hatten.
Nach Angaben der «Süddeutschen Zeitung» hielt diese Firma Anteile an den 2008 zusammengebrochenen Banken des Landes. Gunnlaugsson sei bis 2009 an der Firma beteiligt gewesen. Die Opposition sieht im Gebaren dieser Kanzlei und in Gunnlaugssons Arbeit als Ministerpräsident einen eindeutigen Interessenskonflikt.
Am Montagabend hatten Tausende vor dem Parlament Gunnlaugssons Rücktritt gefordert. Die Opposition hatte ein Misstrauensvotum angekündigt. Gunnlaugsson selbst hatte versichert, seine Frau habe stets korrekt Steuern bezahlt.
Aus guten Hause
Um Geld musste sich Gunnlaugsson nie Gedanken machen. Er entstammt einer wohlhabenden Familie, genau wie seine Frau Anna. Dass ihm die Millionen einmal zum Verhängnis werden dürften, hat er wohl nicht geahnt.
Damals hatte sich Gunnlaugsson gerade auch als Kämpfer gegen soziale Ungerechtigkeit im Schatten der Finanzkrise präsentiert. Dass die Briefkastenfirma seiner Frau jetzt auf der Gläubigerliste der Krisenbanken auftaucht, nehmen ihm seine Landsleute übel.
PM resigned. The new leader of the progressive party the minister of agriculture currently announcing it. #breaking pic.twitter.com/TgucFj06YG
— Ásta Helgadóttir (@asta_fish) 5. April 2016
Der isländische Regierungschef war nicht der einzige hochrangige Politiker, den die «Panama Papers» in Bedrängnis brachten. Auf den Kundenlisten der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca fand sich auch Argentiniens Präsident Mauricio Macri, der den Verdacht zurückwies, er habe eine Scheinfirma betrieben. Die von ihm genutzte Firma in Panama habe den Zweck gehabt, in Brasilien zu investieren.
In der Ukraine kündigte der Fiskus an, die Finanzen von Präsident Petro Poroschenko zu prüfen, nachdem sein Name aufgetaucht war. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch schon signalisiert, sie könne anhand der «Panama-Papers» kein Fehlverhalten sehen.
Auch der britische Premierminister sah sich gezwungen, auf die Enthüllungen zu reagieren. David Cameron wies Berichte über Beteiligungen seiner Familie an Offshore-Konten zurück.«Ich habe keine Beteiligungen im Ausland und keine Unternehmen im Ausland» sagte er bei einer live im Sender BBC übertragenen Veranstaltung in Birmingham. Der Name von Camerons 2010 verstorbenem Vater Ian war in den «Panama Papers» aufgetaucht.
Peking und Moskau wehren ab
In den «Panama Papers» finden sich Spuren bis in die Führungszirkel Russlands und Chinas hinein. Beide Staaten erwiderten die Enthüllungen mit Gegenvorwürfen. Ein Kreml-Spreche sagte: «Putin, unser Land Russland, unsere Stabilität und die bevorstehenden Wahlen sind das Hauptziel, es geht insbesondere um die Destabilisierung der Lage.»
Die Führung in Peking wählte eine ähnliche Verteidigungsstrategie. Die der chinesischen Führung nahestehende «Global Times» sprach von einer «Destabilisierungskampagne».
Nach der Aufdeckung von 214'000 Briefkastenfirmen wirft die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Panama schwere Versäumnisse vor. «Panama ist der letzte grosse Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden», kritisierte der OECD-Generalsekretär Angel Gurría, am Dienstag in Berlin.
Panama im Visier
Panama habe sich nicht an Zusagen gehalten, internationale Standards für Steuertransparenz einzuhalten. Die Konsequenzen seien nun öffentlich sichtbar.Rolle der SchweizNach dem Fall des Bankgeheimnisses ist auch die Schweiz daran, mit dem automatischen Informationsaustausch die internationalen Standards der Steuertransparenz zu erfüllen.
Trotzdem wird der Schweizer Finanzplatz in den Enthüllungen oft genannt. Laut dem Journalistenkonsortium ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) befinden sich über 1200 Schweizer Firmen unter den 14'000 Banken, Anwaltsfirmen und anderen Mittelsmännern, die Briefkastenfirmen aufbauen liessen.
Die Rolle der Schweiz in den «Panama Papers» entspreche etwa ihrer Bedeutung in der globalen Vermögensverwaltung, sagt Daniel Thelesklaf, Experte für internationale Finanzdienstleistungen. Auf die Frage, ob die Schweiz nach dem Fall des Bankgeheimnisses für ausländische Bankkunden nun sauber sei, antwortete Thelesklaf im Interview mit der «Aargauer Zeitung» vom Dienstag, das Risiko sei sicher weniger hoch als bei Billiganbietern wie Panama.
(sda/reu/dpa/afp)