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Getöteter Kreml-Kritiker: Alle Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldig gesprochen

Getöteter Kreml-Kritiker: Alle Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldig gesprochen

29.06.2017, 15:1729.06.2017, 17:03
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Im Prozess um die Ermordung des prominenten russischen Oppositionellen Boris Nemzow im Februar 2015 sind die fünf tschetschenischen Angeklagten für schuldig befunden worden. Zu dieser Entscheidung kamen die zwölf Geschworenen am Donnerstag im Moskauer Militärgericht.

Die Angeklagten hätten den Oppositionellen für ein versprochenes Kopfgeld in Höhe von 15 Millionen Rubel (etwa 242'000 Franken) umgebracht, hiess es in dem Urteil.

Der ehemalige Tschetschenien-Kämpfer Saur Dadajew habe den Schuss abgefeuert. Die anderen vier Angeklagten seien Komplizen gewesen. Der mutmassliche Drahtzieher, der tschetschenische Ex-Offizier Ruslan Muchudinow, sei weiterhin auf der Flucht und werde von der Polizei gesucht, hiess es weiter.

Die Angeklagten verdienten «keine Nachsicht», erklärten die Geschworenen am Donnerstag. Der Jury hatten 26 Einzelfragen zur Schuld der Angeklagten vorgelegen. Sie berieten drei Tage lang, bevor sie sich auf ein Urteil einigten. Das Verfahren war im Oktober 2016 eingeleitet worden.

Strafmass folgt

Über das Strafmass werde am kommenden Dienstag (4. Juli) beraten, hiess es der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag. Die Angeklagten hatten sich für unschuldig erklärt.

Nemzow wurde am 27. Februar 2015 auf einer Brücke über der Moskwa in Sichtweite des Kreml erschossen. Die Ermordung des 55-jährigen Regierungsgegners löste weltweit Bestürzung aus.

Der frühere Vize-Ministerpräsident war einer der prominentesten Widersacher von Präsident Wladimir Putin und ein scharfer Kritiker von dessen Ukraine-Politik.

Viele Freunde Nemzows sehen als eigentlichen Auftraggeber des Mordes den autoritären tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow oder jemanden aus seinem Umfeld. Anfang Dezember hatte die russische Justiz jedoch die Forderung zurückgewiesen, Kadyrow als Zeugen vorzuladen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte im Laufe der mehrtägigen Urteilsfindung, dass die Suche nach den Hintermännern noch Jahre andauern könnte. (sda/afp/reu/dpa)

Video: srf
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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sandro Lightwood
29.06.2017 15:53registriert Mai 2016
Was ist jetzt eigentlich mit den Kameraaufnahmen des Mordes? Das Justizministerium behauptete ja, es gäbe keine Aufnahmen, da die Kameras nicht in Betrieb waren. Gemäss Stadt Moskau sollen aber alle Kameras zu der Zeit funktionstüchtig und in Betrieb gewesen sein. Konnte das mal geklärt werden?
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Vachereine
29.06.2017 16:38registriert Juni 2017
Das Urteil ist das zweite Indiz dafür, dass der Mord weder im Auftrag, noch mit der Billigung des Kremels geschah.
Das erste Indiz war der Tatort. Kein Tier frisst dort, wo es scheisst.
Die Schuldsprüche sind gleichzeitig eine Ermahnung an Kadyrow darüber, wer wem Rechenschaft schuldet.
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